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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller
Autoren: Greg Iles
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stöhnte und zog sich die Decke bis an den Hals.
    Sie schüttelte ihn noch einmal. »Wach auf!«
    »Hmmm ...«
    »Ich bin es, Lily. Wach auf. «
    Cole öffnete ein Auge, dann kniff er es zusammen, bis es fast geschlossen war. »Was, zum Teufel ... Hab ich bei dir zu Hause geschlafen?«
    Sie blickte in seine trüben Augen, suchte nach einer Spur von Falschheit.
    »Wo ist John?«, murmelte Cole. »Ist schon Morgen?«
    »Woran erinnerst du dich als Letztes?«
    Cole blinzelte, immer noch mehr schlafend als wach. »Ich weiß es nicht ... das Büro? Sybil sagte etwas davon, dass sie mich treffen wolle. Scheiße ... ich weiß nicht.« Er zog die Knie an die Brust und zerrte sich die Decke über den Kopf.
    Beeil dich, sagte Lily sich. Dir bleibt vielleicht keine Zeit mehr ...
    Sie wandte sich vom Bett ab und ging zur Tür. Plötzlich verließ sie der Gleichgewichtssinn, und sie stolperte beinahe. Als sie nach dem Türknauf griff, um sich festzuhalten, wurde das Zimmer dunkel. Nackte Angst überfiel sie. Diese Dunkelheit war nicht in dem Zimmer – sie war in ihr. Diese Dunkelheit war Mallory.
    »Nein« , flüsterte sie.
    Sie schlug mit aller Kraft gegen die Tür und konzentrierte sich auf den Schmerz in ihrer Handfläche. »Ich weiß, dass du hier bist. Du bist in mir, aber das macht nichts. Ich bin Lily Ann Waters, geboren am 12. Juni 1963.« Sie öffnete die Tür und kämpfte sich mühsam in Richtung ihres Autos. »Meine Tochter heißt ... Annelise. Geboren am 14. Juni 1995.«
    Die Dunkelheit verschwand und kehrte kurz darauf wieder zurück, flackerte wie elektrisches Licht bei einem Spannungsabfall. »Ich spüre dich«, sagte Lily und drückte die Fernbedienung an ihrem Autoschlüssel. »Zur Hölle mit dir, du kannst nicht ...« Sie versuchte, sich an ihre Identität zu klammern, indem sie an John und die drohende Mordanklage dachte, doch es funktionierte nicht. »Lily Ann Waters« , stieß sie hervor. »Zwölfter Juni neunzehn ... Lily ... Ann ... Waters’ ... Tochter ... geboren ... Juni ... vierzehnter ... Annelise ... Lilyannwaters ...«
    Lily öffnete die Autotür und ließ sich auf den Fahrersitz fallen. Sie versuchte, den Zündschlüssel ins Schloss neben dem Lenkrad zu stecken, doch schon diese einfache Aufgabe überforderte sie. Es war, als versuchte sie, im Dunkeln Garn einzufädeln. Als sie das Zündschloss zum vierten Mal verfehlte, brach sie in Tränen aus, und Dunkelheit umhüllte sie.
    Plötzlich musste sie an ihren Vater denken und daran, wie er an Krebs gestorben war. Am Ende hatte er Angst gehabt einzuschlafen. Er hatte geglaubt, wenn er einschliefe, würde er nie wieder aufwachen. Aberglaube, hatte sie damals gedacht. Jetzt lernte sie seine Angst als greifbare Realität kennen. Wenn sie sich jetzt der Dunkelheit ergab, würde sie nie wieder etwas anderes kennen als Dunkelheit.
    »Nein!«, schrie sie und hämmerte mit beiden Händen auf das Lenkrad. »Mallory ist tot! Du bist tot! Dein Körper verrottet !«
    Ein plötzlicher Lichtblitz trieb die Schatten zurück. Sie steckte den Schlüssel ins Zündschloss und ließ den Motor des Acura an.
    »John hasst dich!«, schrie sie. »Er hasst dich! Er wollte deine Kinder niemals haben ... Deshalb hat er dafür gesorgt, dass du sie tötest. Und letzte Nacht wollte er dich töten!«
    Ein grauenhafter Schmerz durchbohrte ihre Brust. Sie röchelte, schaffte es aber, den Rückwärtsgang einzulegen und von der Hoteltür zurückzusetzen.
    »Du bist tot«, wiederholte sie. »Du verrottest in der Erde. Du bist eine verlorene Seele ... die im Nichts verschwindet. Du bist ... nichts .«
    Licht durchflutete Lilys Bewusstsein wie kühles klares Wasser.
    Sie legte den ersten Gang ein und fuhr auf den Highway. Am Horizont sah sie die Brücke emporragen. Am liebsten wäre sie an jedem Auto und jedem Lkw zwischen ihr und der Brücke vorbeigerast, doch die Polizei war auf dieser Seite der Brücke sehr offensiv, was Strafzettel betraf. Obwohl sie nicht schneller als sechzig fuhr, näherte die Brücke sich rasch ... gleich würde sie auffahren ...
    Dreißig Meter vor ihr zog ein Lieferwagen auf die rechte Spur, um Lily Platz zu machen. Auf der Ladefläche saß in einem Korbstuhl ein Mädchen, ungefähr in Annelises Alter, mit dem Gesicht zu Lily. Das Gesicht war schmutzig, ihre Arme trotz der Kälte nackt, doch ihre Augen leuchteten, als sie Lily zuwinkte.
    Tiefe Traurigkeit überfiel Lily. Annelise war mit ihren sieben Jahren schon bemerkenswert unabhängig. Sie besaß eine
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