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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition)
Autoren: Siba Shakib
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er zurück ins Zimmer unter sein Korssi.
    Seine Enkelin Aftab wird mit jedem Jahr ihrer Mutter Sahra ähnlicher. Alexander verlässt sein Zimmer so gut wie nie.
    Bettler kommen an die Tür.
    Freunde, Verwandte, vollkommen Fremde finden Unterschlupf im Gärtnerhaus oder einem der vielen Zimmer im Haupthaus.
    Eskandar-Agha hockt vor dem Radio und dem Fernseher. Warum tragen die Frauen noch immer Kopftuch?, fragt er, Schließlich ändern die Zeiten sich, und wir müssen uns mit ihnen verändern.
    Aftab überredet ihren Großvater, mit ihr in den Garten hinauszugehen, und lässt sich von ihm zeigen, wie man Rosenstöcke und Obstbäume beschneidet.
    Aftab kommt von der Schule nach Hause und sagt: Sie haben Mädchen den Sportunterricht gestrichen. Nun werde ich steif und ungelenkig werden.
    Das muss nicht sein, antwortet Eskandar-Agah. Du kannst im Garten deine Übungen machen.
    Aber nur, wenn Sie mitmachen, sagt Aftab.
    Jetzt müssen wir dem Emam danken, sagt Nimtadj zu ihrer Nichte und filmt den turnenden Eskandar-Agha. Wenn du es schaffst, dass er das jeden Tag macht, bekommst du von mir eine richtig große Belohnung.
    Es ist wie ein Wunder, sagt Roxana-Khanum, unser Eskandar-Agha wird wieder richtig jung. Das will ich auch, sagt sie und macht nicht nur selber bei den täglichen Übungen im Garten mit, sondern zwingt auch ihren Farrokh-Agha dazu.
    Was machst du?, fragt Eskandar-Agha, als er Nimtadj inmitten ihrer Filmschnipsel sieht.
    Einen Film über die streikenden Ölarbeiter, antwortet sie.
    Die Ölarbeiter streiken?
    Sie wollen Ayatollah-Khomeini an sein Versprechen erinnern, dass er ihnen höhere Löhne und eine Beteiligung an den Gewinnen aus dem Petroleumgeschäft versprochen hatte.
    Wenn du willst, gebe ich dir Bilder der Ölarbeiter aus der Zeit von Mossadegh, sagt Eskandar-Agha. Oder meine Notizen über die Ölarbeiter aus der Zeit von Resa-Khan.
    Was wird als Nächstes geschehen?, fragt Nimtadj.
    Als Nächstes?, fragt Eskandar-Agha und überlegt. Als Nächstes fließt immer Blut, sagt er und behält recht.
    Sowohl zu den Ölarbeitern als auch zu den Kurden schickt die Regierung Soldaten, Panzer und Kampfjäger.
     
    Nimtadj bringt einen neuen Gast im Gärtnerhaus unter. Er ist ein Journalist und hat einen Artikel von Amnesty International vervielfältigt und verteilt.
    Was steht in dem Artikel?, fragt Eskandar-Agha.
    Täglich werden fünfzig, manchmal sogar mehr als hundert Menschen hingerichtet.
    Schick deinen Freund über die Berge in den Norden, sagt Eskandar-Agha und fragt, worüber wird dein nächster Film sein?
    Weiß ich noch nicht, lügt Nimtadj.
    Lüg nicht, sagt Eskandar-Agha.
    Ich bin über vierzig Jahre alt. Ich werde doch wohl machen können, was ich will.
    Und was sollte das sein?
    Schaltet den Fernseher ein, ruft Roxana-Khanoum aufgeregt. Es ist Krieg. Ich habe es gerade im Radio gehört. Saddam hat uns angegriffen. Sie sagen, die Amerikaner haben ihn unterstützt, und er hat den Süden unseres Landes angegriffen.
    Er verstößt gegen alle internationale Konventionen, und die Amerikaner und europäische Länder unterstützen ihn dabei, sagt der Nachrichtensprecher in die Kamera.
    Nun haben die Farangi also Iraks Armee aufgerüstet und Saddam zu einem blutrünstigen Diktator gemacht, sagt Nimtadj. Er soll erreichen, was sie selber nicht geschafft haben, und uns in die Knie zwin gen.
    Ich weiß, was du denkst, sagt Eskandar-Agha. Lass es. Du nützt niemandem damit, wenn du dich in Gefahr begibst. Denk an deine Mutter, an deine Nichte und deinen Bruder.
    Das habe ich immer getan, antwortet Nimtadj und tut, wie Eskandar-Agha ihr rät, und geht nicht in den Süden, um das Kriegsgeschehen zu filmen.
    Doch gegen Ende des Krieges lässt Saddam im Dorf Halabdja, wo vorwiegend Kurden leben, chemische Waffen einsetzen. Er richtet ein regelrechtes Massaker an. Über 5000 Kinder, Frauen und Männer werden binnen weniger Stunden durch das Gas ermordet. Nun können weder Eskandar-Agha noch sonst jemand Nimtadj davon abhalten, in das kurdische Dorf zu reisen. Heimlich und auf gefährlichem Weg geht sie allein über die Grenze.
    Frauen mit Kindern auf dem Arm, die sie schützend an sich pressen, Menschen auf der Flucht sind einfach umgefallen und liegen einer neben dem anderen, als hätte jemand sie ordentlich in eine Reihe gelegt. Sie sehen aus, als würden sie jeden Moment wieder aufstehen und dort weitermachen, wo sie gerade aus dem Leben gerissen worden sind.
    Nimtadj muss sich die Worte, die sie zu ihren
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