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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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der Gefahr, die er Cass’ oberster Ebene entnahm. »Sie haben vielleicht nichts dagegen, als große Helden angesehen zu werden, aber keinesfalls werden Sie den Tod so philosophisch aufnehmen wie Sie. Und auch das wissen Sie verdammt gut.«
    Cass wirbelte mit wutfunkelnden Augen herum. Sein Revolver war auf Victor gerichtet. »Kein Wort mehr, oder ich schieße Ihnen eine Kugel in den Schädel. Und jetzt verschwinden Sie mir aus den Augen, stinkender Anglobastard!«
    Victor stand auf. »Also gut, Cass, wenn Sie es so wollen …« Er verließ das Zimmer. Seine Sympathie für diesen einsamen Menschen überwältigte ihn fast. Armer Cass! Wenn nicht so viele andere mitgerissen würden, wäre es vielleicht eine Freundschaftstat, ihn sein Märtyrertum, auf das er so versessen war, erlangen zu lassen. Angenommen, Donleavy wäre allein davon betroffen, so könnte man es vielleicht noch als einen Akt der Gerechtigkeit hinstellen. Aber der sinnlose Mord an Ella, Sylvia, John Anderson und all den anderen Unschuldigen durfte nicht zugelassen werden. Ihm blieb keine Wahl, als die schreckliche Verantwortung, die man ihm zugeschoben hatte, anzunehmen.
     
    Victor legte sich in der warmen Dunkelheit auf sein Bett und versuchte, sich geistig und moralisch auf das, was er tun mußte, vorzubereiten. Trotz allem, was vorgefallen war, betrachtete er Cass nach wie vor als Freund.
    Cass hatte das Recht, ergrimmt über das zu sein, was seinen Leuten angetan wurde, und es war sein Recht zu versuchen, etwas dagegen zu tun – aber was seine Methoden anbelangte, war er fehlgeleitet und im Unrecht. Selbst eine gute Sache konnte durch die Anwendung unrechter Mittel zu einer schlechten werden …
    Aber wie konnte er sich für moralischer halten, wenn das, was er zu tun vorhatte, das oberste Gebot für einen Psi verletzte: Ich werde nie meine Kräfte benutzen, um einem Mitmenschen auf irgendeine Weise Schaden zuzufügen … Dieses Gebot war eindeutig, und es gab keine Ausnahmen.
    Wütend schüttelte er den Kopf. Gebote wie die des Verbands konnten ganz einfach nicht für alle Situationen gültig sein. Sie waren bewußt allgemein gehalten, und mußten letzten Endes mit dem Gewissen des einzelnen vereinbart und auf die Situation zugeschnitten werden. Und das bedeutete, daß er genauso einsam wie Cass war …
    Nein, Victor! Wie oft versicherten Sie selbst mir, daß ein Psi nie allein ist! Ellas sanftes Gedankenmuster schob sich über seines und vermischte sich mit ihm.
    Sie verstehen, was ich tun muß?
    Sie erklärten mir ja die Folgen einer solchen Manipulation ziemlich drastisch, als ich mich weigerte, meine Verbindung mit George zu benutzen, um Ihnen zu helfen.
    Dann ist Ihnen auch klar, daß es gnädiger wäre, ihn zu töten?
    Aber das würde nicht den gleichen Zweck erfüllen, nicht wahr?
    Einen im Grunde so anständigen und hellen Geist zu vernichten, kann nichts anderes als ein Verbrechen sein!
    Das sein muß, um ein viel größeres zu verhindern!
    Ich weiß nicht – wie mißt man solche Mengen, löst solche Gleichungen?
    Das größte Wohl für die größte Anzahl?
    Es muß ganz einfach mehr als das sein!
    Na gut, dann fragen Sie sich, was Becky an Ihrer Stelle getan hätte.
    Das gleiche, was sie ihr ganzes Leben getan hat. Was immer auch der Preis war, sie folgte ihrem Gewissen.
    Können Sie etwas anderes tun?
    Ella, der neugeborene Psimensch, hatte recht. Es durfte keinen Kompromiß geben. Was zu tun war, mußte getan werden, und mit den Konsequenzen mußte er leben.
    Danke, Ella. Sie haben mir gezeigt, was meine Verpflichtung ist. Wenn Sie sich nun zurückziehen würden – ich muß anfangen.
    Noch eines …
    Ja?
    Wenn das alles vorbei ist, habe ich auch eine Verpflichtung – Ihnen gegenüber.
    Mir?
    Ja. Ich muß Ihnen helfen, indem ich meinen Rapport mit George benutze, um so allmählich seine Einstellung zu ändern, daß er glaubt, es käme aus ihm selbst. Was meinen Sie, können wir das gemeinsam schaffen?
    Ich bin überzeugt, daß wir es können! Ella, was Sie mir gerade versprochen haben, wird mir das, was ich tun muß, zumindest ein wenig erträglicher machen.
    Gott segne Sie, Victor.
    Er spürte, wie ihr Geist sich von seinem löste, bis er wieder allein in der Dunkelheit mit seiner schrecklichen Verpflichtung war.
    Er zwang seinen Körper, sich zu entspannen. Dann begann er seine Psiwahrnehmung zu erweitern und in dem stillen Haus nach Cass Delahoys Geist zu suchen. Cass würde morgen die edle Geste machen, die so viele
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