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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies
Autoren: Mary Scott
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geliebt hatte und den James nach ihrem Tod auf Pippas inständige Bitten hin nicht verkauft, sondern in seiner eigenen Garage untergestellt hatte. Er ließ ihn in regelmäßigen Abständen überholen und die Zulassung erneuern, aber die meiste Zeit stand er dort unbenutzt, und nur ganz selten einmal — das waren immer große Festtage in Pippas Leben — holte sie ihn heraus und gondelte mit ihm kreuz und quer in der Gegend herum, bis der letzte Tropfen Benzin verbraucht war.
    Balduin befände sich in bester Verfassung, mußte James zugeben.
    »Aber du kannst doch nicht allein in dieser Karre loskutschieren«, fuhr er mißbilligend fort. »Sie ist zehn Jahre alt, und deinen Fahrkünsten traue ich auch nicht übermäßig. Nebenbei bemerkt geht das Übernachten in Hotels auch ganz schön ins Geld.«
    Einen Moment lang sah Pippa ziemlich niedergeschmettert aus, aber dann kam ihr eine großartige Idee. »Ich werde gar nicht ins Hotel gehen. Ich rolle mich auf dem Rücksitz zusammen und schlafe irgendwo am Straßenrand.«
    James betrachtete sie voll ehrlicher Besorgnis. Die Vorstellung, daß dieses Mädchen Pippa, sechsundzwanzig Jahre alt, ein Meter zweiundsechzig groß und knapp fünfzig Kilo wiegend, nachts allein in wildfremder, verlassener Einöde kampierte, entsetzte ihn geradezu, aber ein beinahe noch größerer Schrecken fuhr ihm in die Glieder, als er seine eigene Stimme sagen hörte: »Du scheinst mir völlig außer Rand und Band zu sein. Das gefällt mir gar nicht. Könntest du dich statt dessen eventuell entschließen, mich zu heiraten? Ich würde dir alles bieten, was du brauchst.« Und mit plötzlich wiederkehrender Vernunft fügte er hinzu: »Das heißt natürlich, in angemessenen Grenzen.«
    Pippa jedoch schien weder überrascht noch erschrocken oder gar geschmeichelt zu sein, wie er leider feststellen mußte. Sie blickte ihn nur groß an und schüttelte, wenn auch mit einem leise bedauernden Lächeln, den Kopf.
    »Nein, James, ich danke dir von ganzem Herzen. Schrecklich lieb von dir, aber das meinst du ja nicht im Ernst, du würdest es nur aus Güte tun.«
    Die Last, die sich ihm von der Seele wälzte, war so groß, daß er sich um ein Haar hinreißen ließ, gegen diese Unterstellung zu protestieren, aber Pippa gab ihm keine Zeit dazu.
    »Und du weißt genau, es würde ein Fiasko werden«, fuhr sie fort. »Du würdest dich den lieben langen Tag über mich grün und blau ärgern, mich zu ändern und zu erziehen versuchen, und das wäre doch gräßlich fad — für uns alle beide, meine ich«, fügte sie rasch hinzu, um den Taktfehler wieder gutzumachen. »Ich will aber keinen haben, der mich dauernd veredeln und verbessern möchte. Ich wünsche mir jemanden, mit dem ich lachen kann, wie Mr. Murdoch. Nur natürlich nicht zweiundachtzig Jahre alt.«
    Hiermit betrachtete sie offenbar das Thema als erledigt, denn sie ging zu einem anderen Gegenstand über: »Dieses Drama, von dem du sprachst — wie nanntest du es doch? Pippa irgendwas. Na, ich werde es am besten selbst lesen und herausfinden, was Mr. Murdoch meinte. Einmal lachte er sehr über mich und sagte, ich erinnere ihn an Brownings kleine Müllerin. Ob das dieselbe ist?«
    James nickte nur und bot ihr an, das Buch auf seine Lesekarte aus der Bibliothek zu holen. Er war immer noch vollständig erschlagen über seine tollkühne Anwandlung.
    Und noch am Abend, als er sich vor dem Spiegel im Schlafzimmer die Krawatte band, erinnerte er sich nur mit leisem Schaudern daran. Wie hatte er nur auf diese wahnwitzige Idee verfallen können? Gewiß, manchmal fühlte er sich einsam. Er sah wieder das kleine, temperamentvolle Persönchen vor sich, ihr vor Eifer glühendes Gesicht, als sie ihm ihre grotesken Pläne auseinanderlegte. Einen Moment lang wurde er von Gewissensbissen heimgesucht. Hätte er nicht mehr für sie tun müssen? Was würde schließlich ein Pfund wöchentlich für ihn ausgemacht haben? Und er hätte ja vorgeben können, daß das Geld aus ihres Vaters Nachlaß stammte, Pippa wäre das bestimmt nicht aufgefallen. James wünschte jetzt, er hätte rechtzeitig daran gedacht, denn im Grunde war er alles andere als schäbig.
    Immerhin, ein knappes Entkommen... Gesetzt den Fall, sie hätte ihn ernst genommen! Selbstverständlich mochte er sie gern, aber Liebe — davon konnte keine Rede sein. Geliebt hatte er nur ein einziges Mal, und das war jetzt zehn Jahre her. Leichtgläubiger junger Grünschnabel! Na, vielleicht war das sein Glück gewesen, obwohl
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