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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie
Autoren: Constantin Gillies
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so weiter und so toll. Das NRO hätte mithilfe der Ausdrucke -und Nicks Anleitung - Keyhole schon wieder unter Kontrolle gebracht. Der Satellit würde nun »any minute« kontrolliert zum Absturz gebracht - alles nur dank uns. Es hätte nur noch gefehlt, dass er sich auf den Boden wirft und schreit »Ich bin unwürdig, ich bin unwürdig!«
    Wirklich schwer zu ertragen, dass er jetzt der Gute sein soll. Shauns Geschleime war natürlich eiskalt kalkuliert. Nach ein bisschen Rumgeeiere kam er dann zur alles entscheidenden Frage, nämlich, wie wir uns unsere Zukunft denn nun vorstellten. An dieser Stelle drehte er richtig auf, faselte was von Bonuszahlung, Vertragsverlängerung und dass wir selbstverständlich eine bezahlte Auszeit in Anspruch nehmen könnten. Was er meinte, war ganz simpel: Wir sollten weiter für die Datacorp arbeiten. Nick reagierte überraschend cool. Er hatte sich das ganze Gesäusel ohnehin nur mit einem Ohr angehört, weil er damit beschäftigt war, die ganze Zeit irgendwelche Nachrichten an Sabina einzutippen. Als Shaun schließlich sein Angebot unterbreitete, sagte er nur, ganz ruhig und ohne hochzugucken: »No fucking way.«
    Damit war das Kapitel Datacorp endgültig zu Ende. Und es fühlte sich gut an. But now the warrior needs to rest. Ungefähr eine Minute, nachdem Nick mündlich unsere Kündigung eingereicht hatte, sind wir eingepennt. Shaun ließ uns direkt zum Flughafen in Seattle kutschieren und packte uns da in die Erste Klasse nach Tokio, wegen irgendwelcher »legal issues«, wie er in seinen Dreitagebart nuschelte. Direkt nach Deutschland könne er uns nicht fliegen lassen, weil es da noch ein Problem mit einer »Zelle« gäbe, deutete Shaun an. Vermutlich waren sie noch dabei, Johns Helfer einzukassieren, die Nick damals in die Botschaft verschleppt hatten. Egal. Also erst mal nach Tokio. Immerhin hatte der Beifahrer noch genug Power, Shaun das Versprechen abzuringen, uns im Park Hyatt unterzubringen.
    »Nur dann geht beim Übersetzen nichts verloren«, wie er meinte. Ein müder Witz für zwei müde Dudes. All Nippon Airways hat mit uns dann noch einen Super-Schnitt gemacht, weil wir original alle Champagner-Runden und das ganze Sterne-Essen während des Fluges verpennt haben. Am Gate in Tokio schließlich sammelte ein Datacorp-Handlanger unsere ausgelaugten Körper ein, um sie ins Hyatt zu schaffen. Als wir das nächste Mal aufwachten, grüßte uns der japanische Morgen mit Nebel. Dann war die Zeit gekommen, Tokio zu genießen, und wir taten das, was wir immer tun, wenn wir in eine aufregende, pulsierende Metropole voll unendlicher Möglichkeiten kommen: Wir blieben im Hotelzimmer hocken, ließen uns vom Room Service füttern und schauten den ganzen Tag BBC World. Gegen Abend wurde der Beifahrer dann doch etwas unruhig.
    »Wir sollten wenigstens nach Aki rüberfahren«, meinte er. Ein absehbarer Vorschlag. Akibahara, kurz Akiba oder noch kürzer Aki, ist die Welthauptstadt der Geeks. Ein Stadtviertel, das sich selbst im besten Jenglish den Titel »Electric Town« verpasst hat, was jeder Sprachnazi natürlich damit kommentiert, dass es eigentlich »Electronic Town« heißen müsste, weil das Viertel ja nur aus Elektronikläden besteht. Egal. Aki ist jedenfalls vollgestopft mit allem, was Spaß macht und wo Strom durchfließt. Es gibt keinen Ort auf der Welt, der bladerunneriger ist. Oder passender wäre für einen Abschied unter Nerds. Nick meinte, unsere Firmen-Kreditkarte würde sicher noch funktionieren - und er lag richtig. Mit einem freundlichen Lächeln zog das halbe Personal des Park Hyatt unser Plastikgeld von der Datacorp durch, aber in Anbetracht der Tatsache, dass uns unser Arbeitgeber streng genommen entführt hatte, hielten sich unsere Gewissensbisse in Grenzen. Und so stehen wir jetzt hier, in einer fetten Pfütze mitten in Tokio, mit den teuersten Sneakers, die man in der Lobby des Park Hyatt kaufen kann, und lassen den Regen gemütlich von unten hochziehen.
    »Irgendwie feucht hier«, sage ich.
    »Hm«, sagt Nick, und ich höre, ohne hinzugucken, dass er grinst. Wir schauen weiter nach oben und versuchen, im fremden Neonwald irgendwas Bekanntes zu erkennen. Nur ein paar Fetzen Globalesisch gönnt uns der Japaner -Virgin, Video, Duty Free der Rest geht in den Schriftzeichen unter. Aus der Kebab-Bude um die Ecke zieht eine fettige Wolke rüber. Die süßen Bedienungen geben sich Mühe, so hoch wie Anime-Charaktere zu piepsen, wenn sie die Bestellungen aufnehmen, weil sie
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