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Die Satansbraut

Titel: Die Satansbraut
Autoren: Catherine Coulter
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geben.«
    Oliver Susson war ein sehr guter Rechtsanwalt. Er segnete den Tag vor etwa zwölf Jahren, als er in Montego Bay angekommen war, denn nun hatte er die Aufsicht über drei Zuckerplantagen, deren Besitzer in England lebten und nicht das geringste dagegen einzuwenden hatten, daß er auch die Konkurrenz vertrat. Jetzt seufzte er leise. Natürlich hatte er jede provozierende Bemerkung gehört, aber er zeigte wie immer keine Gefühlsregung und stellte statt dessen ein tolerantes Lächeln zur Schau.
    »Meine sehr verehrten Herren«, sagte er mit träger Gutmütigkeit, »besagte Dame ist wirklich die Krönung aller Desserts, und es ist purer Neid, der eure Zungen zu groben Unverschämtheiten verleitet.« Er bestellte einen Brandy bei einer bezaubernden jungen Frau mit wilder roter Haarmähne, in einem Kleid, das ihre cremefarbenen Brüste offenherzig präsentierte. Dann schlug er eine englische Zeitung auf, schüttelte sie und versteckte sich dahinter.
    Wie zum Teufel hieß diese Frau? Wer war sie?
    Ryder hatte nicht die geringste Lust, das Kaffeehaus zu verlassen. Draußen brannte die Sonne unerbittlich, auf den Gehwegen häuften sich Abfälle aller Art, und bei jedem Schritt wirbelte dichter Staub auf. Aber er war müde und mußte noch nach Kimerly Hall, und außerdem mußte er die zerrütteten Nerven des braven Grayson beruhigen, der jetzt wahrscheinlich am Dock herumlief und sich wunderte, wo er abgeblieben war. Nun, über dieses köstliche Früchtchen würde er noch früh genug Näheres erfahren.
    Er bezahlte seinen Grog, verabschiedete sich von seinen neuen Bekannten und trat in die brütende Hitze des Spätnachmittags hinaus. Sie erschlug ihn fast, und er fragte sich, wie man in diesem Inferno noch Lust auf Sex verspüren konnte. Sofort war er von zerlumpten schwarzen Kindern umringt. Jedes wollte irgend etwas für ihn tun, seine Stiefel mit einem schmutzigen Lumpen putzen oder gar den Weg vor ihm mit nichts als einigen zusammengebundenen Zweigen fegen. Alle schrien »Massa, Massa!« Er warf einige Shillinge in die Luft und schlenderte zu den Docks zurück. Ihm war bekannt, daß es in Westindien freie Neger gab, doch obwohl sie frei waren, schienen sie ein genauso erbärmliches Dasein zu fristen wie ihre Sklavenbrüder.
    Vom Gestank der vor sich hin faulenden Fische am kleinen Dock mußte er sich fast übergeben. Die Holzplanken knarrten unter seinen Stiefeln. Es herrschte hektische Betriebsamkeit, weil Sklaven ein soeben angekommenes Schiff entluden. Ein schwarzer und ein weißer Mann standen dabei; beide hatten Peitschen in der Hand und gaben fortwährend Befehle. Ryder entdeckte Samuel Grayson, den Verwalter und Anwalt der Sherbrookes, der hin und her lief und sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte. Der Mann sah älter aus, als er war, und bei Ryders Anblick schien ihm eine zentnerschwere Last von den Schultern zu fallen.
    Ryder lächelte charmant und streckte seine Hand aus. »Samuel Grayson?«
    »Ja, Mylord. Ich dachte schon, Sie wären nicht gekommen, bis ich zufällig den Kapitän sah. Er erzählte mir, Sie seien der angenehmste Passagier gewesen, den er je befördert hat.«
    Ryder schmunzelte. Er hatte darauf verzichtet, mit der Frau des Kapitäns zu schlafen, einer jungen Dame, die ihren viel älteren Mann erstmals auf einer Reise begleitete. Sie hatte versucht, Ryder während eines Sturms auf der Kajütentreppe zu verführen, und offenbar hatte Kapitän Oxenburg Wind davon bekommen.
    »O ja, ich bin hier, aber ich bin kein Lord, das ist nur mein älterer Bruder, der Earl of Northcliffe. Großer Gott, diese Hitze ist so brutal und die Luft so stickig, daß ich das Gefühl habe, ein unsichtbares Pferd auf den Schultern zu schleppen.«
    »Gott sei Dank, daß Sie da sind. Ich war sehr verunsichert, wie ich ohne weiteres zugebe, Mylo ... Master Ryder. Wir haben hier Probleme, große Probleme, und ich wußte nicht, was ich tun sollte. Aber nun sind Sie ja da, und was die Hitze anbelangt — nun, Sie werden sich bald daran gewöhnen und dann ...«
    Mr. Grayson verstummte abrupt und hielt den Atem an. Ryder folgte seiner Blickrichtung und glaubte einen Moment lang an eine Vision. Es war eine Frau, wirklich nur eine Frau, doch sogar aus dieser Entfernung wußte er sofort, wer sie war. O ja, das mußte jene Frau sein, die drei Männer nach ihrer Pfeife tanzen ließ. Dann schüttelte er den Kopf. Er war viel zu müde von den sieben Wochen an Bord des angenehm geräumigen Schoners The
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