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Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut
Autoren: Catherine Coulter
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KAPITEL 1
    Montego Bay, Jamaika Juni 1803
    Es hieß, sie hätte drei Liebhaber. Den Gerüchten zufolge handelte es sich erstens um den blassen, schmalbrüstigen Anwalt Oliver Susson, einen der reichsten Männer in Montego Bay, ledig und im mittleren Alter, zweitens um den Pflanzer Charles Grammond, dessen große Zuckerplantage an Camille Hall — die Plantage, wo sie lebte — grenzte und der mit einer willensstarken Frau und vier enttäuschten Kindern gesegnet war, und drittens um einen Lord David Lochridge — jüngster Sohn des Herzogs von Gilford —, der nach Jamaika geschickt worden war, weil er sich innerhalb von drei Jahren dreimal duelliert und dabei zwei Männer getötet hatte. Außerdem hatte er versucht, das gesamte Vermögen seiner Großmutter, das er im zarten Alter von achtzehn Jahren geerbt hatte, durchzubringen, was ihm allerdings aufgrund seine phänomenalen Glücks im Kartenspiel nicht gelungen war. Lochridge war mittlerweile fünfundzwanzig — also genauso alt wie Ryder selbst —, ein großer, schlanker Mann mit dem Gesicht eines Engels und der gespaltenen Zunge einer Schlange.
    Ryder hörte erstaunlich viel über diese Männer, aber kaum etwas über die berüchtigte Frau, deren Gunst sie sich offenbar teilten, als er an seinem allerersten Nachmittag in Montego Bay in einem beliebten Kaffeehaus einkehrte, im Gold Doubloon, einem langgestreckten Flachbau, der sich zu Ryders Verwunderung in unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche befand. Der geschäftstüchtige Wirt hatte durch einen einfachen Trick die reichen Män-ner der Insel als Gäste gewonnen; seine schönen Töchter, Nichten und Kusinen bedienten die Kunden mit äußerster Zuvorkommenheit. Niemand fragte danach, ob all diese hübschen Mädchen tatsächlich Blutsverwandte des Wirtes waren. Ryder wurde herzlich willkommen geheißen und erhielt einen Becher des hiesigen dunklen, dickflüssigen Grogs, der ausgezeichnet schmeckte. Er entspannte sich, heilfroh, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, und betrachtete die anwesenden Männer. Insgeheim fragte er sich wieder einmal, ob es tatsächlich notwendig gewesen war, daß er sein Heim in England verließ, um auf diese gottverdammte Insel zu fahren, nur weil der Verwalter ihrer Zuckerplantage, Samuel Grayson, seinem älteren Bruder Douglas, Earl of Northcliffe, einen fast hysterischen Brief geschrieben und alle möglichen übernatürlichen schlimmen Vorgänge in Kimberly Hall geschildert hatte. Natürlich waren diese haarsträubenden Ereignisse blanker Unsinn, aber Ryder hatte sich freiwillig erboten, nach dem Rechten zu sehen, weil Grayson vor Angst offenbar ganz aus dem Häuschen war und Douglas frisch vermählt war — mit einer jungen Dame, die er nicht selbst zu seiner Frau erkoren hatte. Deshalb brauchte der Graf nun Zeit, um sich an seine neue, gänzlich unerwartete Lage zu gewöhnen. Und so war es denn Ryder gewesen, der sieben Wochen auf hoher See verbracht hatte, bevor er hier in Montego Bay ankam, mitten im Sommer, bei einer mörderischen Hitze, die ihm den Atem verschlug. Zumindest aber war das, was hier vorging, ziemlich mysteriös, und Ryder liebte Geheimnisse. Er hörte, wie einer der Männer eine Bemerkung über dieses Mädchen mit den drei Liebhabern machte. Hatten die Kerle denn keine anderen Gesprächsthemen? Dann betrat einer ihrer Liebhaber, der Anwalt Oliver Susson, das Kaffeehaus, und einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen, bis ein älterer Herr vernehmlich äußerte: »Ah, da ist ja der liebe Oliver, dem es nichts ausmacht, sein Mahl mit den anderen Brüdern zu teilen.« — »Aber nein, Alfred, nur den Nachtisch teilt er mit anderen.« — »Ei, ei, wirklich ein köstliches Früchtchen als Dessert«, sagte ein fetter Gentleman mit lüsternem Grinsen. »Wie es wohl schmecken mag? Was meinst du, Morgan?«
    Ryder beugte sich interessiert auf seinem Rohrstuhl vor. Bisher hatte er geglaubt, daß auf dieser hinterwäldlerischen Insel sogar die Streitereien sterbenslangweilig sein würden.
    Statt dessen mußte er jetzt grinsen. Wer zum Teufel war diese Frau, die im Schlafzimmer so geschickt mit drei Männern jonglierte?
    »Ich bezweifle, daß es Kirschen sind, die er da nascht«, erwiderte der Mann namens Morgan, während er amüsiert mit seinem Stuhl wippte, »aber ich kann euch sagen, auch der junge Lord David leckt sich danach die Lippen.«
    »Fragen wir doch Oliver. Er als Anwalt kann uns bestimmt eine qualifizierte Auskunft über dieses Naschwerk
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