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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition)
Autoren: Siba Shakib
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diktiert Eskandar-Agha.
    Das ist alles?
    Das ist alles.
    Da fehlt noch etwas, sagt Aftab und liest laut mit, während sie es schreibt: Damit die Erinnerungen nicht verloren gehen.
    Damit die Erinnerungen nicht verloren gehen, sagt Eskandar-Agha und tätschelt seiner Enkelin den Kopf. Kleb den Zettel in deinen eigenen Notizblock, damit er nicht verloren geht.
    Und jetzt gib mir den Stift und meinen eigenen Block, sagt Eskandar-Agha und schreibt: Während die Welt glücklich ist, dass die Geiselnahme in der Botschaft der Amrikai zu Ende ist, beklagt das Volk der Kurden, dass es bis heute die versprochene Freiheit nicht bekommen hat.
    Eskandar-Agha schreibt und schreibt, schließlich sagt er, ich bin müde und kann nicht mehr schreiben, ich will etwas diktieren.
    Diktieren Sie, sagt Nimtadj und setzt sich zum alten Eskandar-Agha.
    Schreib bitte Folgendes: Seit die Grenzen des Landes wieder offen sind, wird der alte Eskandar-Agha nicht müde, seiner verehrten Roxana-Khanum nahezulegen, es zu tun wie alle anderen, die über das nötige Geld und ein Visum verfügen. Hast du das?, fragt Eskandar-Agha.
    Ja, habe ich, sagt Nimtadj und muss lachen, denn sie weiß, wie sein Text weitergehen wird. Agha, Sie wissen doch, dass meine Mutter im Iran bleiben will.
    Aber hier seid ihr nicht sicher, sagt Eskandar-Agha. Denkt wenigstens an die Kleinen unter uns, sagt er und deutet auf seine Enkelin Aftab.
    Und was wird aus Ihnen, wenn wir gehen?, fragt Aftab.
    Wenn wir überhaupt gehen sollten, dann nehmen wir ihn natürlich mit, antwortet Roxana-Khanum.
    Einen alten Baum wie mich kann man nicht verpflanzen, sagt Eskandar-Agha.
    Wartet es nur ab, antwortet Roxana-Khanum, dieser alte Baum wird uns alle noch überleben.
    Ich werde nirgendwohin gehen, erklärt Agha-Farrokh. Der Iran ist meine Heimat, und ich bleibe. Wir haben doch alles, was wir zum Leben brauchen. Auslauf im Park, ein großes Haus, das Gärtnerhaus, sogar zwei Pavillons. Die meisten Menschen in unserem Land müssen sich mit wesentlich weniger begnügen.
    Wir können Leute zu uns einladen, damit sie bei uns wohnen, sagt Aftab und meint es vollkommen ernst.
    Vielleicht sollten wir das tun, sagt Nimtadj. Ayatollah-Khomeini jedenfalls hat sein Versprechen gehalten und eine Organisation, die Bonyad-e Mosta-zafin, gegründet, die sich um die Armen kümmern soll.
    Und woher hat er das Geld?, fragt Agha-Farrokh.
    Das ist nationales Eigentum, antwortet Nimtadj. Die königliche Familie hat es dem Volk weggenommen, und nun wird es dem Volk wieder zugeführt. Das ist gut.
    Ich bete zu Gott, dass der Emam und sein Bonyad es schaffen, dem Hunger und Leiden, der Rückständigkeit und Armut in unserer Heimat ein Ende zu bereiten, sagt Eskandar-Agha und schickt ein kleines Gebet zum Himmel direkt über sich.
    Der Kaiser und sein Clan sind viel reicher und mächtiger gewesen, als irgendjemand es sich hätte vorstellen können. Hunderte Fabriken, Handelsunternehmen, Farmen, Apartmenthäuser, ganze Kaufhäuser, Bürogebäude, sogar die größten Nachrichtenagenturen und Krankenhäuser haben sie sich unter den Nagel gerissen.
    Agha-Farrokh zuckt die Schultern. Gehört es jetzt dem Volk?
    Sie bauen Straßen, sagt Eskandar-Agha, aber niemand beachtet ihn. Das ist schlau von ihnen, sagt er wieder ungehört. Denn dass er nicht genügend Straßen gebaut hat, um den Zugang zu den Dörfern leichter zu machen, ist einer der größten Fehler des Kaisers gewesen, sagt Eskandar-Agha und findet endlich Zuhörer.
    Sie haben recht, sagt Nimtadj. Die religiösen Propagandamacher, zu denen auch eine bestimmte Person gehört hat, die wir kennen, sagt Nimtadj -
    - meinst du meinen Vater?, fragt Aftab.
    Nimtadj ignoriert sie und sagt, Wochen und Monate haben die Religiösen sich in den Dörfern und Ortschaften aufgehalten, und weil nicht einmal ein Schotterweg in die Dörfer geführt hat, konnten sie ungestört die Leute für sich gewinnen. Und der SAVAK hat nichts davon mitbekommen.
    Ich weiß, dass ihr über meinen Vater sprecht, sagt Aftab. Ich habe es selber in den Aufzeichnungen von Eskandar-Agha gelesen. Er ist einer von denen gewesen, die in den Dörfern für den verehrten Ayatollah geworben haben.
    Sie bauen Straßen, wiederholt Eskandar-Agha, damit sie unser riesiges Land bis in die hintersten Ecken unter ihre Kontrolle bringen können.

Noch eine, die Geschichten erzählt
     
    Der Winter geht, und Eskandar-Agha wechselt seinen Platz vom warmen Korssi zur kühlen Veranda, und im nächsten Winter geht
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