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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert
Autoren: Christoph Lode
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VORWORT
     
    Reden wir über Schubladen. Jeder Schriftsteller behauptet, er habe eine und bewahre darin seine alten Geschichten auf. Natürlich ist das gelogen. Kein Mensch legt heutzutage seine Texte in eine Schublade, abgesehen von ein paar Unbelehrbaren, die ihr Zeug womöglich noch auf einer Olivetti tippen. Alle anderen benutzen Festplatten, USB-Sticks oder selbstgebrannte CDs. Ich verwende eine Kombination aus diesen Möglichkeiten; außerdem mache ich am laufenden Band Online-Backups, denn mich quält die ständige Angst, ein Meteorit könnte mein Haus einäschern, während ich gerade zum Supermarkt stiefele.
    Meine ganz alten Storys schlummerten allerdings auf 3,5''-Disketten. Was zum Problem wurde.
    In meiner metaphorischen Schublade liegen diverse Romane und Geschichten, die niemals veröffentlicht wurden, was in den meisten Fällen auch ganz gut so ist. Ausgenommen die Kurzgeschichte
Schattentänzer
und die Erzählung
Der Flötenspieler
, die ich – glaube ich – 2004 geschrieben habe. All die Jahre ließen mich die beiden Texte nicht los, und vergangenes Jahr schließlich wollte ich sie wieder einmal lesen. Leider hatte ich keinen Papierausdruck mehr und, wie ich feststellte, auch keinen Computer mit Diskettenlaufwerk.
Niemand
in meinem Bekanntenkreis hatte noch einen Rechner mit Diskettenlaufwerk.
    Ich zerbrach mir den Kopf über dieses vertrackte Problem und fand heraus, dass es Diskettenlaufwerke mit USB-Anschluss gibt. Glücklicherweise bewahrte mich ein Freund vor dieser Investition. Ich hatte ihm
Schattentänzer
und
Der Flötenspieler
damals per E-Mail geschickt, damit er sie lesen konnte, und wie sich herausstellte, hatte er die Geschichten immer noch auf seiner Festplatte, denn im Gegensatz zu mir besitzt er organisatorisches Talent. Jedenfalls schickte er sie mir mit einem spöttischen Kommentar zu, ich las sie und, siehe da, fand sie immer noch gut.
    Natürlich sind beide Geschichten
alt
. Ich habe seitdem rund 5000 Manuskriptseiten geschrieben und mich – hoffe ich wenigstens – erzählerisch und stilistisch weiterentwickelt. Trotzdem entfalten sie jeweils eine ganz eigene Stimmung und haben eine Reihe von hübschen Figuren und spannende (wenngleich etwas naive) Plots.
    Ich beschloss, mir die Schöne Neue Welt des E-Books zunutze zu machen und die Geschichten unters Volk zu bringen. Ich überarbeitete sie ein wenig, ließ sie lektorieren und schrieb, sozusagen als Bonusmaterial, eine dritte Story,
Der Seelenkristall
. Diese Geschichte handelt wieder von Dunaris ke Landor, der in
Schattentänzer
seinen ersten Auftritt hat. Dunaris ist ein klassischer Sword-&-Sorcery-Held und als solcher wie geschaffen für fantastische Kurzgeschichten. Ich glaube, ich werde ihn in den nächsten Jahren weitere Abenteuer erleben lassen. Tatsächlich liest sich
Der Seelenkristall
wie der Auftakt eines Romans. Wer weiß, vielleicht schreibe ich ihn eines Tages.
     
    Viel Vergnügen mit diesem E-Book wünscht
     
    Christoph Lode
    November 2012

SCHATTENTÄNZER
     
    Dunaris ke Landor hatte schon zahllose Lebende bestohlen, aber noch nie einen Toten.
    In jeder Hand eine kurze Klinge, schlich er geduckt durch den Garten. Auf der schwarzen Oberfläche eines Tümpels spiegelten sich die Sterne. Schlingpflanzen rankten sich um Statuen und Säulen, Gestrüpp überwucherte die gepflasterten Wege. Zu Aphragus’ Lebzeiten hatte ein kleines Heer von Gärtnern jede Pflanze sorgsam gehegt, Büsche beschnitten, die Teiche gereinigt. Aber das war viele Jahre her. Inzwischen glich der Garten einem Dschungel. Dunaris lächelte in sich hinein. Manch einer in Kaman-Share hoffte, die Pflanzen würden zu einem undurchdringlichen Geflecht verwachsen, zu einer Wand, die das Grabmal im Innern des Gartens einschloss und das Böse, das darin hauste, für immer gefangen hielt.
    Dunaris’ Kurzschwert schnitt durch einen Vorhang aus Ranken, und der Dieb folgte dem Pfad, der sich dahinter fortsetzte. Der Sommer lastete seit Wochen schwer auf Kaman-Share, und es war wieder einmal ein außergewöhnlich heißer Tag gewesen. Er hatte gehofft, dass es hier oben auf der Steilklippe, direkt am Meer, kühler sein würde. Doch hinter den Mauern des Gartens stand die Luft regelrecht. Der Geruch von Fäulnis und Verfall war allgegenwärtig, er schien sich in Haaren und Kleidung festzusetzen. Dunaris nahm sich vor, gleich morgen früh das beste und teuerste Badehaus der Stadt aufzusuchen. Wenn er diesen Auftrag ausgeführt hatte, würde er es sich
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