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Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
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sich am Telefon in Japan die piepsige Stimme eines Mädchens, das ich mir politisch vielleicht nicht ganz korrekt mit unterwürfigem Lächeln und einem Geisha-Diplom in der Kimonotasche vorstellte. Jedenfalls hatte ich schnell keine Lust mehr, mit ihr Ferngespräche zu führen.
    Tja, und Ralphs damalige Freundin wurde genau zu dieser Zeit schwanger – allerdings nicht von Ralph.
    Natürlich trösteten wir uns gegenseitig, und natürlich kamen wir uns dabei näher. »Harry und Sally« wurde mein persönlicher Kultfilm. Die Videocassette blieb aber schon bald im Rekorder stecken und landete mit ihm zusammen auf dem Recyclinghof, Container Elektroschrott. Das hätte mir eigentlich zu denken geben sollen.
    Inzwischen glaube ich, dass es bei Ralph vor allem eine Frage des Timings war: Er hatte gerade sein BWL -Diplom gemacht, seinen ersten Job angefangen, alle anderen hatten auch einen Golf Variant Trendline gekauft, und deshalb war es nun einfach an der Zeit. Jedenfalls lud er mich zum Griechen an der Ecke ein und machte mir nach reichlich Ouzo, irgendwo zwischen Tsatsiki und Gyros, einen Heiratsantrag.
    Stillos, bemerkte meine Schwester damals.
    Spießig, meinte meine Mutter.
    Ich sagte ja und dachte, ich hätte meine große Liebe gefunden und …
    »Das wir können ja jetzt nach-olen.«
    Âllo? Ich meine: Hallo, wo bin ich?
    Hugh katapultiert mich rund zehn Jahre zurück in die Gegenwart. Mein neu entdeckter »Prince Charmant« klappt sein Handy zu und deutet auf das Bistro.
    »Wollennö wirr ge-en essen eine Kleinisch-keit?«
    »Ja, also ich meine, nein.«
    Auch wenn ich mich für Sekunden wie Julia Roberts in Notting Hill fühle, geht mir das hier doch ein bisschen zu schnell. Über einen unverbindlichen Café hätte ich vielleicht nachgedacht, meinetwegen sogar Crème, aber gleich ein Essen?
    Wenn da nur nicht diese Augen wären … und dieses Lächeln … und …
    Anja! Schluss jetzt! Männer bringen nur Ärger. Und dieses Exemplar mit seinem besonders hohen Attraktivitätsgrad dürfte auch ein besonders großes Ärgerpotenzial haben. Greenpeace hin oder her. Reiner Erfahrungswert.
    »Wie schadde. Es wärre mirr gewesenn ein Vergnüggen.«
    »Vielen Dank, sehr freundlich, aber ich muss wirklich los.« Um meine Entschlossenheit zu unterstreichen, schwenke ich meinen Schlüsselbund ein bisschen hin und her. »Ich stehe nämlich im absoluten Halteverbot und …«
    Die Politesse hat sich inzwischen bis auf zwei Autos herangearbeitet.
    »… und meine Tochter …«
    »Ah? Sie abben schonn eine Tochtär?«
    Schon? Das ist jetzt aber ein Witz, denn so jung sehe ich nun wirklich nicht mehr aus! Aber wahrscheinlich handelt es sich um die nächste urfranzösische Anmache mit Status als Unesco-Weltkulturerbe, Kategorie »French Lover im Turbogang«.
    »Ja, und sie wartet sicher schon längst auf mich«, entgegne ich. »Einen schönen Tag noch, also. Auf Wiedersehen.« Ich wende mich zum Gehen.
    Doch so einfach lässt sich Hugh Grant nicht abfertigen. »Moment! Isch abe misch ja noch gar nischt präsentiiert. Isch eise Philippe Foulie, enchanté«, sagt er und haucht mir einen Kuss auf die Wange.
    Einen Kuss? Was bedeutet denn das nun?
    »Wir se-en uns sischer bald in der Schulle. Es wirde mirr sein ein Vergnüggen.«
    Das klackende Geräusch eines Scheibenwischers, der auf eine Windschutzscheibe heruntergelassen wird, lässt mich zusammenzucken. Es ist mein Scheibenwischer, der meinen ganz persönlichen Strafzettel festklemmt.
    »Ist etwas nischt in Ordnuunge?«, erkundigt sich Monsieur Foulie.
    »Nein, nein, alles okay«, murmele ich.
    Aber sein Blick folgt meinem, und gemeinsam sehen wir, wie sich die Politesse bereits dem Cabrio neben meinem Auto zuwendet und auch schon wieder die Mini-Computer-Drucker-Multifunktions-Strafzettel-Maschine vor ihrem Bauch zu malträtieren beginnt.
    »Oh, war das Ihre Waggen?«, fragt Philippe Foulie.
    Allerdings.
    Ich nicke.
    »Eine kleine Moment, biette.« Philippe schnappt sich den Strafzettel und wedelt damit vor der Politesse herum, die zunächst gar nicht von ihrer Arbeit aufsieht. Als sie es aber tut, schmilzt sie unter Hugh Grants Blick wie Bitterschokolade in der Mittagssonne. Och, ne! Das ist ja wie im Film! Das könnte mir ja nie passieren.
    Räusper.
    Ich kann nicht verstehen, was er zu ihr sagt. Aber nach gestenreichen Erklärungen dreht sich die Politesse um, setzt das wohl bezauberndste Lächeln auf, das sie unter ihrer Uniformkappe zustande bekommt, nickt Philippe Foulie kaum
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