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Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht

Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht

Titel: Sommerlicht Bd. 4 Zwischen Schatten und Licht
Autoren: Melissa Marr
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Prolog
    SPÄTES 19. JAHRHUNDERT
    Devlin blieb reglos stehen, während das geisterhafte Mädchen auf ihn zukam. Die Feder an ihrem Hut und die das Gesicht einrahmenden dunklen Locken bewegten sich nicht – trotz der Brise, die übers Feld wehte. Da die Luft das Mädchen also offenbar nicht berührte, war er unsicher, ob er es konnte.
    »Ich träume wohl. Oder vielleicht habe ich mich verirrt «, murmelte sie.
    »Allerdings.«
    »Ich habe mich ausgeruht. Dort.« Sie zeigte hinter sich, runzelte die Stirn und blickte ihn mit einem unsicheren Lächeln an. »In der Höhle, die verschwunden zu sein scheint. Schlafe ich noch?«
    Das Mädchen brachte Devlin in ein Dilemma. Wer ohne Einladung das Elfenreich betrat, musste der Königin des Lichts vorgeführt oder – wenn Devlin ihn für gefährlich hielt – kurzerhand getötet werden. Devlin hatte die Ordnung zu wahren und stets das zu tun, was für das Elfenreich das Beste war.
    »In einer Höhle?«, fragte er nach.
    »Mein Vormund und ich haben uns gestritten.« Zitternd verschränkte das Mädchen die Arme vor der Brust. Ihr Kleid entsprach weder der aktuellen Mode, noch war es völlig unzeitgemäß. Als er nichts sagte, fügte sie hinzu: »Sie sehen wie ein Gentleman aus. Ihr Landgut ist nicht zufällig hier in der Nähe? Ihre Mutter oder Schwestern? Meine Tante erwartet zwar nicht unbedingt, dass ich eine gute Partie mache, aber sie wäre sicherlich … wenig erfreut, wenn man mich ohne Begleitung in Gesellschaft eines Gentlemans anträfe.«
    »Ich bin kein Gentleman.«
    Das Mädchen erbleichte.
    »Und mit meinen Mutter-Schwestern zusammenzutreffen, ist nicht gerade das, was ich einem unschuldigen Mädchen wünschen würde«, fügte er hinzu. »Du solltest umkehren. Betrachte das hier als bösen Traum. Verschwinde von hier.«
    Das Mädchen sah sich auf dem Feld um; ihr Blick glitt über die Landschaft des Elfenreichs – die Hängematten aus Spinnenseide in den Bäumen und den Himmel, welchen die Königin an diesem Tag rosa und golden gefärbt hatte – und verharrte dann auf Devlin.
    Er rührte sich nicht, während sie ihn betrachtete. Der Anblick seiner opalfarben schillernden Haare und unmenschlichen Augen irritierte das Mädchen ebenso wenig wie die kantigen Züge und seine übernatürliche Reglosigkeit. Er war nicht sicher, welche Reaktion er erwartet hatte. Bisher hatte noch keine Sterbliche seine wahre Gestalt gesehen. Drüben, in ihrer Welt, trug er einen Zauber, um so auszusehen wie sie. Hier kannte man ihn als das, was er war: die Blutige Hand der Königin. Der prüfende Blick dieses Mädchens war eine einmalige Begebenheit.
    Die Wangen der Sterblichen färbten sich rosa, während sie ihn offen anstarrte. »Sie sehen wie ein freundlicher Mensch aus.«
    »Das bin ich nicht.« Er machte einen Schritt auf sie zu. »Der Sinn meines Daseins ist es, die Ordnung für die Königin des Elfenreichs zu wahren. Ich bin weder freundlich noch ein Mensch.«
    Das Mädchen wurde ohnmächtig.
    Devlin sprang vor, um sie aufzufangen, und ging mit leeren Armen in die Knie – während die Gestalt unter seine Haut schlüpfte. Er konnte nichts Substanzloses festhalten und sie konnte offenbar in seinen Körper einziehen, als wäre es ihr eigener.
    Ihre Stimme war in seinem Kopf. Sir?
    Er war nicht in der Lage, sich zu rühren: Sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Zwar wohnte er noch darin, aber er beseelte ihn nicht. Stattdessen füllte der Geist des Mädchens ihn aus.
    Kannst du dich bewegen?, fragte er.
    Natürlich! Sie setzte sich auf, und indem sie dies tat, verließ sie seinen Körper wieder.
    Er versuchte, die seltsamen Empfindungen, die ihn durchströmten, herunterzuschlucken. Er fühlte sich frei, erregt und noch eine Reihe weiterer Dinge, die nicht zur zurückhaltenden Art des Lichthofs passten – und es gefiel ihm.
    Das Mädchen hob eine Hand, als wollte es ihn berühren, griff jedoch durch ihn hindurch. »Ich träume nicht, oder?«
    »Nein.« Erstaunlicherweise verspürte er den Drang, dieses menschliche Findelkind zu beschützen. »Wie heißt du?«
    »Katherine Rae O’Flaherty«, flüsterte sie. »Wenn ich jetzt aber wach bin, dann sind Sie ein Wesen aus einer anderen Welt .«
    »Ein Wesen aus einer anderen …«
    »Ich habe drei Wünsche frei!« Sie klatschte in die Hände, ihre Augen weiteten sich. »Oh, was wünsche ich mir denn? Wahre Liebe? Unsterblichkeit? Ganz gewiss nicht so etwas Banales wie ein Ballkleid! Ach, vielleicht hebe ich mir meine
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