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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
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merklich zu und wechselt die Straßenseite.
    Meine neue Bekanntschaft zerknüllt lächelnd den Strafzettel, legt ihn auf die flache Hand und schnippt ihn triumphierend auf die Straße. Dann wendet er sich wieder mir zu.
    »Es wirde ihmer schwärrer«, erklärt er. »Die Damen von der police werdenn eimlisch beobachtet. Von ihre Kolleggen oder eine Kameera. Des-alb sie können der Strafsettel nischt mähr einfach werfen weg. Stellen Sie sisch das einmall vor! Eine Skondall! Und diese Maschinne sendet der Settel direkt nach Pariee! Aber isch kennö jemanden in das Ministeri-öm, der wird sisch kümmerne darumm …«
    »Äh, vielen Dank. Das war doch aber nicht …«
    »Kein Probläm. Aber jetzt wir müüßen uns be-eillen.« Philippe Foulie schwingt sich in das Peugeot 306 Cabrio, das Stoßstange an Stoßstange an meinem klebt und als letztes Auto in der Reihe gerade eben ganz nebenbei auch von einem Strafzettel verschont wurde. Dann setzt er seine Sonnenbrille auf, winkt mir noch einmal zu und braust davon.
    Ich stehe in einer hellblauen Abgaswolke und sehe mein Knöllchen im Straßenstaub flattern, den Philippe mit seinem … nun ja … Kavalierstart aufgewirbelt hat.

3. Kapitel
    Hallo Bettina, wie war dein Essen mit Frank? (08:30, 27. August)

    Frank? Welcher Frank? Ach, der. Oh, was für eine Schlaftablette! Die Buchhaltung habe ich abgehakt. Wie geht es dir? Ein Franzose in Sicht? (08:34, 27. August)

    Kein Kommentar.

    Gut geht’s, aber Chefin ist ein Drache. Ich muss abends unterrichten. Brauche Tagesmutter für Jule. Gehe gleich ins Rathaus, da gibt es wohl eine Liste. (08:45, 27. August)

    Wirf die Chefin doch raus und übernimm Laden selbst! Das bekommst du schon alles hin, keine Sorge. Gruß an Julchen. Muss in Vorstandssitzung. Mach’s gut, Kleines (08:48, 27. August)

    Elmafmp boakm aölaö ieang. (08:55, 27. August)

    ? (08:56, 27. August)

    Das war Jule. Wollte auch mal simsen. Und hatte sich mit »Kleines« wohl irgendwie angesprochen gefühlt. (08:59, 27. August)
    #
    Am nächsten Tag, kurz nach neun Uhr
    Auf dem Weg zum Rathaus
    Ich schlendere mit Jule durch diese 3D-Postkarte aus uralten Häusern mit kornblumenblauen Fensterläden, in die mich mein Abenteuer-Auswander-Projekt verschlagen hat. Den ganzen Weg versuche ich, mir den heute alles entscheidenden Satz für den Erfolg meines Vorhabens einzuprägen: »Bonjour, j’ai besoin d’une nourrice – Guten Tag, ich brauche eine Tagesmutter.« Ich werde doch im Rathaus niemandem irgendeinen peinlichen Zettel mit meinem Anliegen unter die Nase halten!
    Bong schur, schä besoing dün nuriss.
    »Duhu, Mama …«
    »Ja, mein Schatz.«
    Bong schur, schä besoing dün …
    »Ach, schon gut.« Auf Jules Stirn gräbt sich eine tiefe Sorgenfalte zwischen ihre Augenbrauen.
    »Was wolltest du denn?«
    »Nix.« Jules Hand krampft sich fest um meinen kleinen Finger, den sie schon den ganzen Weg festhält. So macht sie es oft, wenn wir Hand in Hand gehen, und ein eiserner Griff signalisiert in der Regel nichts Gutes.
    Ich versuche, mich weiter auf meinen Plan zu konzentrieren, mir im Rathaus eine Liste mit Telefonnummern der örtlichen Kinderfrauen zu besorgen. Natürlich wird die Zeit jetzt ziemlich knapp, die Schule fängt ja schon in ein paar Tagen an, und die meisten Tagesmütter dürften längst ein Engagement haben. Hoffentlich finde ich noch eine verantwortungsvolle Kandidatin, vielleicht eine entzückende ältere Dame, so eine Art Leih-Oma.
    Bong schur, schä besoing …
    »Mama? Äh …«
    Jetzt raus mit der Sprache.
    »Was ist denn, Julchen?«
    »Ist mein neuer Babysitter denn auch ganz genauso lieb wie Alina?«
    Oh nein, bitte nicht.
    »Ja, natürlich, mein Schatz. Wir finden sicher eine supernette Frau, vielleicht eine ältere Dame, die sich bestimmt ganz prima um dich kümmert und …«
    »Will keine alte Tante! Höchstens Bernadette.«
    »Aber Bernadette betreut abends oft ihre eigenen Enkelkinder, das habe ich dir doch schon gesagt. Und außerdem ist sie sicher furchtbar müde, als Bäckerin muss man ja früh aufstehen. Deshalb können wir sie unmöglich bitten, dass sie an ihren freien Abenden auch noch auf dich …«
    »Will Bernadette.«
    »Julchen, das geht leider nicht.«
    »Dann soll Oma kommen.«
    Alles, nur das nicht!
    »Oma klettert doch gerade in den Bergen, irgendwo in Südamerika, gaaaanz weit weg.«
    »Dann eben Alina!«
    »Alina ist in Deutschland …«
    … bei Papa.
    »Dann will ich aber einen Babysitter gaaaanz genau wie
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