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Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Titel: Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
Autoren: Alyson Noël
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haben.
    Während sich Damen von Jude löst, ziehe ich meine Faust zurück und erinnere mich an die manifestierte Version dieser Szene, die ich vor vielen Monaten geprobt habe, und begreife, dass sie der allzu realen Version vor meinen Augen nicht standhält.
    Vor allem, weil ich nichts bereue.
    Keinen Grund habe, mich zu entschuldigen.
    Keine andere Wahl habe, als sie zu töten, ehe sie Miles tötet.
    Ich knalle ihr die Faust mitten in den Brustkorb und spüre, wie ich genau den schwachen Punkt treffe.
    Ich sehe den Schock in ihrem Blick, während Damen ihr Miles entreißt und ich in die Flammen springe.
    Meine Haut glüht, brennt, schlägt Blasen, schält sich – der Schmerz ist überwältigend und sengend.
    Doch ich achte nicht darauf.

    Ich mache einfach weiter, taste, grabsche, suche.
    Meine ganze Konzentration ist nur auf Eines gerichtet – meinen Wunsch, das Hemd zu retten, obwohl es eindeutig zu spät ist.
    Es ist bereits komplett verbrannt.
    Vage vernehme ich Miles’ und Judes entsetzte Schreie von irgendwo hinter mir.
    Vage nehme ich wahr, wie mich Damens Arme packen, umfangen und festhalten, wie er mich aus dem Feuer zieht und das flammende Inferno löscht, das meine Kleider, meine Haare und mein Fleisch verzehren will.
    Er drückt mich fest an seine Brust und flüstert mir wieder und wieder ins Ohr, dass alles gut wird. Dass er einen Weg finden wird. Dass das Hemd keine Rolle spielt. Dass nur wichtig ist, dass Miles und Jude in Sicherheit sind und wir nach wie vor einander haben.
    Er bittet mich, die Augen zu schließen, wegzusehen und mir den grauenhaften Anblick meiner wankenden, röchelnden einstmals besten Freundin im Todeskampf zu ersparen.
    Doch ich höre nicht auf ihn.
    Ich blicke ihr sogar in die Augen.
    Betrachte ihr wirres Haar, ihre grellroten Augen, ihre eingefallenen Wangen, den spindeldürren Körper und den wahnsinnigen Gesichtsausdruck. Und ich höre ihre Stimme, voll von maßlosem, verzehrendem Hass, als sie brüllt: »Das ist deine Schuld, Ever. Du bist diejenige, die mich so gemacht hat! Und jetzt wirst du dafür bezahlen – ich schwöre, du wirst…«
    Ich kann den Blick nicht abwenden, nicht einmal, als sie zusammenbricht, zu Staub zerfällt und blitzschnell verschwunden ist.

NEUNUNDDREISSIG
    D u musstest es tun.« Damen sieht mich mit zusammengepressten Lippen an, die Stirn besorgt gefurcht. »Du hast das Richtige getan, du hattest keine Wahl.«
    »Oh, es gibt immer eine Wahl«, sage ich seufzend und sehe ihn an. »Aber das Einzige, weswegen ich Schuldgefühle habe, ist deswegen, wie sie geworden ist und wegen der Art, wie sie mit ihrer Macht, ihrer Unsterblichkeit umgegangen ist. Ich habe kein schlechtes Gewissen wegen meiner Entscheidung. Ich weiß, dass ich das Richtige getan habe.«
    Ich lasse den Kopf auf Damens Schulter sinken und erlaube, dass er den Arm um mich legt. Und obwohl ich überzeugt davon bin, angesichts der Umstände die einzig mögliche Wahl getroffen zu haben, macht es das nicht unbedingt leichter. Aber das behalte ich für mich, da ich Damen nicht noch mehr Kopfzerbrechen bereiten möchte.
    »Wisst ihr, einer meiner Schauspiellehrer hat immer gesagt, dass man eine Menge über jemanden erfährt, wenn man sieht, wie er mit extremem Stress umgeht.« Miles sieht zwischen uns hin und her. Sein Hals ist noch wund und rot und seine Stimme heiser und rau, doch zum Glück ist er bereits auf dem Weg der Besserung. »Er hat gesagt, echter Charakter zeigt sich daran, wie Menschen auf die größten Herausforderungen im Leben reagieren. Und obwohl ich ihm da absolut zustimme, glaube ich, dass man das Gleiche auch darüber sagen kann, wie Menschen mit Macht umgehen.
Ich sag das ja nicht gern, aber es hat mich nicht allzu sehr überrascht, wie Haven reagiert hat. Ich glaube, wir alle wissen, dass sie es seit jeher irgendwie in sich hatte. Wir kennen uns ja schon seit der Grundschule, und soweit ich mich erinnern kann, hatte sie schon immer diese dunkle Seite. Sie war stets von ihren Eifersüchten und ihren Unsicherheiten getrieben, und was ich eigentlich damit sagen will, ist, dass du sie nicht so gemacht hast, Ever.« Er sieht mich an, und seine blutunterlaufenen Augen und das bleiche Gesicht legen Zeugnis von seinem Kummer darüber ab, seine alte Freundin verloren zu haben – ja, fast von seiner alten Freundin getötet worden zu sein –, doch er will unbedingt, dass ich ihm glaube. »Sie war einfach, wer sie war. Und als sie ihre Macht erst einmal erfasst hatte, als sie
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