Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ex en Provence

Ex en Provence

Titel: Ex en Provence
Autoren: Elke Ahlswede
Vom Netzwerk:
ich ab. »Vielleicht war ich sogar ein bisschen anmutig. Was meinst du?«
    »Anja?«
    »Auf jeden Fall aber geschmackvoll gekleidet und …«
    »Anja?!« Eric blickt an mir herunter.
    »Ja?«
    »Dieser Frosch-Schirm steht dir wirklich ganz hervorragend.«
    Merde .

 
    Le Café

28. Kapitel
    Mittwoch, 1. Dezember
    Am Eingang des Rathauses
    »Okay, es kann losgehen.«
    »Weißt du noch den genauen Plan?«
    »Ja: Rein ins Rathaus, Empfangsdame Chantalle ignorieren, Treppe rauf ins Bürgermeisterzimmer, Brust raus, Kopf ein bisschen schräg legen, in Gedanken schnurren und die Vorladung auf den Tisch gleiten lassen.«
    »Sehr gut«, sagt Nathalie. »Jetzt machen wir an deiner Bluse noch einen Knopf mehr auf, und du wirst sehen, wie wunderbar das alles funktioniert.«
    »Hey, lass das. Der Knopf bleibt zu.«
    »Wie du meinst. Also los. Ich halte hier die Stellung.«
    #
    Fünf Minuten später
    »Das ging aber schnell!«
    »Tja, als Deutsche bin ich eben effizient. Sogar beim gezielten Bürgermeister-Flirt.«
    »Und? Hat alles geklappt?«
    »Ja, alle Briefe sind im Schredder, bei Gelegenheit könnte ich ja mal ein französisches Kennzeichen für mein Auto beantragen, hat er gesagt, und um die Strafzettel kümmert sich ein Freund vom Bürgermeister, der in Paris im Ministerium sitzt.«
    »Sehr gut.«
    »Vielen Dank, Nathalie! Das hätte ich ohne dich nie hinbekommen. Und den Erfolg müssen wir unbedingt feiern! Wie wäre es, wenn du am Samstag mit Jonathan und deinen Kindern zum Essen zu uns kommst? Eric und Chloé sind auch da, das wird sicher sehr nett.«
    »Ja, gern. Was gibt es denn? Bier und Chips?«
    »Nein, was denkst du denn! Ich werde natürlich ein echt französisches Fünf-Gänge-Menü zaubern. Erst frisches Saison-Gemüse auf dem Markt kaufen, das Fleisch direkt beim Bauern bestellen, der das Rind mit Vornamen kannte, und dann geht es los!«
    »Hm. Das klingt verlockend. Aber wenn du das wirklich genau so machen willst, dann musst du langsam mal anfangen.«
    »Aber so macht ihr Franzosen das doch. Hat uns Philippe ausführlich erklärt. Dessen Kochbuch werde ich natürlich auch zu Rate ziehen.«
    »Ach, der hat ja keine Ahnung. Also, es hat sich nach meiner Erfahrung auch als sehr gut erwiesen, wenn man das frisch verarbeitete Saisongemüse schon mal sicher in der Kühltruhe hat. Da ist dann auch noch genug Platz für pfannenfertige Fleischstücke. Und die halbe Miete hast du ohnehin schon, wenn du als Vorspeise ›Coquilles Saint Jacques‹ servierst …«
    »Hä?«
    »Jakobsmuscheln. Wie? Kennst du die etwa noch nicht?«
    »Nö.«
    »… und zum Dessert ›Moelleux au chocolat‹.«
    »Das kenne ich: warmer Schokokuchen mit flüssigem Kern. Mmmmmhhh, genau mein Fall! Aber den kriegt man doch selbst nie perfekt hin, oder?«
    »Nein, natürlich nicht. Die Jakobsmuscheln auch nicht. Gibt es aber alles im Tiefkühlregal des Hypermarchés deines Vertrauens. Alles klar?«
    »Mais oui!«

 
    Le Chocolat

    (kein eigener Menü-Gang und auch nur ein ganz klitzekleines Stück, zum Café, sozusagen nonchalant nebenbei, sehr stilvoll … und seeeehr lecker)

 
    Drei Monate später. Übrigens …

    … habe ich meine Babysitter-Phobie mittlerweile überwunden. Eric macht das ganz wunderbar, wenn ich abends unterrichte.
    … ist meine Kündigung der »École Polyglotte« inzwischen hinfällig. Ich habe da von einem Arzt meines Vertrauens ein Attest bekommen, dass ich schwer erkrankt war.
    … hat meine Chefin natürlich schon gestutzt, dass die nachträgliche Krankschreibung von »Ärzte helfen illegalen Einwanderern« kam. Aber Madame Guillotin ist ja inzwischen sowieso die Sanftmut in Person, regelrecht handzahm ist sie geworden. Warum? Nun, mein Deutschkurs für Berufstätige sprach ihr eine kollektive Kündigungsdrohung aus, wenn ich nicht sofort wieder unterrichte. Ich bin gerührt.
    … ist meiner Sprachenschule allerdings ganz plötzlich ein Französischlehrer abhandengekommen. Dafür hängt am Schwarzen Brett eine Postkarte aus New York, wo Philippe seine Rundreise durch alle 50 US -Bundesstaaten gestartet hat. Europa war wohl inzwischen abgehakt.
    … leugnet meine Schwester immer noch, irgendwelche Aktien in dem EU -Liebhaberinnen-Smartphone-Application-Deal gehabt zu haben. Meine Mutter schweigt zum Thema Philippe beharrlich.
    … habe ich heute meine Benchmark-Robe in die Altkleidersammlung gegeben. Wer braucht so etwas schon?
    … muss ich jetzt ganz dringend los, um Eric in unserem in Kürze zu renovierenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher