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Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut
Autoren: Catherine Coulter
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gesehen.«
    »Wie bitte?«
    »Die große grüne Schlange. Das Symbol ihrer wichtigsten Gottheit.«
    »Wessen Gottheit?«
    Grayson sah richtiggehend schockiert aus. »Ach ja, man vergißt, daß Engländer sich mit solchen Dingen nicht auskennen. Nun, ich spreche natürlich von Voodoo.«
    »Aha, Sie glauben also, all dies sei auf übernatürliche Kräfte zurückzuführen?«
    »Ich bin ein Weißer, aber ich lebe seit vielen Jahren auf Jamaika und habe Dinge gesehen, die in einer weißen Welt keinen Sinn ergeben würden, die in der Welt der Weißen gar nicht existieren würden. All die seltsamen Ereignisse geben einem eben doch zu denken, Sir.«
    Ryder glaubte an das Übernatürliche genauso wenig wie an die Ehrlichkeit eines Spielhöllenbesitzers. Er runzelte die Stirn. »Entschuldigung, aber mir geben sie nicht zu denken. Man braucht nur bestimmte Chemikalien zu mischen, um diesen Rauch und diese ungewöhnlichen Flammen zu erzeugen. Hinter all dem steckt ein Mensch aus Fleisch und Blut, keine grüne Schlange. Die Frage, die sich stellt, heißt also: wer und warum? Ja, wer würde so etwas tun?«
    Grayson war sichtlich nicht überzeugt. »Da ist noch etwas, Ryder. Nach der Französischen Revolution gab es auf Haiti eine Revolte, die von einem Mann namens Dessalines angeführt wurde. Er metzelte alle Weißen nieder und zwang viele Voodoopriester und -priesterinnen, Haiti zu verlassen. Diese Leute sind sehr mächtig. Sie haben sich überall in Westindien und sogar in Amerika niedergelassen und ihre Dämonen mitgebracht.«
    Ryder hätte am liebsten laut gelacht, tat es aber nicht, denn es war offenkundig, daß Grayson an diesen Voodoo-Unsinn glaubte, und in einer Hinsicht hatte der Mann zweifellos recht: ein Weißer konnte solche Dinge nicht für real halten, besonders dann nicht, wenn er sein ganzes bisheriges Leben in England verbracht hatte. »Ich nehme an, daß wir bald eine weitere Kostprobe bekommen werden«, sagte er. »Übrigens wußte ich gar nicht, daß Sie einen Sohn haben.«
    Grayson plusterte sich wie ein stolzer Hahn auf und fummelte an seinen leichten grauen Handschuhen herum. »Er ist ein guter Junge, Sir, und er tut viel für mich — für die Sherbrookes. Ich selbst komme ja allmählich in die Jahre. Er wartet in Kimberly Hall auf uns, weil er das Haus nicht ungeschützt lassen wollte.«
    Sie ritten an Dutzenden von Kindern vorüber. Alle waren zerlumpt, und alle waren schwarz, Kinder der Sklaven, die auf den Feldern arbeiteten. Sie gaben keinen Laut von sich, geschweige denn, daß sie die beiden weißen Herren mit irgendwelchen Angeboten belästigt hätten.
    Grayson deutete nach links und rechts. »Wir befinden uns hier inmitten der Mangrove-Sümpfe. Passen Sie gut auf, wenn Sie hier entlangreiten, denn oft kommen Krokodile aus den Sümpfen hervor, und das sieht manchmal so aus, als würden dicke Balken auf der Straße liegen. Im allgemeinen meiden sie die Menschen, aber es hat Fälle gegeben, wo sie es nicht taten — sehr unangenehme Fälle.«
    Krokodile! Ryder schüttelte ungläubig den Kopf, behielt die Straßenränder aber doch vorsichtshalber im Auge. Das Sumpfwasser stank bestialisch, und er trieb sein Pferd an. Kurz darauf erreichten sie eine Ebene: zu ihrer Linken lag die Karibik, zu ihrer Rechten erstreckten sich Zuckerrohrfelder bis hin zu den fernen Hügeln. Ryder fielen die vielen Ziegen auf, die auf den niedrigen Steinmäuerchen saßen und an den Blumen knabberten. Es gab auch Silberreiher, die auf den Rücken von Rindern saßen, und Ryder wußte, daß sie das Vieh von Zecken befreiten. Und es gab viele Schwarze. Die Männer waren groß, und ihre nackten Oberkörper glänzten vom Schweiß. Sie trugen bei der Arbeit in den Zuckerrohrfeldern nur strapazierfähige Baumwollhosen und schienen die Hitze überhaupt nicht zu bemerken. Jedenfalls war ihr Arbeitsrhythmus sehr gleichmäßig, ob sie nun die Felder pflügten, Unkraut jäteten oder Gräben zwischen den Pflanzenreihen aushoben. Und die Frauen in ihren großen bunten Kopftüchern schufteten im gleichen regelmäßigen Rhythmus wie die Männer. Nicht weit entfernt saß auf einem Pferd ein weißer Aufseher. Er hielt sich im Schatten eines einsamen Poincianabaumes auf, dessen farnartige Blätter in der Sonne schimmerten, und die Peitsche in seiner linken Hand gewährleistete offenbar, daß die Arbeit ohne Unterbrechung vor sich ging.
    All dies war für Ryder sehr fremd, aber es war auch exotisch. Der schwere, süßliche Duft der roten
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