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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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Schmerzes und ließ sie schließlich auf dem warmen, nachglühenden Strand der Zufriedenheit zurück. Flower lag eine Weile eins mit dem Universum und völlig ruhig, sich ganz ihren Gefühlen hingebend, bis die Ruhelosigkeit von Victors wanderndem Geist sie schließlich störte.
    »Etwas stimmt nicht«, murmelte sie. Sie stützte sich auf einen Ellbogen und schaute auf seine angespannten, bleichen Züge.
    Er öffnete die grünen Augen. Sie las den Schmerz tief in ihnen, als er sagte: »Ich habe dich verloren. Ich spüre es bereits.«
    »Unsinn! Ich bin jetzt hier bei dir.« Manchmal fragte sie sich, ob Victor Becky Schofields Gabe hatte, in die Tiefe der vierten Bewußtseinsebene zu dringen, wo alle Zeit zugleich war.
    »Jetzt, ja – aber was steht uns bevor? Du wolltest, daß ich mit deinem Vater spreche, weil du dich bereits entschlossen hast. Du gehst nach Jamaika mit ihnen, nicht wahr?«
    »Ich gehöre zur Familie.«
    Er seufzte. Die senkrechte Stirnfalte zwischen den Brauen vertiefte sich, als er zu ihr hochblickte. »Sam glaubt, ich will dich nicht heiraten. Vielleicht meint er, ich bin einer dieser jungen Anglos, die sich was darauf einbilden, wenn sie eine Zeitlang ihren Spaß mit einer Andersfarbigen gehabt haben.«
    »So ein Blödsinn! Sam glaubt nichts dergleichen, sonst wärst du überhaupt nicht zur Party eingeladen worden.«
    »Ich bitte dich erneut, mich zu heiraten.«
    Das also war der Grund seiner Anspannung, die sie tief in ihm gespürt, aber nicht identifizieren hatte können. Sie kämpfte gegen das Verlangen an, ihn in die Arme zu schließen und lehnte sich ein wenig zurück.
    »Victor, du lebst viel zu sehr in deinem eigenen, privaten Land des Geistes, um fähig zu sein, wirklich zu teilen«, sagte sie traurig. »Du könntest nie jemandem echt gehören. Du nimmst dir von anderen, was du gerade brauchst – und du gibst auch, aber es ist kein dauerhafter Zustand. Ich und meine Familie, das ist etwas, das sich nie ändern wird. Sie sind ein Teil von mir, und ich bin ein Teil von ihnen, auf einer viel tieferen Ebene, trotz allem, was dich und mich miteinander verbindet. Du bist kein Teil von mir, noch von sonst jemandem – du bist dein eigener Herr, und das weißt du auch. Wie heißt es so schön? Wer allein reist, kommt am schnellsten voran. Du bist ein Reisender, weil du so geschaffen bist. Ich spreche jetzt nicht von unwichtigen kleinen Dingen wie Treue in sexueller Hinsicht. Ich spreche von dieser sorgfältig gehüteten Flamme tief in deinem Geist, die dich zu dem macht, was du bist, von diesem Ort, zu dem außer dir niemand Zutritt hat. Ich liebe dich, Victor – und du kommst immer wieder zu mir zurück, weil das, was wir gemeinsam haben, etwas Besonderes ist, etwas, das noch niemand je zuvor dir oder mir geben konnte. Aber irgendwann muß es enden. Vielleicht ist diese Repatriierung die Antwort. Gott weiß, ich möchte nicht von hier fort, möchte nicht nur nicht mit dir Schluß machen, sondern auch nicht mit dem Verband, der so viel für mich getan hat. Aber vielleicht ist das wirklich die einzige Weise, einen sauberen Schlußstrich zu ziehen. Jede andere Trennung könnte wie ein Eitergeschwür sein – denn ich will einmal heiraten, so bin ich geschaffen. Und wenn ich den Mann finde, der mich für immer für sich haben will, ist es gut, denn selbst wenn ich dich weiter lieben werde, wird die räumliche Entfernung mich davon abhalten, in deine Arme zu eilen.«
     

 
2.
     
    George Donleavy mochte dieses Sprechzimmer mit seiner protzerischen Eichentäfelung nicht, und ihn irritierte der dicke kleine Mann hinter dem Schreibtisch. Für seinen Beruf wirkte Sir James Bandry, Donleavys Meinung nach, zu aufgeblasen.
    »Aber Sie müssen doch etwas für sie tun können!« Er hatte um die Wahrheit gebeten, aber jetzt wollte er sie nicht glauben. Doch selbst als Laie war ihm sofort beim Erwachen klar geworden, daß Ellas Zustand ernst war. Der Anblick ihres gezeichneten Gesichts, ihr schlaff herunterhängender Mund, die schreckerfüllten Augen, die ihn aus dem Kissen anstarrten, ließen keinen Zweifel offen, daß sofort etwas unternommen werden mußte. Er hatte versucht, zu ihr zu sprechen, und als er erkannte, daß sie nicht fähig war, ihm zu antworten, hatte er keine Zeit mit Mitleidsbezeigungen vergeudet, sondern sofort seinen Hausarzt angerufen.
    Bis Maelson etwa fünfzehn Minuten später kam, trug Donleavy bereits einen seiner Donegaltweedanzüge, die so sehr Teil seines öffentlichen Images
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