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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns
Autoren: Dan Morgan
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behandeln?«
    »Nein. Wenn meine Diagnose stimmt, brauchen Sie einen Spezialisten. Ihre Krankheit ist glücklicherweise noch im Anfangsstadium, und es besteht deshalb eine große Chance, sie völlig auszuheilen.«
    »Dann haben Sie vermutlich mein Leben gerettet, weil Sie mich jetzt untersuchten. Aber keine Angst, ich werde Ihnen nicht durch weitere dumme Fragen lästig fallen. Also, vereinbaren Sie einen Termin mit diesem Spezialisten, doch erst wollen wir uns einmal ein gutes Frühstück gönnen.«
    Victor folgte Anderson aus dem Zimmer. Er erinnerte sich Ellas Worte: »Er ist ständig mit Organisation und Planung von allem möglichen beschäftigt, als erwarte er, ewig zu leben.« Ewig waren für einen Menschen, der an lymphatischer Leukämie litt, gewöhnlich fünf Jahre gewesen, aber mit den neuen Mitteln dürften die Chancen bedeutend größer sein.
     

 
12.
     
    Kurz vor Mitternacht wünschte Sylvia ihrem Vater und den Gästen – auch Combridge, der inzwischen offenbar eingesehen hatte, daß Sylvia an seinen Aufmerksamkeiten nicht interessiert war – eine angenehme Ruhe und zog sich zurück. Bald darauf brachte Victor Ella zu einer Therapiestunde auf ihr Zimmer. Später, in seinem eigenen, schaute er zum offenen Fenster hinaus und wunderte sich über seine Unruhe, die er nicht identifizieren konnte. Die Entdeckung von Andersons Krankheit hatte ihn zwar mitgenommen, aber ein Gespräch mit Napier am Nachmittag war sehr erfreulich gewesen. Die Chancen für eine völlige Heilung standen sehr gut. Trotzdem quälte ihn etwas, es war wie eine Vorahnung, die sich auf logische Weise nicht erklären ließ.
    Es hatte keinen Sinn, jetzt ins Bett zu gehen, er konnte unmöglich schlafen, also beschloß er, einen kurzen Spaziergang zu machen. Als er über den Gartenweg schlenderte, hörte er ein Platschen im Schwimmbecken. Er hatte zwar jetzt keine Lust, sich zu unterhalten, aber …
    Plötzlich entschlossen rannte er zum Swimmingpool. Sylvia stand auf dem Sprungbrett, etwa zehn Meter entfernt. Während er sie noch beobachtete, hob sie die Arme und sprang grazil ins Wasser. Er war sich nicht einmal sicher, ob sie ihn gesehen hatte, bis sie nur ein paar Schritte von ihm entfernt an die Oberfläche tauchte.
    »Worauf warten Sie noch?« fragte sie. »Was gibt es an einem solchen Abend Schöneres als Schwimmen?« Victor grinste. »Sie haben mich überredet.« Er schritt um das Becken herum zu dem kleinen Umkleidehäuschen. Schon ein paar Minuten später tauchte auch er ins Wasser, das ihn wie weiche Seide umschmeichelte. Sylvia schwamm mit der Geschmeidigkeit eines Delphins. Die Art, wie sie beide sich schließlich durch das Wasser bewegten, war wie ein altes Ritual, das die Rückkehr des Menschen in das Urelement symbolisierte. Doch allmählich wandelte es sich zu einem sehr persönlichen Bewegungsmuster, das zu ihrem höchsteigenen Paarungstanz wurde.
    Er hob sie aus dem Wasser und spürte, wie sie unter seinen Fingern erzitterte, als er sie zum erstenmal umarmte. Er gab sie frei, und sie rannten gemeinsam zum Haus. Zwischen ihnen waren keine Worte nötig. Jeder erkannte das Verlangen des anderen, ohne daß sie darüber sprechen mußten.
    Ihre Vereinigung war vollkommen, sie erfüllte das Versprechen ihres Paarungstanzes, und noch mehr. Hinterher lagen sie ruhig und zärtlich umschlungen beisammen. »Vom ersten Augenblick an, als ich dich gestern auf dem Fährschiff sah, wußte ich, daß es dazu kommen würde«, sagte Sylvia.
    »Und ich hoffte es«, erwiderte Victor sanft. Er wußte, daß das ewig Weibliche in ihr nicht erfreut gewesen wäre, wenn er ihr gestanden hätte, daß er nicht weniger sicher gewesen war. Was sie ihm gegeben hatte, war viel mehr als ein einfaches Sexerlebnis. Es war die Wiederbestätigung seiner Männlichkeit, und die Rückkehr seines Mutes zu einer solchen Intimität. Es befreite ihn endlich von seiner Angst, die ihn seit Flowers Tod gequält hatte, obgleich er sie nicht einmal sich selbst zugegeben hatte.
     
    Er erwachte ruckartig. Alarmglocken schrillten lautlos in seinem Kopf. Hellwach stützte er sich auf einen Ellbogen. Das erste Gold des Morgens färbte bereits die flaumigen Federwolken. Am Rand des Schwimmbeckens konnte er schattenhaft dunkelgekleidete Gestalten entlangschleichen sehen. Er schaute ihnen nach, bis sie in Richtung Haus verschwanden.
    »Was ist los?« Sylvias Augen wirkten riesig in dem Dämmerlicht.
    Victor hob warnend einen Finger an die Lippen, als eine weitere Gestalt
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