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Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht

Titel: Evermore - Der Stern der Nacht - Noël, A: Evermore - Der Stern der Nacht
Autoren: Alyson Noël
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    Ich balle die Fäuste so fest, dass meine Knöchel ganz weiß werden, und gönne mir eine Sekunde, um mich zu sammeln, mein Gleichgewicht zu finden und mich erneut mit Licht zu erfüllen – genau wie Ava es mich gelehrt hat – und zugleich meine Hände ruhig unten zu lassen. Dabei halte ich den Blick weiterhin fest auf sie gerichtet, den Kopf von sämtlichen überflüssigen Gedanken befreit, das Gesicht von sämtlichen überflüssigen Gefühlen befreit – so wie es mir Damen kürzlich beigebracht hat.
    Das Wichtigste ist, nichts preiszugeben, hat er mir erklärt, und schnell und gezielt zu agieren. Den Schlag zu setzen, bevor sie ihn überhaupt kommen sieht, sodass sie erst, wenn es längst zu spät ist, begreift, was mit ihr passiert ist.
    Wenn ihr Körper sich aufgelöst hat und ihre Seele an jenen düsteren, trostlosen Ort weitergezogen ist.
    Ihr jede Möglichkeit nehmen, einzugreifen oder sich zu wehren.
    Eine auf einem lange zurückliegenden Schlachtfeld gelernte Lektion, von der ich nie gedacht hätte, dass sie sich auf mein Leben anwenden ließe.
    Doch obwohl mich Damen davor gewarnt hat, kann ich es mir nicht verkneifen, mich zu entschuldigen. Kann es nicht lassen, die Worte Verzeih mir von meinem Geist zu ihrem zu senden. Ich sehe, wie kurz Mitleid in ihrem Blick aufwallt, ehe es von der gewohnten Mischung aus Hass und Verachtung schnell wieder ausgelöscht wird.
    Sie hebt die Faust und zielt auf mich, aber es ist zu spät. Meine ist bereits in Fahrt und bewegt sich mit voller Kraft vorwärts. Trifft sie mitten in den Solarplexus und schickt sie schwankend und in Auflösung begriffen direkt in den unendlichen Abgrund.
    Das Schattenland.

    Die ewige Heimat für verlorene Seelen.
    Ich schnappe hastig nach Luft, während ich zusehe, wie schnell sie sich auflöst. Sie zerfällt so mühelos, dass man sich kaum vorstellen kann, dass sie je von fester Gestalt war.
    Mein Magen rebelliert, mein Herz rast und mein Mund ist so trocken und ausgedörrt, dass mir keine Worte über die Lippen kommen. Mein Körper reagiert, als wäre das, was soeben vor meinen Augen abgelaufen ist – die Tat, die ich gerade begangen habe –, nicht nur eine Manifestation gewesen, sondern schreckliche Realität.
    »Gut gemacht. Du hast dein Ziel getroffen, mitten ins Schwarze«, sagt Damen und durchquert in einem Sekundenbruchteil den Raum, ehe er seine starken Arme um mich schlingt und mich dicht an sich zieht. Mit leiser Stimme flüstert er mir noch ins Ohr: »Allerdings solltest du dir das mit dem Verzeih mir aufsparen, bis sie weg ist. Glaub mir, ich weiß, dass du ein schlechtes Gewissen hast, Ever, und ich kann dir das nicht einmal zum Vorwurf machen, aber es ist eben, wie wir schon besprochen haben. In einem Fall wie diesem heißt es du oder sie . Nur eine kann überleben. Und falls du nichts dagegen hast, wäre es mir lieber, wenn du diejenige wärst.« Er fährt mir mit der Fingerspitze über die Wange und schiebt eine meiner Haarsträhnen hinters Ohr. »Du kannst es dir nicht leisten, ihr in irgendeiner Weise zu signalisieren, was kommt. Also bitte spar dir die Entschuldigung für hinterher auf, okay?«
    Ich nicke und löse mich aus seinen Armen, wobei ich immer noch damit zu kämpfen habe, meine Atmung zu beruhigen. Dann sehe ich mich um und betrachte den Haufen aus schwarzem Leder und Spitze auf dem Fußboden. Das, was von der Haven geblieben ist, die ich manifestiert habe.
Schließlich blinzele ich alles weg und lösche sämtliche Spuren aus.
    Ich dehne den Hals nach beiden Seiten und schüttele meine Gliedmaßen, was man entweder als Dampf ablassen oder als Vorbereitung auf die nächste Runde auffassen kann. Damen schließt Letzteres daraus und lächelt mich an. »Noch ein Testlauf?«
    Doch ich sehe ihn nur an und schüttele den Kopf. Ich habe genug für heute. Genug davon, die gespenstische, seelenlose Hülle meiner einst besten Freundin zu töten.
    Es ist unser letzter Sommertag, unser letzter Tag der Freiheit, und es gibt wesentlich bessere Arten, ihn zu verbringen.
    Ich betrachte die Mähne aus langen, welligen dunklen Haaren, die ihm über die Stirn und bis in seine erstaunlichen braunen Augen fallen, lasse den Blick über seine Nasenwurzel und die hohen Wangenknochen bis zur Wölbung seiner Lippen wandern, wo ich lange genug innehalte, um mich daran zu erinnern, wie wundervoll sie sich auf meinen anfühlen.
    »Gehen wir doch zum Pavillon«, sage ich, während ich seinen Blick suche und schließlich erneut sein
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