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Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft

Titel: Es geschah im Nachbarhaus - die Geschichte eines gefährlichen Verdachts und einer Freundschaft
Autoren: Arena
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Coudenhoven hätte das Kommando »Fangen!« gar nicht mehr zu geben brauchen. Das Geschrei stand dem einer wirklichen Treibjagd nicht nach. Schon hatten sie das Tier in die Ecke gescheucht. Es rannte wie irr hin und her. Da öffnete sich die Tür zum Klassenzimmer. Rektor Solle stürmte herein und brüllte: »Was ist denn das für ein Zirkus?«
    Schnell drängten sich die Jungen in ihre Bänke zurück. Die Maus nutzte die Gunst des Augenblicks und verschwand unter dem Wandschrank. »Eine Maus, Herr Solle.«
    Diesmal schien es den Jungen, als ob Herr Coudenhoven ein wenig stotterte.
    »Aha, eine Maus. Herr Kollege, ich hätte Sie in diesem Durcheinander gar nicht vermutet. Entschuldigen Sie bitte. Guten Morgen.«
    Krach. Die Tür war zu, ehe noch Viktor Schweers hinzuspringen konnte.
    »Oje, oje«, hauchte Sigi. Karl zog die Brauen hoch. Das Gewitter ließ nicht lange auf sich warten. Die Klasse wurde an diesem Morgen genau beschrieben: dumm, faul, ungehobelt, begriffsstutzig, lahm und noch einiges, was eigentlich zu den Wörtern gehörte, die Lehrer bei anderen im Allgemeinen mit »unerwünscht« bezeichneten.
    Das alles ertrugen die Jungen mit einem gewissen Gleichmut und dachten daran, dass er höchstens einmal im Halbjahr in solch schlechter Laune war. Dass er aber ausgerechnet an diesem letzten Schultag vor den großen Ferien die Klasse eine Stunde nachsitzen lassen wollte, das machte nicht nur den dicken Wim wütend.
    Der Lehrer blieb unerbittlich. Selbst als Viktor Schweers gegen Ende der Unterrichtszeit vorsichtig eine Bitte um Gnade anzubringen versuchte, tat er, als ob der Junge Luft sei. Sigi hoffte noch darauf, dass er zu der üblichen Konferenz vor Ferienbeginn müsse und sie doch noch laufen lasse. Herr Coudenhoven aber schrieb Aufgaben an die Tafel. Lauter große Zahlen waren durch 19,53 zu teilen. Langweiliger Kram.
    »Das sage ich euch, wenn nur einer den Mund auftut, dann sitzt ihr heute Nachmittag noch hier.« Er ging hinüber zum Lehrerzimmer.
    Mit Donnergetöse jagten die Schüler der anderen Klassen in den Hof. Jubelnd und ausgelassen begrüßten sie die Ferien. Nur die siebte Klasse saß und rechnete.
    »Die 19,53 macht mich noch krank, verdammt noch mal«, fluchte Wim. Diesmal war es Viktor, der die Maus als Erster entdeckte. »Pst, da ist sie wieder.«
    Vorsichtiger als vor zwei Stunden schnupperte sie und verließ nur zögernd ihren sicheren Platz. Der dicke Wim war aufgesprungen.
    »Lasst sie weit herauskommen. Dann machen wir einen Kreis mit unseren Füßen.«
    Alle starrten auf das Tier. Allmählich gelangte es in die Mitte des freien Raumes vor der Tafel.
    »Kreis!«, befahl Wim.
    Die Jungen schlichen sich nach vorn. Noch ehe die Maus entkommen konnte, war sie im Kessel.
    »Dummes Vieh. Du bist schuld.« Von überall her flogen Schimpfworte durch den Kreis, leise allerdings, damit nicht wieder der Rektor herbeigeschrien wurde. Aber gerade das geflüsterte Geschimpfe klang verbissen und hasserfüllt. Es war, als ob die Jungen ihre ganze Wut gegen diese Maus schleudern wollten. Sie näherte sich den Füßen nur bis auf wenige Zentimeter und schoss dann zurück. Allmählich schien sie zu merken, dass sie in einer Falle saß. Ihr Zickzack wurde hektisch. Einmal versuchte sie bei Hein Derko den Durchbruch. Der schaufelte sie mit dem Fuß wieder in die Mitte des Kreises. Sie fiel auf den Rücken, doch krabbelte sie sich auf, floh weiter, hin und her.
    »Du sollst es büßen«, zischte der dicke Wim. Mit einem Stückchen Kreide warf er nach ihr. Plötzlich hatten viele etwas in der Hand, Schlüssel, Knicker, flache Steine schlugen auf den Boden.
    »Das ist doch nicht richtig, oder?«, wagte da Viktor zu sagen.
    »Muttersöhnchen! Kannst wohl kein Blut sehen, was?«, spottete Hein Derko, ohne auch nur zu Viktor hinzuschauen. Der zuckte die Achseln und blieb im Kreis. Er warf zwar nicht, ging aber auch nicht davon.
    Karl allein schien verstanden zu haben, was Viktor meinte. Er steckte die bunte Glasscherbe, die er als Wurfgeschoss hervorgeholt hatte, wieder in die Tasche zurück. Er sah sich im Kreise um. Da standen die Jungen, leicht vorgebeugt, Mordlust in den Augen.
    Jubel klang auf. Hein Derko hatte die Maus getroffen. Sie zuckte. Ihr rechtes Hinterbein schleifte ein wenig nach. Wim hob einen Schlüssel auf, der ihm vor die Füße gerutscht war. Es war ein großer Hausschlüssel. Pitt zielte, warf. Sein Geschoss traf das verletzte Bein. Die Maus war langsamer geworden. Kurts Stein streifte
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