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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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weitergegeben.«
    »Das wohl, aber welche Gewißheit haben Sie, daß man sie auch ausführen wird?«
    »Mann, halten Sie mich für dumm? Einer meiner ersten Befehle war, daß ausnahmslos alles von den Medien veröffentlicht werden müßte. In den Nachrichten der BBC wurde bekanntgegeben, daß um siebzehn Uhr bereits alle verhafteten Immigranten freigegeben worden waren.«
    »Und berichtete man von Ihrer Invasion hier?«
    »Selbstverständlich auch. Das war eine der Bedingungen. Die ganze Welt hörte davon. Nun nehmen die Menschen endlich Notiz von unserer Lage.«
    »Ich weiß nicht so recht …«
    »Na, na, Doc. Das ist eine Sensation …«
    »Das leugne ich nicht«, sagte Victor. »Aber die Menschen haben genug von den Entführungen und terroristischen Erpressungen in den vergangenen zwanzig Jahren. Ist Ihnen noch nicht der Gedanke gekommen, daß Sie dadurch eher Sympathien verlieren als gewinnen könnten?«
    »Manchen gefällt es vielleicht nicht, aber andere wird die Tatsache beeindrucken, daß wir endlich handelten.«
    »Das hängt doch sicher davon ab, wie die Sache berichtet wird?«
    »Wer auf unserer Seite ist, wird es in jedem Fall richtig verstehen.«
    »Möglich. Aber was ist mit denen, die Sie sich immer noch bemühen zu überzeugen?«
    »Doc, Sie sind ein feiner Kerl, und ich mag Sie, aber versuchen Sie nicht, mir alles zu vermiesen.«
    »Das ist nicht meine Absicht, Cass. Ich möchte nur, daß Sie in der von Ihnen geschaffenen Situation einen klaren, kühlen Kopf bewahren. Was, zum Beispiel, wird passieren, wenn man in der Zitadelle beschließt, Ihren Forderungen nicht mehr nachzugeben? Wenn sie sich weigern, werden Sie Ihre Drohungen wahr machen müssen, und sobald Sie keine Geiseln mehr haben, haben Sie auch nichts mehr, womit Sie Druck ausüben könnten.«
    »Bis dahin werde ich durchgesetzt haben, was ich wollte.«
    »Und was geschieht danach?«
    »Danach?« Cass zündete sich eine Zigarre an. »Es gibt kein Danach, Doc. Sie glauben doch selbst nicht, daß ich damit gerechnet habe, hier lebend herauszukommen?«
    Die Frage hatte lediglich als Bestätigung für Victors Vermutung gedient. Wenn Cass weiterhin die Sache unter Kontrolle behielt, hatten nur wenige Menschen auf der Insel eine Überlebenschance – und von den Geiseln bestimmt kein einziger.
    »Cass, es braucht doch keine Selbstmordmission zu sein. Wenn Sie Ihre Rolle vernünftig spielen, könnten Sie soviel weltweite Publicity bekommen, wie Sie nur wollen, und dazu noch verdammt viele Sympathien mehr. Sie sind im Augenblick in einer starken Position. Das Wirkungsvollste wäre jetzt eine noble Geste, solange Sie noch die Oberhand haben.«
    »Was verstehen Sie unter einer noblen Geste?«
    »Ganz einfach. Statt weitere Forderungen zu stellen, auf die die Regierung höchstwahrscheinlich sowieso nicht mehr eingeht, sollten Sie erklären, daß Sie im Augenblick erreicht haben, was Sie wollten, und daß Sie beabsichtigen, die Insel ohne Geiseln zu verlassen, vorausgesetzt, man verspricht Ihnen freien Abzug für Sie und ihre Männer zum Ort Ihrer Wahl.«
    Cass schüttelte den Kopf. »Nein, Doc. Das geht nicht!«
    »Warum denn nicht, um Himmels willen? Wenn Sie ihnen nicht vertrauen, dann nehmen Sie Donleavy als Garantie mit und lassen ihn frei, sobald Sie angekommen sind, wo immer Sie auch hin wollen. Es gibt viele Orte, wo man Ihnen gern Asyl bieten und Sie als Helden feiern würde.«
    »Sie vergeuden Ihren Atem, Doc.« Cass erhob sich und trat ans Fenster. Mit dem Rücken zu Victor schaute er zum Mond hoch.
    »Sie sind entschlossen, den Märtyrer zu spielen, habe ich recht?«
    »Hören Sie auf, Doc. Ich will nichts mehr hören.«
    »Persönliches Märtyrertum ist eines«, sagte Victor, entschlossen, die Sache bis zum bitteren Ende zu verfolgen, »aber so viele Menschen mit in den Tod zu nehmen, ist etwas anderes. Es käme zu einem Blutbad und zu Grausamkeiten, die absolut keinen moralischen Zweck mehr erfüllen. Von den Geiseln abgesehen, was ist mit Ihren eigenen Leuten? Sind alle so überzeugt wie Sie, daß hier auf Telfan zu sterben eine so gute Idee ist? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Batchy, beispielsweise, sehr glücklich darüber wäre, zu hören, daß Sie sein Ende geplant haben …«
    »Genug, Victor!« Cass’ Stimme klang scharf, und seine Rechte griff unwillkürlich zum Revolver an seinem Gürtel.
    »Sie wissen genausogut wie ich, daß die meisten von ihnen einfach nicht so weit gedacht haben«, fuhr Victor hartnäckig fort, trotz
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