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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies
Autoren: Mary Scott
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Erbschaft vernünftig investieren«, bestimmte er mit gewohnter Autorität.
    »Warum?« Pippa guckte mit ihren großen blauen Augen erstaunt zu ihm auf.
    James raschelte mit verständlicher Gereiztheit in den Papieren auf seinem Schreibtisch. Wirklich, eine unglaublich naive Frage!
    »Nun, ich nehme an, du willst sie nicht zum Fenster hinausschmeißen«, entgegnete er in der Hoffnung, diese Annahme bestätigt zu hören.
    »Nicht zum Fenster hinausschmeißen — nein, ausgeben. Dafür ist Geld doch da«, verkündete das Mädchen mit überwältigender Unkompliziertheit. »Natürlich klug ausgeben. Weißt du, ich habe es mir genau überlegt, als du vorhin draußen warst, und bin zu einem Entschluß gekommen. Ich werde tatsächlich das tun, was du investieren nennst.«
    In James regten sich berechtigte Zweifel, ob er jemals einen ihrer Pläne mit diesem Begriff bezeichnen würde.
    »So — und in was, wenn ich fragen darf? In irgendeine verrückte Phantasterei vermutlich, wie?«
    »Also hör mal, James«, erwiderte das Mädchen mit einer geradezu entwaffnenden Miene sachlicher Überlegenheit, »nur weil du vierzehn Jahre älter und mein Vormund bist, brauchst du mich nicht immer gleich so anzubellen. Du weißt ganz genau, daß ich eine gute Portion gesunden Menschenverstand besitze.«
    Sein Schweigen war beredter als jede Antwort, und eilig fuhr sie fort: »Ich habe eine glänzende Idee, eine Inspiration sozusagen. Ich werde das Geld nämlich in einer eigenen kleinen Leihbibliothek anlegen, denn das schwebte Mr. Murdoch bestimmt vor, als er mir die vielen Bücher vermachte.«
    »Eine Leihbibliothek? Eins von diesen armseligen Fünf-Penny-Unternehmen, schätze ich.«
    »Fünfzig bis sechzig«, berichtete sie ihm ernsthaft, aber ihr hübscher Mund zuckte verräterisch in den Winkeln. »Meistens sogar mehr.«
    »Reiner Blödsinn. Die Stadt wimmelt von solchen kümmerlichen Bücherstuben. Und aus welchem unerfindlichen Grund willst du das tun?«
    Sie dachte einen Moment nach und antwortete dann: »Weil’s Spaß macht, und weil ich glaube, daß es so gemeint war.«
    Er seufzte aufreizend nachsichtig. Pippa pflegte immer dann zu behaupten, es sei etwas so gemeint, wenn sie es zu tun wünschte, und in solchen Momenten berief sie sich obendrein noch auf ein inneres Gefühl, was James erst recht nicht leiden konnte.
    »Das hast du in den letzten Jahren fortwährend gesagt, und was hat es dir eingebracht?«
    »Tausend Pfund und zwölfhundert Bücher«, erwiderte sie schlagfertig und absolut der Wahrheit entsprechend.
    »Das war ein einmaliger Glückszufall. Weshalb willst du also das Erbe, das dir, meiner Ansicht nach gänzlich unverdientermaßen, in den Schoß gefallen ist, gleich wieder verschleudern?«
    Pippa schaute gekränkt auf. »Du redest ja, als sei ich eine Erbschleicherin. Glaub mir, ich habe nie an so etwas gedacht.«
    »Den Vorwurf, daß du an etwas denkst, würde ich dir wohl zuallerletzt machen.«
    »O James, du bist heute richtig ekelhaft, dabei müßtest du dich eigentlich mit mir freuen. Es ist doch alles so herrlich, daß es schon fast gar nicht wahr sein kann... Wenn du es mir vielleicht noch einmal vorlesen könntest-«
    »Ich weigere mich entschieden. Alles hat seine Grenzen. Außerdem ein sehr frivoles Testament. Dabei schien er mir immer so ein vernünftiger Mann gewesen zu sein.«
    »Vernünftig? Viel, viel mehr als das. Er war weise und lieb und gütig.«
    Pippa schwieg und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ein Anblick, der James veranlaßte, sich zu räuspern und angelegentlich aus dem Fenster zu schauen. Er versuchte immer, sich ihre plötzlich ausbrechenden Tränen und ihr ebenso schnell bereites Lachen von ihrer irischen Abstammung her zu erklären, nichtsdestoweniger brachte es ihn jedesmal in peinliche Verlegenheit. Auch jetzt dauerte es kaum eine Minute, da lächelte sie schon wieder. Natürlich, als ob er es nicht gleich gewußt hätte! Ihr unberechenbares Temperament!
    »James, ist es nicht wundervoll, einem Menschen allein deshalb im Gedächtnis zu bleiben, weil man lustig ist?«
    »Scheint mir kein hinreichender Grund dafür, jemandem tausend Pfund zu vermachen. Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Lachen.«
    »Im Gegenteil, nichts ist wichtiger als Lachen«, widersprach Pippa ernst, und James kam in einer seiner seltenen intuitiven Anwandlungen der Gedanke, daß sie wahrscheinlich sehr oft lachend mit etwas fertig geworden war, worüber andere geweint hätten. Ja, vielleicht war das
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