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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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blaugeäderten Lider dazu zu bringen, sich zu öffnen.
    »Ella – kannst du mich hören? Ella, ich bin es, George.«
    Nicht die geringste Reaktion erfolgte. Er nahm an, daß sie ihm nicht antworten konnte, selbst wenn sie ihn hörte. Ella als Gefangene ihres blutigen Gehirns! Es war grauenvoll! Bandry hatte auf den natürlichen Heilungsprozeß verwiesen. Natürlich hatte er schon gehört, daß die nichtangegriffenen Teile des Gehirns bei Patienten wie Ella mit der Zeit die Funktion anderer, irreparabler übernahmen. Aber wie lange würde das dauern? Und in welchem Ausmaß vermochten sie es?
    Donleavy spürte eine hilflose Wut. Er war es gewöhnt, zu handeln. Entscheidungen zu treffen, die das Leben von Millionen von Menschen beeinflußten. Aber ausgerechnet hier, wo es sich um den einzigen Menschen auf der ganzen Welt handelte, der ihm wirklich etwas bedeutete, gab es nichts, das er tun konnte.
    Es mußte etwas geben. Jetzt zuzugeben, daß er geschlagen war, wäre ein Verrat an Ella, die ihm so lange die benötigte Kraft gegeben hatte. Sie hatte das Recht zu erwarten, daß er diese Schuld beglich.
    »Ich finde einen Weg, Mädchen, das verspreche ich dir.« Er küßte die kühlen Lippen und verließ das Zimmer.
     
    Pelham-Wood schaute auf die Uhr, als die Tür des Rolls-Royce einrastete und das Panzerglasfenster sie von allen Umweltgeräuschen isolierte. »Wir haben zehn Minuten Verspätung, Sir«, sagte er, als der Wagen sich in die Luft hob und die sechs Jaguars des Begleitschutzes ihnen in Verteidigungsformation folgten.
    »Sie werden warten.« Donleavy lehnte sich bequem zurück und füllte seine Pfeife. Er musterte heimlich seinen Begleiter. Pelham-Wood saß kerzengerade und beobachtete wachsam die unter ihnen vorbeieilende Landschaft Surreys. Armer Pelham-Wood. Eton, Sandhurst, Offizier mit hohen Auszeichnungen für seine Dienste im Nahen Osten und Pakistan! Und jetzt dieser Job als Hauptwachhund eines ehemaligen Gewerkschaftssekretärs mit zweitklassiger Schulbildung, eines Demagogen, der es nicht wert war, die Stiefel eines Offiziers und echten Gentlemans zu putzen. Denkst du wohl noch mit Sehnsucht an die Zeit, da du mit deiner Brigade schlechtausgebildete, halbverhungerte Wogs in den Tod schicktest und dich des nachts in den Armen von Woghuren vergnügtest?
    Aber auch hier kämpfst du gegen Wogs. Wogs, die versuchten mich zu töten, mich, den Premier Ihrer alternden Majestät, und gleich dreimal in den vergangenen sechs Monaten. Wogs in teuren Maßanzügen, deren Geburtsort Hampstead, Glasgow, Birmingham und andere britische Städte ist. Kluge Wogs mit Hochschulbildung und einer so tadellosen Aussprache wie deine eigene. Wohlhabende Wogs, die vom Schweiß ihrer eigenen Leute fett geworden sind. Arbeitsscheue Wogs, die von der Milch und dem Honig des britischen Wohlfahrtsstaats leben. Arrogante Wogs, die von ihren Rechten brüllen und verlangen, daß der weiße Mann ihnen die Führung über ihr eigenes Land überläßt!
    Schon Ende der sechziger Jahre hatte Enoch Powell versucht, vor der Gefahr zu warnen. Doch niemand hatte auf ihn hören wollen. Natürlich war er nicht der einzige gewesen, dem nicht gefiel, was vorging, aber die anderen hatten nicht den Mut, zu ihrer Meinung zu stehen, weil zu der Zeit Rassismus verschrien war. Powell war seiner Einstellung wegen sogar von seiner eigenen Partei abgelehnt worden.
    Ich wurde höchstpersönlich in die Sache hineingerissen. Ich hatte eine jüngere Schwester, Mary. Sie war ein liebes Mädchen, fröhlich und intelligent. Bildhübsch war sie mit fünfzehn, mit ihrem rabenschwarzen Haar und den feingeschnittenen Zügen. Ihre Haut war fast durchscheinend hell, und sie wirkte so fragil mit ihren schmalen Gliedern, daß man befürchtete, sie würde wie eine Meißener Figur zerbrechen, drückte man sie kräftig an sich.
    Das war mit fünfzehn. Ehe sie ihren sechzehnten Geburtstag feiern konnte, war sie tot, eine verseuchte Hure, mit Armen und Beinen dicht von Geschwüren bedeckt, ein Sack schlaffer Haut, der wie ein achtzigjähriger Krebspatient auf der Steinplatte im Leichenschauhaus lag. Die letzten drei Monate ihres Lebens hatte sie sich an Straßenecken für ein paar Kupfermünzen verkauft, und die meisten gab sie an den lächelnden Whango Smith weiter, den glücklichen braunen Boy, der sie an Drogen gewöhnt und vergewaltigt hatte, während sie in ihrer Euphorie auf einem dreckigen Immigrantenbett lag. Whango Smith, ein echter Zweitgenerationsimmigrant aus
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