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Mit der Linie 4 um die Welt

Mit der Linie 4 um die Welt

Titel: Mit der Linie 4 um die Welt
Autoren: Annett Groeschner
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Inhalt
    Zum Geleit
    Ohne Schaffner. Zahlboxbetrieb
    Magdeburg, Sachsen-Anhalt
    Ich bin außer Dienst
    Aix-en-Provence, Frankreich
    Die älteste Straßenbahn Afrikas
    Alexandria, Ägypten
    Abweichende Linienführung
    Amsterdam, Niederlande
    Stadt im Futur II
    Astana, Kasachstan
    Ost-West-Ring
    Berlin, Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland
    Endhaltestelle Bielefeld-Verschwörung
    Bielefeld, Nordrhein-Westfalen
    Wo es anfing
    Budapest, Ungarn
    Südlich von Ost nach West
    Buenos Aires, Argentinien
    Im wilden Elbflorenz
    Dresden, Sachsen
    Stell dir vor, du bist ein Sack Kakao, der mit einem Überseedampfer gekommen ist
    Hamburg, Freie Hansestadt
    Auf der Horst und anderen Feuchtgebieten
    Hannover, Niedersachsen
    Von Itzum nach Himmelsthür
    Hildesheim, Niedersachsen
    Von der Melancholie eines Ikarus-Busses am Strand des Marmarameers
    Istanbul, Türkei
    Mit Frau Angelika hinterm Ural
    Jekaterinburg, Russische Föderation
    Hart am Paradies vorbei
    Jena, Thüringen
    Die kürzeste 4 der Welt
    Kasan, Autonome Republik Tatarstan /Russische Föderation
    13.27 Uhr – an der Trolleybushaltestelle Horeastraße
    Klausenburg, Rumänien
    Sightseeing for Loser
    London, Großbritannien
    Valentinstag auf Belorussisch
    Minsk, Weißrussland
    Das große glückliche Straßenbahnspiel
    Naumburg, Sachsen-Anhalt
    Manhattan M4 Mystery
    New York, Vereinigte Staaten von Amerika
    In China, wir sagen so …
    Peking, Volksrepublik China
    Im Dunkeln vortasten
    Reykjavík, Island
    Die lange lange Straße der Freiheit lang
    Riga, Lettland
    Unter vierstöckigen Straßen
    Schanghai, Volksrepublik China
    Samstags ohne 4
    Szczecin, Polen
    Stadt der guten Gedanken
    Tartu, Estland
    Von der Kunst des Rückwärts-die-Hand-Aufhaltens
    Tel Aviv, Israel
    13.50 Uhr – an einer Haltestelle namens Calea Buziaşului
    Temeswar, Rumänien
    Der Hut der Königin
    Thüringerwaldbahn Gotha –Tabarz, Thüringen
    Einmal längs durch die Geschichte
    Warschau, Polen
    Reden wir übers Leben
    Wien, Österreich
    ’s Vieritram
    Zürich, Schweiz
    Vetters Heckfenster
    Ein Blick zurück mit Dank und Anmerkungen

Zum Geleit
Ohne Schaffner.
Zahlboxbetrieb
    Magdeburg, Sachsen-Anhalt
    W enn ich erzähle, dass ich überall, wo ich bin auf der Welt, mit der Linie 4 fahre (vorausgesetzt, es gibt eine und sie fährt über der Erde), dann werde ich oft gefragt, warum die 4? Warum nicht die 1 oder die 6?
    Es gibt eine einfache Erklärung: Die 4 ist die Straßenbahnlinie meiner Kindheit. Mit ihr habe ich gelernt, wie man öffentliche Verkehrsmittel benutzt. Dass man erst auf die Fahrbahn läuft, wenn die Bahn in den Haltestellenbereich eingefahren ist, dass man nicht vor der Bahn die Straße überquert. Dass man nie, nie, nie auf den Kupplungen zwischen den Wagen herumklettert. Dass man die Leute erst aussteigen lässt. Dass man alten Menschen und Schwangeren einen Platz anbietet. Überall erzählen Eltern ihren Kindern das Gleiche. Aber nirgendwo auf der Welt gibt es heute noch Zahlboxen. Sie sind ausgestorben und waren wohl eine ostdeutsche Erfindung. In meiner ältesten Erinnerung gibt es noch Schaffner in uralten Straßenbahnen, bei denen die Beiwagen nicht zum Triebwagen passten. Ein den Zerstörungen des Wagenparks während des Bombenkriegs geschuldetes Nachkriegspatchwork. Aber diese Gebilde fuhren nach Sudenburg und nicht auf den Werder, einer Insel in der Elbe, wo ich meine Kindheit verbrachte.
    Kennen Sie Madeleines? Die Erinnerung, die kommt, wenn man einen bestimmten Geschmack auf der Zunge, einen Geruch in der Nase oder irgendeinen anderen Sinnesreiz verspürt? Eigentlich sind Madeleines ein französisches Kleingebäck aus Rührteig, der Form einer Jakobsmuschel nachempfunden, der Teig mit einem Schuss Rum verfeinert. Für Marcel Proust auf seiner Suche nach der verlorenen Zeit beschwört der Duft in Tee getunkter Madeleines seine ganze Kindheit herauf. Für mich ist es das Quietschen der Gotha-Wagen in den Kurven.

© Annett Gröschner

Die erste richtige Kurve, wenn man vom Werder in Richtung Schlachthof im Westen der Stadt fuhr, kam am Damaschkeplatz, dort, wo die alte Tankstelle war, und dann gleich noch einmal kurz vor Seifama, wo die Bahn rechts in die Diesdorfer Straße einbog. Es waren die Sonntagsausflüge zu den Großeltern in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren. Ich musste nicht hochschauen, das Geräusch erzählte, wo ich mich befand. Zwei Haltestellen weiter, an der Sparkasse, diesem schönen Eckgebäude aus den zwanziger Jahren, entschieden
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