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Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02

Titel: Zwergenkinder, Band 02 - Bekker, A: Zwergenkinder, Band 02
Autoren: Alfred Bekker
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Im Weltenriss verloren
    D er Höhlengang war von gleißendem Licht erfüllt. Tomli stand da und musste schlucken. Er hatte nicht gewusst, dass es schon so schlimm war. Der Weltenriss tief unter der Zwergenstadt Ara-Duun hatte sich viel schneller vergrößert als erwartet.
    Der Zwergenjunge hielt ein Amulett in der Hand. Es begann magisch zu leuchten und reagierte offenbar auf die Nähe des Weltenrisses. Er schob sich seinen Helm in den Nacken.
    Nahezu alle Zwerge trugen Helme, nicht nur Krieger – schließlich lebten sie vorwiegend unter der Erde, und da bestand immer die Gefahr, sich den Kopf zu stoßen.
    Hinter seinem Gürtel steckte Tomlis Zauberstab, den sein Lehrmeister, der Zwergenzauberer Saradul, ihm gegeben hatte. Tomli war ein Zauberlehrling, und er war noch weit davon entfernt, die Kunst der Zwergenmagie wirklich zu beherrschen. So manches Missgeschick war ihm bei deren Anwendung schon unterlaufen.
    Aber die gewöhnliche Magie, wie sein Meister sie ihm seit geraumer Zeit beizubringen versuchte, reichte in diesem Fall ohnehin nicht aus. Der Riss zwischen den Welten, der sich tief unter den tiefsten Schächten und Gewölben der Zwergenstadt Ara-Duun gebildet hatte, war im Verlauf von viele Zeitaltern immer größer geworden. Mittlerweile drohte die gesamte, größtenteils unterirdische Stadt darin zu verschwinden.
    Nach und nach würde dieser lichterfüllte Schlund auch die Felsen in der Umgebung, den Sand der großen Wüste von Rhagardan, in deren Mitte Ara-Duun emporragte, und schließlich sogar den fernen Ozean und selbst das noch ferner gelegene Reich der Elben in sich hineinziehen. Und alle anderen Städte, Berge und Länder würde er ebenso verschlingen …
    »Damit können wir es nicht aufhalten!«, vernahm Tomli hinter sich eine Stimme, die er sehr gut kannte. Es war die eines Zwergenmädchens. »Hörst du mich, Tomli? Das ist eine Vorhersage! Und zwar eine, die sehr präzise ist!«
    Tomli drehte sich um und sah seine Freundin Olba an, deren unter dem Helm hervorquellendes Haar zu Zöpfen geflochten war. Sie hatte ein freundliches rundes Gesicht, das in diesem Moment aber pure Furcht ausdrückte.
    Olba hatte die seltene Gabe der Voraussicht. Wenn sie etwas prophezeite, dann trat das in der Regel auch wenig später ein. Was nicht hieß, dass man es nicht noch abwenden konnte.
    Ein Stück hinter Olba befand sich Arro der Starke. Er war zwar genau wie Tomli und Olba ein Zwergenkind, wirkte aber für sein Alter schon außerordentlich kräftig, sodass man ihn von hinten, wenn sein flaumartiger zwergischer Kinderbart nicht zu sehen war, tatsächlich für einen viel älteren Zwerg halten konnte. Das kam daher, dass Arro bei einem Schmied in die Lehre ging und durch die Arbeit mit Hammer und Amboss starke Muskeln entwickelt hatte.
    Sein Helm saß etwas schief, und auf dem Rücken trug er eine riesige Streitaxt, die für ihn viel zu groß war. Doch sie war sein erstes selbst geschmiedetes Werkstück, und darum ging Arro der Starke kaum irgendwohin, ohne sie bei sich zu haben.
    »Aber wir müssen etwas unternehmen, Olba«, sagte Tomli, der im Gegensatz zu Arro für zwergische Verhältnisse eher zierlich war. »Du siehst doch, was geschieht! Dieses gleißende Licht verschlingt alles! In diesem Teil von Ara-Duun haben bis vor einer Woche noch Zwerge, Menschen und alle möglichen anderen Geschöpfe gelebt. Du selbst hast mir erzählt, dass genau hier ein Markt war, auf dem du als Gauklerin aufgetreten bist und das Publikum damit beeindruckt hast, dass du immer vorhersagen konntest, welche Augenzahl die Würfel zeigen werden, oder wer sich als Nächstes in der Nase bohrt!«
    Tomli atmete tief durch. Schweiß perlte auf seiner Zwergenstirn. Das rührte nicht daher, dass es zu warm gewesen wäre. Das Gegenteil war der Fall. Feucht und kalt war es in diesem Teil von Ara-Duun, der Untertiefenstadt. Diese war bekannt gewesen für die besten Moosbrotbäckereien. Die Brote wurden mit einem Erdaufstrich von ganz besonderem Aroma angeboten. Allerdings wussten nur Zwerge diese Köstlichkeit wirklich zu schätzen.
    Und jetzt?
    Nun war hier kein einziger Zwerg mehr. Die Bäckereihöhlen, in denen man zuvor rund um die Uhr in mehreren Schichten gearbeitet hatte, waren leer und verlassen. Keine überladenen karanorischen Echsen brachten das Moosbrot in die höher gelegenen Bereiche der Stadt, wie es bisher üblich gewesen war. Keine Ofenfeuer sorgten dafür, dass es in den Höhlengewölben der Untertiefenstadt fast so heiß
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