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Der Verrat

Der Verrat

Titel: Der Verrat
Autoren: Vince Flynn
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PROLOG
Washington D. C.
Oktober
    Die Autokolonne rumpelte über die gepflasterte Straße. Drei Motorräder führten den Konvoi an, gefolgt von einer Polizeieinheit der Stadt, zwei Wagen des Secret Service und zwei identischen Limousinen. Dahinter fuhren die Suburbans und einige weitere Limousinen. Es war ein imposanter Anblick, besonders wenn man bedachte, dass die beiden Männer, die mit so großem Aufwand geschützt wurden, den Sprung ins Weiße Haus noch gar nicht geschafft hatten. Vor einigen Tagen hatte jedoch eine Terrorgruppe angekündigt, mit einem Anschlag in die bevorstehende Wahl eingreifen zu wollen – und dem Secret Service blieb nichts anderes übrig, als die Drohung ernst zu nehmen.
    Mark Ross saß im Fond der zweiten Limousine und massierte sich die Schläfen. Die Kopfschmerzen, die er seit einiger Zeit verspürte, wurden allmählich immer stärker. Er versuchte, nicht auf das Geschwätz des Mannes neben ihm zu achten, und fragte sich gleichzeitig, warum er sich auf diesen ganzen Wahnsinn eingelassen hatte. Er wäre gut beraten gewesen, im Senat zu bleiben, wo man über wirkliche Macht verfügte. Es war wohl die Verlockung gewesen, noch mehr Macht zu erlangen, die ihn zu diesem Schritt bewogen hatte.
    Die Beziehung wurde immer brüchiger, daran bestand kein Zweifel. Es war von Anfang an eine Vernunftehe gewesen. Jeder von ihnen hatte seine Stärken und Schwächen – und diejenigen, die im Hintergrund die Fäden in der Hand hielten und letztlich entschieden, wer an die Macht gelangte und wer nicht, versicherten ihnen, dass sie einander ideal ergänzten. Oberflächlich betrachtet sah es auch wirklich perfekt aus – ein Bund, der im Himmel geschlossen wurde. Hätten sie jedoch jemals eine griechische Tragödie gelesen, so hätten sie gewusst, dass die Götter manchmal sehr grausam sein konnten – besonders wenn die Menschen zum Hochmut neigten.
    Ross hatte sich freilich nie irgendwelche Illusionen über Josh Alexander gemacht. Als Gouverneur von Georgia war Alexander der große Aufsteiger in der Demokratischen Partei. Die alten weißen Männer, die die Partei führten, waren schließlich draufgekommen, dass ein Liberaler aus dem Nordosten ganz einfach unwählbar war. Die einzige Chance auf den Sieg bestand darin, einen Gouverneur aus dem Süden hinzuzuziehen, der an Jesus Christus glaubte. Auf diese Weise konnten sie sich auch im Bible Belt eine Menge Stimmen holen und genügend republikanische »Red States« für sich entscheiden, um die Wahl zu gewinnen. Aus diesem Grund war Alexander der ideale Kandidat. Er sah gut aus, war intelligent und hatte ein perfektes Auftreten. Außerdem hatte seine Familie mehr Geld als die meisten Dritte-Welt-Länder. Sein einziger Nachteil war, dass er relativ jung war. Mit seinen fünfundvierzig Jahren wirkte er für einen Spitzenpolitiker ein klein wenig unerfahren – insbesondere in der Außenpolitik. Erste Umfragen zeigten, dass die Leute gewisse Zweifel hegten, ob er in dem gegenwärtigen Krieg gegen den Terrorismus die nötige Führungsstärke aufbringen würde. Und genau aus diesem Grund war Mark Ross so wichtig. Der langjährige Senator aus Connecticut war erst kürzlich zum Director of National Intelligence ernannt worden, einer Art Koordinator der verschiedenen Geheimdienste – und er galt als Politiker, der für einen Demokraten eine eher harte Linie vertrat.
    In einer normalen Wahl wären die beiden nie als Kandidatenteam zusammengespannt worden. Vor dieser Wahl war jedoch die unerwartete Situation eingetreten, dass der gegenwärtige Präsident verkündete, er leide an der Parkinson’schen Krankheit und werde deshalb nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung stehen. Es war nur noch ein Jahr bis zur Wahl, und der einzige echte Kandidat, den die Partei hatte, war Sherman Baxter III. Alle, auch der Präsident, stimmten darin überein, dass Baxter eine Katastrophe für das Land wäre. Er war wahrscheinlich der unbedeutendste Vizepräsident der Geschichte; selbst in seinem Heimatstaat Kalifornien lagen seine Beliebtheitswerte unter dreißig Prozent. Man konnte über vieles hinwegsehen, aber nicht über die öffentliche Meinung. Die Parteigranden nahmen ihn beiseite und gaben ihm zu verstehen, dass sie nicht auf ihn setzen würden. Nachdem der Mann in den vergangenen drei Jahren seine eigenen Mängel deutlich vor Augen geführt bekommen hatte, protestierte er nicht.
    Ross arbeitete unterdessen fieberhaft hinter den Kulissen. Er unterhielt gute Beziehungen
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