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ESCORTER (German Edition)

ESCORTER (German Edition)

Titel: ESCORTER (German Edition)
Autoren: Christine Millman
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ihn fort und stieg aus der Wanne, als die Klingel ein weiteres Mal anschlug. Doreé wusste, wer es war. Wusste, wer vor ihrer Tür stand und klingelte. Sie konnte sie fühlen.
    Hastig schlüpfte sie in den Bademantel, huschte auf Zehenspitzen zur Wohnungstür und lugte durch den Spion.
    Da stand sie. Ihre Mutter. Sie hatte Doreé aufgespürt.
    Auf leisen Sohlen tapste sie in das Zimmer ihres Bruders. »Zieh dich an, sie haben uns gefunden«, raunte sie ihm zu.
    Jakob erbleichte und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Wir schaffen das, okay?«, versuchte Doreé ihn aufzumuntern. »Aber bitte beeil dich.«
    Für mehr blieb keine Zeit. Sie musste sich schleunigst anziehen. Den Fluchtplan hatten sie schon bei ihrem Einzug besprochen. Trotzdem ging sie ihn gedanklich noch einmal durch. Durch das Fenster in ihrem Zimmer gelangten sie in den Hinterhof. Da sie im zweiten Stock wohnte, hatte Doreé eine Kiste unter das Fenster gestellt, auf der sie sicher landen würden. Ihr Auto parkte in einer Seitenstraße, die sie gut über den Hinterhof erreichen konnte. Oft hatte sie der Umweg genervt, den sie deswegen fahren musste und auch der längere Fußmarsch zum Vordereingang des Hauses. Nun war sie dankbar für diese Vorsichtsmaßnahme.
    Hektisch zerrte sie ihre Jeans über die Hüfte, als die Klingel ein weiteres Mal anschlug. Jakob kam aus seinem Zimmer, Panik im Blick. Bleib ruhig , beschwor Doreé ihn stumm. Sie schnappte Jakobs Schuhe und reichte sie ihm. Anschließend schlüpfte sie in ihre.
    »Doreé, bitte öffne die Tür«, hörte sie ihre Mutter sagen.
    Doreé hielt inne, blickte zu Jakob auf und bedeutete ihm, zu schweigen. Mit zitternden Fingern schnürte sie die Schuhe zu und schnappte dann die Tasche.
    »Ich bin allein«, rief ihre Mutter nun. »Das schwöre ich.«
    Wie gebannt starrte Jakob auf die Tür. Doreé legte eine Hand auf seinen Arm und schüttelte den Kopf. Sie verstand seinen inneren Kampf. Seine Mutter, an die er sich nicht einmal erinnern konnte, stand nur zwei Meter entfernt und er durfte nicht einmal einen Blick auf sie werfen.
    »Wir müssen miteinander reden, Doreé … du weißt, dass ich dich überall finde. Du kannst dich nicht vor mir verstecken.«
    Ihre Stimme klang flehend. War das nur gespielt? Doreé versuchte, sich auf ihre Gefühle zu konzentrieren, doch sie war viel zu aufgeregt, um zwischen ihren eigenen Gefühlen und denen ihrer Mutter zu unterscheiden.
    »Jakob, mein Sohn, bitte sei du so vernünftig und öffne die Tür. Ich komme in friedlicher Absicht. Möchtest du mich denn nicht wenigstens einmal sehen?«
    Wütend runzelte Doreé die Stirn. Die Frau hatte vielleicht Nerven, zu versuchen, ihren kranken Sohn zu manipulieren. »Lass uns in Ruhe, Mutter«, zischte sie.
    »Der Clan weiß nicht, dass ich hier bin. Das schwöre ich auf den Escort, den ich trage.«
    Heißer Zorn wallte in Doreé auf. »Warum sollte ich einer Lügnerin und Mörderin glauben?«
    Ein Scharren erklang, gefolgt von einem tocktock. Mit den Fingerspitzen klopfte sie gegen die Tür. »Wäre ich in Begleitung hier, würde ich gewiss nicht durch die Tür mit dir sprechen wie ein Bittsteller. Dann wäre ich schon längst in der Wohnung.« Leise sprach ihre Mutter nun, aber bestimmt.
    Doreé überlegte fieberhaft. Sollte sie öffnen? Hilfe suchend sah sie zu Jakob. Der zuckte mit den Schultern.
    Kurz entschlossen huschte sie in die Küche und riss die beiden größten Messer aus dem Messerblock. Eines davon reichte sie Jakob, bevor sie den Türriegel zur Seite schob und öffnete.
    »Hallo Doreé«, sagte ihre Mutter.
     
     
    * * *
     
     
    Müde sah sie aus und erschreckend dünn. Ihr makelloses Gesicht überschattet von Sorge.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Was willst du?«, fragte Doreé, ohne auf die Bitte zu reagieren. Drohend hob sie das Messer. Ihre Fingerspitzen kribbelten.
    Entschlossen zwängte ihre Mutter sich an ihr vorbei, das Messer in Doreés Hand ignorierend, und trat auf Jakob zu. »Mein Sohn. Du bist ein Mann geworden.«
    Jakob ließ sein Messer sinken. Mit weit aufgerissenen Augen musterte er die Frau, die seine Mutter war. Doreé versuchte, die Gefühle zu deuten, die sich in seinem Gesicht spiegelten, versuchte herauszufinden, ob er der Situation gewachsen war.
    »Schließ die Tür, Doreé«, befahl Desoderia, ohne den Blick von Jakob abzuwenden. Der befehlsgewohnte Ton missfiel Doreé und sie erwog, die Tür aus Trotz offen zu lassen. Da sie sich jedoch schutzlos fühlte, wenn jeder
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