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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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Die Zitadelle wird anfangs natürlich meine Befehle ausführen, aber früher oder später wird sich doch einer dort sagen, daß die Regierung Ihrer Majestät sich nicht endlos erpressen lassen darf, egal welche Folgen es hat. Was ist dann?«
    »Dann wird Cass handeln müssen.«
    »Indem er Ella foltert? Sie würden das zulassen?«
    »Sie wissen verdammt gut, daß ich das nicht täte!«
    »Was würden dann Sie in einer solchen Situation tun?«
    »Das käme wohl darauf an, welche Möglichkeiten ich habe, nicht wahr? Aber es ist zweifelhaft, daß irgend etwas, das ich tun kann, gegen eine Streitmacht wie Cass’ viel ausrichtet.«
    »Sagen wir, Sie würden ihn töten.«
    »Das wäre das Dümmste überhaupt«, erwiderte Victor hart. »Ohne Cass würde es kein Halten mehr geben. Innerhalb weniger Stunden lebte kein einziger Anglo mehr auf der Insel – abgesehen vielleicht von den Frauen, mit denen die Rastas sich noch eine Weile vergnügen würden.«
    »Selbst wenn ich tue, was Delahoy verlangt, wird das Ganze schließlich doch in einem Blutbad enden, das ist Ihnen doch klar?«
    »Sie haben vermutlich recht, aber wir können zumindest Zeit gewinnen und hoffen, daß sich noch irgendwie eine Chance für uns ergibt.«
    Donleavy sog eine ganze Minute lang nachdenklich an seiner kalten Pfeife. »Also gut«, sagte er schließlich. »Sagen Sie Delahoy, daß ich bereit bin, zur Zitadelle zu sprechen.«
     
    »Ist es wirklich wahr, daß George sich ihnen gefügt hat?« fragte Ella, als Victor zur Nachmittagstherapiestunde in ihr Zimmer kam.
    »Einstweilen.«
    Sie runzelte die Stirn. »Das sieht ihm aber gar nicht ähnlich. George beugt sich keinem, wenn er sich im Recht glaubt.«
    »Normalerweise sicher nicht, aber hier ist es etwas anderes. Die Rastas drohten, jeden auf der Insel umzubringen, wenn er nicht tut, was sie verlangen. Er wagt es nicht, dieses Risiko einzugehen.«
    »Glauben Sie denn, daß sie diese Drohung wahr machen würden?«
    »Wenn ein anderer als Cass der Kopf wäre, hätten sie bereits zumindest all die getötet, die sie nicht unmittelbar für ihre Zwecke brauchen. So viele Menschen in Schach zu halten, ist nicht einfach. Haben Sie den Lärm vor etwa zwei Stunden unten im Städtchen gehört?«
    »Ja – ich fragte meinen Gefangenenwärter, aber ich bekam keine Antwort.«
    »Einem der Sicherheitsbeamten gelang es, aus der Schule zu fliehen, in der man sie festhält. Er schaffte es bis zu einem Fischerboot, ehe sie ihn erwischten.«
    »Sie erschossen ihn?«
    »Sie hatten keine andere Wahl. Er hätte sich nie lebend wieder festnehmen lassen. Danach versenkten sie sämtliche Fischerkähne, um sicherzugehen, daß das gleiche nicht noch einmal passieren würde. Ich glaube, sie werden aus dem gleichen Grund auch das Fährschiff versenken, wenn es heute nachmittag anlegt.«
    »Aber dieser Cass Delahoy muß doch selbst wissen, daß er die Insel nicht auf die Dauer halten kann.«
    »Das braucht er auch gar nicht.«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Das hier ist eine Episode, nicht die endgültige Lösung. Cass will eine weltweite Aufmerksamkeit auf die Notlage seiner Leute lenken. Ich glaube, er erwartet gar nicht, Telfan lebend verlassen zu können.«
    »Dann muß er ein absoluter Fanatiker sein.«
    »Aus unserer Sicht, vielleicht. Aber für seine Leute wird er zum Helden werden und sie so zum Widerstand ermutigen.«
    »Und als was sehen Sie ihn?«
    »Als tapferen, fehlgeleiteten Toren«, erwiderte Victor. »Ein Don Quijote im falschen Zeitalter, der die falschen Waffen in einem hoffnungslosen Kampf benutzt.«
    »Sie mögen ihn sehr, nicht wahr?«
    »Ja. Ich kann nicht erwarten, daß Sie verstehen, weshalb, aber es gibt so manches an ihm, das ich bewundernswert finde. Ganz abgesehen davon ist er für mich meine letzte lebende Verbindung mit Flower.«
    Ellas Gesicht wurde weicher. »Ich verstehe Sie sehr gut«, sagte sie sanft. »Deshalb wird es sehr schwer für Sie sein, zu tun, was getan werden muß, nicht wahr?«
    Er lächelte sie liebevoll an. »Ich muß verrückt gewesen sein, eine gedankenlesende Hexe wie Sie anzulernen.«
     
    Cass und Victor aßen im großen Speisezimmer miteinander zu Abend. Der Führer der Rastas schien sehr zufrieden mit den Erfolgen seines ersten Besatzungstags zu sein. Er war bester Stimmung, als sie abschließend noch Kaffee mit Rum in der zunehmenden Dunkelheit tranken.
    »Sie machen Ihre Sache gut, Doc«, lobte er grinsend. »Donleavy hat alle meine Anordnungen an die Zitadelle
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