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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies
Autoren: Mary Scott
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    »Ich kann es einfach nicht glauben«, sagte das Mädchen völlig fassungslos. »Bitte, lies das noch einmal, James.«
    Ihr Rechtsanwalt und gleichzeitig Vetter zweiten Grades zog gequält die Augenbrauen hoch.
    »Jetzt habe ich es dir bereits zweimal vorgelesen. Langsam mußt du ja die Worte auswendig können... Also gut, hör zu: >Ich vermache hiermit meiner Freundin und Sekretärin Pippa Knox die Summe von eintausend Pfund sowie zwölfhundert Bücher aus meiner Bibliothek nach eigener Wahl. Dieses Geschenk soll ein kleiner Dank sein für den lachenden Sonnenschein, mit dem sie — wie weiland Brownings poetische Heldin — sozusagen im Vorübergehen das Leben eines alten Mannes verschönt hat.<«
    »Tausend Pfund, James, wie herrlich! Der gute Mr. Murdoch, wie kann er nur von Dank sprechen, wo er immer so rührend zu mir war! Aber was meint er denn mit >Browning< und >Vorübergehen    James Maclean erwiderte ernst: »Vermutlich eine Anspielung auf das bekannte lyrische Drama: >Pippa geht vorüber<. Ich persönlich fand Browning immer reichlich überspannt. Überhaupt Pippa — ein törichter Name. Ich habe mich oft gewundert, weshalb deine Mutter dich eigentlich nicht Philippa nannte.«
    »Das wollte sie wohl ursprünglich«, meinte Pippa entschuldigend. »Aber du weißt doch, sie war immer in solcher Hetze, die Arme, und Pippa genügte ja auch vollkommen.«
    Echt Pauline Knox, dachte Maclean, der sich an sie nur noch als ein hoffnungslos verschusseltes Geschöpf erinnerte. Auch damals war sie in Hetze gewesen, als sie den großen Wagen ihres Mannes quer über die Eisenbahnschienen vor einen ankommenden Zug gesteuert und dadurch zwei Menschenleben geopfert hatte. An ihm als nächsten Verwandten war dann die unerquickliche Aufgabe hängengeblieben, ihrem einzigen Kind von dem tragischen Ereignis Mitteilung zu machen, ebenso wie er später Pippa von der Tatsache unterrichten mußte, daß Philip Knox trotz seines beträchtlichen Gehaltes fast nichts auf die hohe Kante gelegt hatte und sie daher arm wie eine Kirchenmaus zurückgeblieben war.
    Pippa, damals achtzehn Jahre alt, brach darauf ihre — wenn auch nicht im pädagogischen Sinne, so doch in mancherlei anderer Hinsicht — bedeutsame Laufbahn an einer der teuersten Mädchenschulen ab und fügte sich klaglos in das Unvermeidliche, wie sie sich ja überhaupt in den folgenden acht Jahren während seiner Vormundschaft, das mußte er anerkennend zugeben, von keiner Schwierigkeit unterkriegen ließ.
    Er hatte darauf bestanden, daß sie einen Sekretärinnenkurs absolvierte, und seither verdiente sie sich selbständig ihren Unterhalt. Die lächerlich kleine Summe, die er aus ihres Vaters Hinterlassenschaft hatte herausschlagen können, reichte gerade für zwei bescheidene Räume anstatt eines möblierten Couchzimmers. Wahrhaftig ein dürftiges Leben, aber Pippa beschwerte sich nie.
    Gelegentlich, wenn sie ihr Sekretärinnendasein satt hatte, verschaffte sie sich etwas Abwechslung, indem sie eine Stellung als Kellnerin oder als Empfangsdame in einem Hotel annahm, und während einer dieser in James’ Augen so bedauerlichen Eskapaden war sie eines Tages Mr. Murdoch über den Weg gelaufen. Der alte Gelehrte suchte gerade verzweifelt eine Sekretärin, die ihm seine wissenschaftlichen Manuskripte tippen konnte, ohne dabei mehr als einen Schnitzer pro Zeile zu machen, die den Mund halten konnte, wenn er nachdenken mußte, und ihn aufheiterte, wenn er Zerstreuung suchte. Alle diese Eigenschaften fand er in Pippa vereint, sie dagegen fand in ihm einen väterlichen Freund. Vor einem Monat nun hatte diese ersprießliche Zusammenarbeit durch seinen plötzlichen Tod ein jähes Ende gefunden. Ja, und hier war also sein Testament.
    Kein Testament übrigens, das James Macleans Beifall fand. Seiner Ansicht nach zu unsachlich, fast frivol. Zum Beispiel diese Bemerkungen über seine Nichten konnte man nur als höchst unglückliche Entgleisungen bezeichnen. Gewiß, er war ein reicher Mann gewesen, und seine beißende Ironie wurde zweifellos durch die recht ansehnlichen Legate, die sie erhielten, erheblich gemildert, trotzdem empfand er derartige Späße einer offiziellen, noch dazu letztwilligen Verfügung als äußerst unpassend. Und dann diese Worte über Pippa, diese Anspielung auf Browning und den lachenden Sonnenschein im Vorübergehen! James schnaubte vor Entrüstung und nahm ziemlich abrupt den geschäftlichen Teil in Angriff.
    »Selbstverständlich wirst du diese
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