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Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)

Titel: Deutschland misshandelt seine Kinder (German Edition)
Autoren: Michael Tsokos , Saskia Guddat
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Das alltägliche Verbrechen
    Laut offizieller Polizeistatistik sterben in Deutschland jede Woche drei Kinder an den Folgen ihrer Misshandlung. Jede Woche werden rund siebzig Kinder so massiv malträtiert, dass sie ärztlich behandelt werden müssen. Das sind 3600 krankenhausreif geprügelte, in die lebenslange Behinderung geschüttelte, mit glühenden Zigaretten verbrannte oder auf andere Weise schwerstgeschädigte Kinder Jahr für Jahr. Und das sind 160  Kinder, die alljährlich bei uns getötet werden – nicht durch Unfälle oder kindlichen Übermut, sondern durch erwachsene Täter – in aller Regel Vater oder Mutter oder der aktuelle Lebenspartner eines Elternteils.
    Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus. Nur ein Bruchteil der Misshandlungen von Schutzbefohlenen wird angezeigt, noch weitaus weniger dieser alltäglichen Gewaltdelikte gelangen jemals vor Gericht. Auf einen Misshandlungsfall, der in der Polizeistatistik auftaucht, kommen – je nach Schätzung – fünf bis fünfzig
(Handbuch gerichtliche Medizin)
[1] oder sogar vierhundert und mehr Fälle
(Deutscher Kinderschutzbund, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen),
die von Kinderärzten oder Kliniken als Unfälle ohne Fremdverschulden falsch verbucht oder die außerhalb der familiären vier Wände gar nicht erst ruchbar werden. Und auf ein totes Kind, das offiziell aufgrund von Misshandlung gestorben ist, kommt mindestens ein weiteres kindliches Opfer (
Kindesmisshandlung,
S.  4 ), bei dem die tatsächliche Todesursache nicht ermittelt worden ist. Denn anders als in den USA oder in Großbritannien gibt es bei uns keine generelle Leichenschaupflicht bei kindlichen Todesfällen (siehe Kapitel 6 ).
    Multipliziert man die offiziellen Fallzahlen zurückhaltend »nur« mit dem Faktor 2 beziehungsweise mit dem Faktor 60 , dann bedeutet das 320 durch Misshandlung getötete und mehr als 200   000 misshandelte Kinder pro Jahr.
    Stellen Sie sich das bitte einmal bildlich vor: An jedem einzelnen Tag eines Jahres werden in Deutschland rund fünfhundertfünfzig Kinder von Erwachsenen aus ihrem familiären Umfeld massiv misshandelt – das ist eine ganze Schule mit rund 27  Schulklassen. Und jedes Jahr werden 16  Schulklassen – 320  Kinder – durch körperliche Gewalt getötet. Nicht in Kriegs- oder Bürgerkriegsregionen, aus denen wir täglich via TV und Internet blutige Bilder geliefert bekommen. Sondern in Ihrer Stadt oder Gemeinde, in Ihrer Straße, vielleicht sogar in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft.
    Jährlich mehr als 200 000 misshandelte Kinder – das bedeutet auch, dass ebenso viele erwachsene Täter Jahr für Jahr diese Verbrechen begehen. Streng genommen laufen also Hunderttausende Gewaltverbrecher in unserem Land frei herum – Männer und Frauen, die Kindern die Knochen gebrochen, sie verprügelt, verbrannt, verbrüht oder schwerst geschüttelt haben. Und die diese Verbrechen an hilflosen Opfern in vielen Fällen regelmäßig wiederholen, Woche für Woche oder sogar Tag für Tag. Immer und immer wieder. Ein großer Teil der misshandelten Kinder, die wir als Rechtsmediziner untersuchen, hat ein oft langjähriges Martyrium hinter sich. Davon künden die verheilten Knochenbrüche, die Narben und die unheilbaren seelischen Wunden.
    Auf die typischen Verhaltensweisen chronisch misshandelter Kinder gehen wir in Kapitel 1 ausführlich ein. Bleiben wir hier noch einen Moment bei den Tätern.

Kindesmisshandler sind Serientäter
    Selbst bei zurückhaltender Schätzung kommt man auf eine siebenstellige Anzahl von Gewalttätern, die hierzulande ein ihnen anvertrautes Kind schon mindestens einmal misshandelt oder sogar getötet haben oder die solche Gewaltverbrechen immer wieder begehen. Diese Täter sind in aller Regel eben nicht der zwielichtige Fremde – der sprichwörtliche »schwarze Mann«, der nachts durchs Fenster ins schützende Heim einsteigt. Diese Millionen von Tätern sind vielmehr fast immer die Väter und Mütter (einschließlich Stief-, Zeit- und Patchwork-Elternteilen) der misshandelten oder getöteten Kinder.
    Sie glauben nicht an Serientäter? Wir Rechtsmediziner schon. Wir wissen nur zu genau, dass Serientäter keine Erfindung der Unterhaltungsindustrie sind. Schließlich haben wir es Woche für Woche mit ihren minderjährigen Opfern zu tun. Nur werden diese Serientäter leider viel zu selten angezeigt, vor Gericht gestellt oder gar verurteilt. Meist bleiben sie unbehelligt, und wenn doch einmal ein
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