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ESCORTER (German Edition)

ESCORTER (German Edition)

Titel: ESCORTER (German Edition)
Autoren: Christine Millman
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versprochen hatte. So gesehen war das Geld ein Segen.
    »Glaubst du, sie erwartet eine Gegenleistung dafür?«, fragte Doreé.
    Jakob zuckte mit den Schultern.
    »Wir sollten es nicht einfach so herumliegen lassen.« Hastig stopfte sie die Scheine in den Umschlag zurück. Dabei fiel ihr ein Stück Papier auf, das am Seitenrand klebte. Vorsichtig nahm sie es heraus und las, was darauf geschrieben stand.
     
    Doreé,
    du bist meine Tochter, doch ich befürchte, dass wir mittlerweile auf unterschiedlichen Seiten stehen. Die Clanchefs halten deine Mission für missglückt und glauben, du bist in der Gegenwelt gefangen. Ich lasse sie in dem Glauben und gebe dir und deinem Bruder die Chance, euren eigenen Weg zu finden. Überlege dir gut, wohin er euch führen soll.
    Leb wohl.
     
    Wütend zerknüllte Doreé das Papier in ihrer Hand. Unpersönliche Worte und Almosen – mehr hatte ihre Mutter nicht für sie übrig. Frustriert nahm sie die Pässe zur Hand und stopfte sie zu dem Geld.
    Jakob ergriff seine Reisetasche und sah sie erwartungsvoll an. Überrascht hob Doreé die Augenbrauen. »Denkst du, wir sollten trotzdem fliehen?«
    Er nickte. Doreé zögerte. War es wirklich nötig zu gehen? So überstürzt? Andererseits – ihre Mutter mochte versprochen haben, sie nicht zu verraten, doch vertrauen sollten sie darauf nicht. Jakob hatte recht. Sie sollten fortgehen.
    »Okay. Wir hauen ab. Aber wir packen, was ins Auto passt, damit wir nicht alles neu kaufen müssen.«
    Gemeinsam machten sie sich an die Arbeit, stopften Kofferraum und Rückbank voll. Finstere Nacht lag über der Stadt, als Doreé endlich die letzte Tüte mit Bettwäsche verstaute.
    »Scheiße. Das wird eine harte Nacht werden«, stöhnte sie, nachdem sie auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte. »Ich kann kaum noch meine Augen aufhalten.«
    Jakob zuckte entschuldigend mit den Schultern. »Ka … Kaffee?«
    »Oh ja, den werd’ ich brauchen. Literweise. Am besten halten wir an der nächsten Raststätte.« Sie seufzte und warf Jakob einen fragenden Blick zu. »Wo wollen wir eigentlich hin?«
    Jakob bedeutete ihr, zu warten und zog dann ein Bild aus seiner Hosentasche, dass er allem Anschein nach aus einer Illustrierten ausgeschnitten hatte. Es war zerknittert und an den Rändern eingerissen und zeigte einen kristallblauen See vor einer Ansammlung spitzer, schneebedeckter Berge. Erholung pur – Berge und Seen in der Schweiz, stand darüber.
    »Da willst du hin?«, fragte Doreé überrascht.
    Er nickte.
    »Es ist schön, aber ich weiß nicht, ob wir einfach so in die Schweiz ziehen können.« Nachdenklich betrachtete Doreé das Bild. Die Landschaft wirkte so still und klar, eine Oase des Friedens. Sie verstand Jakobs Beweggründe. Was könnte schöner sein, als Frieden zu finden inmitten von Gottes wundervoller Schöpfung? Sich zu besinnen und in Ruhe zu überlegen, wie sie die Suche nach Ihresgleichen beginnen und lernen könnte, ihre Kräfte zu kontrollieren.
    »Naja. Wir haben genug Geld. Wir könnten es zumindest versuchen«, schlug sie vor. »Und wenn es uns gefällt und ich einen Job oder einen Studienplatz finde, dann bleiben wir.«
    Jakob signalisierte sein Einverständnis, indem er sich in den Sitz zurücklehnte und seine Hände vor der Brust faltete.
    »Schschsch … weiz«, murmelte er grinsend.
    Doreé fiel in sein Grinsen mit ein. Freude durchflutete sie. Die Hoffnung auf Freiheit und Neubeginn. Es fühlte sich an, als hätte ihre Mutter das Band gelöst, doch das konnte nicht sein. Das Band war unlösbar, hatte David gesagt. Egal. Sie hatten einen vollen Tank, eine Tasche voll Geld und einander.
    »Auf in die Schweiz«, sagte Doreé und startete den Wagen.
     
     
    Ende
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