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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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dumm, dass wir uns Sorgen machen. Aber es ist merkwürdig, wie die Nachbarinnen mich anstarren. Bei Schyffers haben sie mich sogar als Erste kaufen lassen, obwohl sie doch eher im Laden gewesen sind als ich. Sie sind mir so fremd geworden, unheimlich fast. So kannte ich sie bisher nicht.«
    »Ganz wirst du die Menschen nie kennenlernen, Kind. Sie haben so viele Überraschungen bereit, dass es ein ganzes Leben lang reicht.«
    »Na, mir reicht’s jetzt schon«, antwortete Ruth.
    Sie strich über ihren Rock. Die Erregung hatte ihr Gesicht gerötet. Eine Strähne des braunen Haares war in ihr Gesicht geglitten. Der Alte sah sie an. Er verstand seinen Sohn. Ruth war schön. Ihre gerade, schmale Nase, die großen Augen, die feine Haut. Selbst ihren Händen schien die Arbeit nichts anhaben zu können.
    »Du schaust mich so an, Vater Märzenich.« Sie lachte ihm zu.
    »Warum soll ich nicht? Ist das nur etwas für junge Männer?«
    »Wenn du mich neckst, dann gehe ich lieber.«
    Sie erhob sich.
    Da knallte unten eine Tür.
    »Vater!« Das war Gerd. Er stürmte die Treppe herauf. »Ach, sieh mal an, die barmherzige Samariterin.«
    »Ich bin keine Samariterin. Das weißt du. Ich komme aus dem Stamm Levi!«
    »Ach, ihr mit euren Stämmen. Wer soll sich da auskennen?«
    Gerd trug einen Wasserkessel in der Hand. Er trat an das Bett und sagte: »Gib mir einen Rat, Vater. Hier, der Boden hat sich gelöst. Wie kriegt man das am besten wieder hin?«
    Vater Märzenich besah sich den Schaden.
    »Es spricht sich herum, Ruth, dass wir alle Kessel wieder so machen, dass du sie von neuen nicht unterscheiden kannst. Gestern kam die Bäuerin vom Wischershof und brachte mir neun Pfannen und Kessel. Wenn das so weitergeht, dann können wir bald einen Gesellen einstellen. ›Kesselschmied gesucht‹, steht dann in unserer Zeitung.«
    »Lass die Kirche im Dorf, Junge. Ich würde bei diesem Kessel einen ganz neuen Boden einziehen. Der alte macht es nicht mehr lange.«
    »Meinst du? Er gehört Frau Wittgenstern. Die wird über den Preis nicht gerade froh sein. Ich habe ihr gesagt, es werde nicht teuer.«
    »Ich würde dies sehr billig berechnen«, mischte Ruth sich ein. »Ärger ist kein guter Werber.«
    »Still, die Frau Meisterin spricht«, spottete Gerd.
    »Bilde dir bloß nichts ein, du Bär«, antwortete sie und stieß nach ihm. Doch ehe sie sich’s versah, hatte er ihr mit dem schwarzen Finger auf die Nase getupft. Sie lief an die andere Seite des Bettes.
    »Was macht ihr wieder für einen Lärm?«, schrie Frau Märzenich aus der Küche herauf. »Nehmt doch ein wenig Rücksicht auf den kranken Mann.«
    Vater Märzenich legte den Finger über den Mund und zwinkerte vergnügt. »Ich meine, Ruth hat recht, Gerd. Wenn du auch an diesem Kessel nichts verdienst, Frau Wittgenstern wird dich loben. Lob macht unsere Schmiede bekannt.«
    »Ich werde demnächst ein Schild vor die Tür hängen: ›Hier werden Kesselböden kostenlos eingesetzt. Lob allerdings erwünscht.‹ «
    Zwar sah Gerd ein, dass Ruth einen guten Vorschlag gemacht hatte, doch mochte er es nicht zugeben.
    »Ich muss jetzt gehen. Mutter wartet bestimmt schon auf das Brot. Wiedersehen, Vater Märzenich.«
    »Einen Augenblick noch, Kind.« Märzenich richtete sich ein wenig auf. Das bereitete ihm Schmerzen, doch schließlich kam er auf die Ellenbogen.
    »Kommt mal beide her.« Sie traten vor sein Bett. Ruth schob ihm ein Kissen unter die Schultern.
    »Weiß der liebe Himmel, was noch alles aus diesem scheußlichen Kindesmord wird. Aber was auch kommt, Gerd, ich will, dass du mir jetzt unter den Augen von Ruth fest in die Hand versprichst, dass du die Wahrheit sagen wirst, ob man sie von dir hören will oder nicht.«
    »Was machst du daraus für eine Geschichte, Vater! Warum soll ich die Wahrheit denn verschweigen?«
    »Ich bitte dich, Sohn, versprich mir, was ich wünsche.«
    »Aber, Vater Märzenich«, sagte Ruth befremdet, »Gerd wird sicher all das sagen, was er weiß.«
    »Er soll es versprechen«, beharrte starrköpfig der Alte.
    »Also gut, Vater. Ich halte es zwar für selbstverständlich, aber ich will es dir ausdrücklich versprechen: Die Wahrheit, immer die Wahrheit.«
    Er lächelte ein wenig dabei, wie die Jungen dann und wann über den Kopf der Alten hinweg zu lächeln pflegen. Märzenich ließ sich in die Kissen zurücksinken. Sein Gesicht entspannte sich.
    »So ist es gut«, murmelte er und schloss die Augen.
    Leise verließen Ruth und Gerd das Zimmer. Im Treppenflur

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