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ESCORTER (German Edition)

ESCORTER (German Edition)

Titel: ESCORTER (German Edition)
Autoren: Christine Millman
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einfach so die Wohnung betreten konnte, entschied sie sich dagegen. Täuschte sie sich oder huschte ein Anflug von schlechtem Gewissen über das Gesicht ihrer Mutter, während sie Jakob musterte? »Ich weiß. Ich bin euch keine gute Mutter gewesen. Dafür möchte ich mich entschuldigen«, sagte Desoderia.
    »Für Entschuldigungen ist es zu spät. Was willst du?«, verlangte Doreé zu wissen.
    »Ich will euch helfen.«
    Doreé schnaubte abfällig. »Ja, klar. Für wie blöd hältst du uns eigentlich?«
    Desoderia seufzte. »Es wäre so viel einfacher gewesen, wenn du es getan hättest, Doreé. Mit Gäaps Hilfe wärst du mächtig geworden, die mächtigste Frau der Welt. Du hättest deinem Bruder helfen können, besser als du es jetzt kannst.«
    »Tu nicht so, als läge dir etwas an ihm«, spie ihr Doreé abfällig entgegen. »Reichtum und Macht ist alles, was für dich zählt. Dafür hast du deinen Mann geopfert und sogar deine Kinder. Du bist so erbärmlich.«
    In ihrer Rage fuchtelte Doreé mit dem Messer herum und kam dabei ihrer Mutter gefährlich nahe. Schon spürte sie das Kribbeln auf ihrer Haut und den energetischen Strom durch ihre Adern fließen. Hoffentlich würde sie jetzt nicht anfangen, zu schimmern. Sie wollte vermeiden, dass ihre Mutter davon erfuhr.
    Desoderia wich nicht zurück. »Ich bin nicht gekommen, um mich mit dir zu streiten, auch nicht, weil ich auf Vergebung hoffe«, sagte sie ernst.
    »Die hättest du auch nicht bekommen«, zischte Doreé.
    Vorsichtig griff Desoderia nach Jakobs Hand. Er zuckte ein wenig zurück, doch er zog seine Hand nicht fort. »Ich möchte euch etwas geben, um euch den Weg zu erleichtern.«
    Misstrauisch runzelte Doreé die Stirn. »Ach ja?«
    Mit der freien Hand wühlte sie in ihrer Handtasche und zog einen braunen Umschlag heraus. »Tut damit, was ihr wollt.«
    Als Doreé keine Anstalten machte, den Umschlag zu ergreifen, legte sie ihn auf die Kommode. Ihr Blick wanderte zwischen Doreé und Jakob hin und her.
    »Was ist da drin? Hoffentlich keine Bombe oder Gift oder irgendein dämonischer Mist«, sagte Doreé mit einem Nicken Richtung des Umschlags.
    Ihre Mutter schmunzelte, ein bitterer Zug lag um ihren Mund. Irgendetwas hatte sie verändert. War es das Band? »Du kannst versuchen, es zu leugnen, Doreé, aber solange du dich nicht für eine Seite entscheidest, steckt mehr von mir in dir, als du wahrhaben willst.«
    Doreé spürte Zornesröte in ihre Wangen steigen. Sie war nicht wie ihre Mutter. Wie konnte sie das nur behaupten? War es ihr etwa nicht gelungen, Gäap zu trotzen? Zweimal? Zugegeben, den Schwur, den sie Luzifer geleistet hatte, hatte sie noch nicht erfüllt, aber das bedeutete nicht, dass sie unschlüssig war. Zu den Escortern würde sie nie gehören. Niemals. Sie trug das Blut ihres Vaters, war eine Tochter des Boten. Sie würde der Dunkelheit widerstehen, sie sogar bekämpfen, wenn nötig.
    Ihre Mutter schmunzelte wissend. »Ihr könnt eurem Schicksal nicht entfliehen, doch ich erlaube euch, es zu versuchen.« Sie zögerte noch einen Moment, öffnete dann die Tür und trat in den Gang hinaus. »Viel Glück, meine Kinder. Das meine ich ehrlich.«
    Dann war sie weg.
    Eine Weile stand Doreé im Flur, unschlüssig, was sie nun tun und wie sie sich verhalten sollte. Ein Teil von ihr erwartete, dass jeden Augenblick ein Trupp Escorter die Wohnung stürmen und sie überwältigen würde. Der andere Teil, der, der spürte, wie sich ihre Mutter entfernte, blieb völlig ruhig. Ich bin nicht wie meine Mutter.
    »Der … Brief«, presste Jakob schließlich hervor.
    Doreé schloss die Tür und musterte den Umschlag wie ein giftiges Insekt. »Glaubst du, er ist gefährlich?«
    Jakob zuckte mit den Schultern.
    Ich bin nicht wie meine Mutter. Zaghaft ergriff Doreé ihn. Er war ziemlich dick und schwer. Mit fahrigen Fingern riss sie den Klebestreifen auf und spähte hinein.
    »Da sind Pässe drin und Geld«, wisperte sie und kippte den Inhalt auf die Kommode. Zwei Reisepässe sowie hundert Euro Scheine in Zehnerbündel zusammengefasst. Insgesamt sechzig an der Zahl.
    »Das sind sechzigtausend Euro«, stieß Doreé fassungslos hervor. Ihr natürlicher Widerwille gegen alles, was von ihrer Mutter kam, verlangte danach, das Geld abzulehnen. Andererseits konnten sie es verdammt gut gebrauchen. Ihr Gehalt reichte gerade so zum Überleben. Mit einem Rückhalt wie diesem könnte sie weniger arbeiten und stattdessen studieren oder ihresgleichen suchen, wie sie Luzifer
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