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Faktotum

Faktotum

Titel: Faktotum
Autoren: Charles Bukowski
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sagte ich denn auch prompt: »Hey, laß dich mal anfassen. Ich möchte dich küssen.«
    »Was?«
»Du hast schon richtig gehört.«
Sie ließ mich stehen und ging weg. Dabei fiel mir auf, daß sie
    ein bißchen den Fuß nachzog. Das paßte zusammen: der Schmerz und die Last von Jahrhunderten …
    Ich stieg ihr nach wie ein geiler stiernackiger Biersäufer in einem Greyhound-Bus durch Texas. Sie wurde neugierig auf mich – sie verstand meine Verrücktheit. Ich bezauberte sie, ohne es zu wissen.
    Eines Tages rief ein Kunde an und fragte nach, ob wir 4-LiterDosen weißen Leim auf Lager hätten. Sie kam nach hinten und sah in einigen Kartons nach, die in einer Ecke standen. Ich fragte, ob ich ihr helfen könne. Sie sagte: »Ich suche einen Leim. Er muß in einem Karton sein, auf dem 2-G steht.«
    »2-G, hm?« sagte ich.
Ich legte meinen Arm um ihre Hüfte.
»Wir beide werden es miteinander machen. Du bist die Weis
    heit der Jahrhunderte, und ich bin ich. Wir sind füreinander bestimmt.«

    Sie begann zu kichern wie eine Amerikanerin. »Japanische Mädchen tun so etwas nicht. Was zum Teufel fällt Ihnen ein?«
    Sie lehnte sich an mich. Ich sah hinüber zu einer Reihe Kartons, die an der Wand standen. Ich bugsierte sie da rüber, hob sie hoch und setzte sie zart auf die Kartons nieder. Ich drückte sie nach hinten, stieg bei ihr drüber, begann sie zu küssen und schob ihr dabei das Kleid hoch. In diesem Augenblick kam Danny herein, einer der Angestellten. Danny war noch Jungfrau. Danny machte abends an der Volkshochschule einen Malkurs mit, und tagsüber fielen ihm die Augen zu. Er war nicht in der Lage, zwischen einem Kunstwerk und einer Zigarettenkippe zu unterscheiden.
    »Verdammt, was ist denn hier los?« fragte er. Dann ging er mit raschen Schritten nach vorn ins Büro.
Bud rief mich am nächsten Morgen zu sich ins Büro.
»Sie können sich sicher denken, daß wir die Kleine auch gleich entlassen mußten«, sagte er.
»Es war aber nicht ihre Schuld.«
»Sie war mit Ihnen da hinten.«
»Ich hab damit angefangen.«
»Sie hat sich von Ihnen nehmen lassen. Und zwar mit Hingabe, sagt Danny.«
»Was weiß denn Danny schon von Hingabe? Das einzige, was der je mit Hingabe gemacht hat, ist Wichsen.«
»Er hat Sie beide gesehen.«
»Was hat er denn gesehen? Ich hatte noch nicht mal ihre Höschen runter.«
»Wir sind hier ein Geschäftsbetrieb.«
»Und was ist mit Ihnen und Mary Lou?«
»Ich habe Sie eingestellt, weil ich dachte, Sie seien ein zuverlässiger Packer.«
»Na, vielen Dank. Und es endet damit, daß ich gefeuert werde, weil ich versucht habe, eine schlitzäugige Squaw, die das linke Bein nachzieht, auf einem Karton mit vierzig Gallonen Autolack drin zu ficken – den Sie übrigens schon die ganze Zeit dem L. A. City College Art Department als echte Malfarbe andrehen. Ich sollte Sie eigentlich beim Gewerbeamt anschwärzen.«
»Hier ist Ihr Scheck. Sie sind entlassen.«
»All right. Wir sehn uns dann in Santa Anita.«
»Aber sicher«, sagte er.
An der Summe auf dem Scheck sah ich, daß sie mir noch einen zusätzlichen Tag bezahlt hatten. Wir schüttelten uns die Hand, und ich ging raus.

81
    In meinem nächsten Job wurde ich auch nicht alt. Er war nicht viel mehr als eine Zwischenstation. Es war ein kleiner Betrieb, der auf Weihnachtskram spezialisiert war: elektrische Kerzen, Girlanden, Weihnachtsmänner, Christbäume aus Pappmaché, all sowas. Als sie mich einstellten, sagten sie mir gleich, daß sie mich einen Tag vor dem Erntedankfest wieder entlassen müßten. Nach dem Erntedankfest sei das Geschäft gelaufen. Wir waren ein halbes Dutzend Leute; alle wurden unter der gleichen Voraussetzung angeheuert. Als »Lagerarbeiter«, wie sie es nannten. Hauptsächlich mußten wir Lieferwagen beladen oder ausladen. Ansonsten ist ein Lagerarbeiter ein Mensch, der viel rumsteht, verträumt in die Gegend blickt und Zigaretten raucht. Aber keiner von uns schaffte es bis zum Erntedankfest. Auf meine Anregung hin gingen wir jeden Tag in der Mittagspause zum Essen in eine Kneipe. Unsere Mittagspausen wurden länger und länger. Eines Nachmittags gingen wir erst gar nicht mehr zurück in den Betrieb. Aber als anständige Kerle fanden wir uns am nächsten Morgen alle wieder zur Arbeit ein. Man eröffnete uns, wir würden nicht mehr gebraucht.
    »So«, sagte der Geschäftsführer, »jetzt muß ich mir verdammt nochmal wieder ne ganz neue Crew anheuern.«
    »Und kurz vorm Erntedankfest wieder feuern«, sagte einer von uns.
»Hört
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