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Ewiger Schlaf: Thriller

Ewiger Schlaf: Thriller

Titel: Ewiger Schlaf: Thriller
Autoren: Greg Iles
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hätte man sie an einen Computer angeschlossen und bewege ihre Gliedmaßen mit einem Joystick. Wieder hörte sie den Schrei – und dann kehrte die bösartige Macht zurück, die sie auf der Brücke gespürt hatte. Lily versuchte Widerstand zu leisten, doch es war zwecklos. Diesmal wurde es nicht nur dunkler – ihr Blickfeld verfinsterte sich vollständig. Sie fühlte sich wie eine Komapatientin, die die Menschen um sich herum reden hörte, selbst aber nicht sprechen konnte. Und die Person, die sie in diesem Augenblick hörte, schrie so entsetzlich, als würde sie erstochen.
    Das Innere des Autos leuchtete hell auf und verdunkelte sich gleich darauf wieder, als würde es bei einem Gewitter von einem Blitz erleuchtet. Nur dass das Gewitter sich in ihrem Innern abspielte. Jetzt sah sie eine schwarze Taschenlampe in ihrer freien Hand, die schwere Maglite, die John ihr ins Handschuhfach gelegt hatte. Sie hob die Maglite bis ans Dach, hieb sie auf die Handschellen und hob sie erneut. Diesmal flog der Kopf der Lampe ab, als sie die Stahlhandschelle traf. Lily hörte einen Wutschrei, und beim nächsten Aufwärtshub flogen Batterien durch die Luft.
    Die Nase des Acura kippte vornüber, und braunes Wasser stieg ihr bis an die Hüften. Mit erschreckender Geschwindigkeit absorbierte es ihre Körperwärme und ließ sie heftig zittern. Lass es vorbei sein, dachte sie. Lieber Gott, lass es zu Ende sein! Aber es war nicht zu Ende. Blut strömte aus ihrem Handgelenk, als der Wagen immer tiefer im Wasser versank; dennoch hämmerte ihr Arm immer weiter gegen das Metall, völlig außerhalb ihrer Kontrolle. Ein weiterer Schrei barst aus ihrer Kehle.
    »Du feige Schlampe! Du kannst ihn mir nicht so wegnehmen!«
    Der Acura drehte sich auf die linke Seite. Wasser spülte über Lilys Schulter und in ihr Ohr, dann in ihren Mund.
    »Gott vergib mir«, stieß sie hervor. »Ich habe es für meine Familie getan.«
    Dann schlug das Wasser über ihr zusammen.

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    21
    J ohn Waters richtete sich steif und kerzengerade auf und griff nach seinem linken Arm, als erleide er einen Herzinfarkt. Er lehnte sich über das Waschbecken in der Toilette des Polizeireviers, als der Schmerz ihn traf. Jetzt stolperte er gegen die Wand, um Atem ringend.
    Lily, dachte er, und eine unerklärliche Panik erfüllte ihn.
    Mit seifigen Händen riss er sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer seiner Frau. Nach fünf Klingeltönen teilte ihm eine automatische Ansage mit, dass der Teilnehmer sich außerhalb des Servicebereichs des Anbieters aufhielt. Er wählte die Nummer von Linton Hill, aber dort meldete sich nur der Anrufbeantworter.
    »Verdammt«, murmelte er.
    Er wählte die Nummer von Lilys Mutter, aber auch dort ging niemand an den Apparat, und Evelyn besaß kein Handy.
    Jemand klopfte an der Toilettentür.
    »John? Alles in Ordnung?«
    Tom Jackson ließ ihn nicht länger als eine Minute aus den Augen.
    »Alles in Ordnung«, murmelte er. »Magenprobleme.«
    »Brauchst du eine Tablette?«
    Waters steckte das Handy wieder in die Tasche, spülte die Seife von seinen Händen und öffnete die Tür.
    »Mann, John, du siehst ja schlimm aus.«
    »Ich mache mir Sorgen um meine Frau und meine Tochter. Ich weiß, dass diese Sache mit Eve jetzt bekannt wird, und ... Himmel, wenn ich die beiden verletze ... ich weiß nicht, ob ich das ertragen kann.«
    Jackson sagte nicht: »Das hättest du dir überlegen sollen, bevor du mit Eve Sumner ins Bett gegangen bist.« Stattdessen nahm er Waters’ Arm und führte ihn zurück ins Vernehmungszimmer, wo Barlow und Penn ihn erwarteten. Vor der Tür blickte Waters den Flur hinunter zu einer Feuertreppe. Da er nicht wusste, wo Lily und Annelise waren, verspürte er ein beinahe unwiderstehliches Verlangen zu fliehen.
    »Denk nicht darüber nach«, sagte Jackson freundlich. »Das ist keine Lösung.«
    Waters nickte und setzte sich.
    Lily Waters saß in der Kirche zwischen ihrer Mutter und ihrer Großmutter und fuhr mit der Hand über den geliebten Nerzmantel ihrer Mutter. Lily war sechs Jahre alt, und sie hörte dem Pfarrer niemals zu. Sie beobachtete die Leute und streichelte den Mantel, das Weichste, was sie jemals auf ihrer Haut gespürt hatte. Sie hörte nur damit auf, wenn es Zeit wurde zu singen. Ihr Vater sang falsch, und er sang lauter als jeder andere. Manchmal starrten die Leute ihn an, aber Lily war stolz auf ihn, weil er so gern sang.
    Die Kirche verblasste wie ein Traum, und nun saß sie auf dem Rücken eines Pferdes,
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