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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde
Autoren: Thomas Adcock
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duftenden, frisch polierten Schuhen ausgesprochen gut und gepflegt vor. Ich bin vielleicht der typische Barzahler, aber ein Banause bin ich deshalb noch lange nicht.
    »Ich suche eine Dame«, sagte ich. Hinzugefügt hätte ich gern noch: Vergiß deine Nummer, Pierre, wir wissen doch beide, daß du deine Trinkgelder mit nach Hause in die Bronx nimmst. Aber ich bremste mich. Statt dessen sagte ich also: »Vielleicht ist sie ja schon hier. Ich schau mich einfach mal um.«
    »Sir, das glaube ich kaum!« Pierre war völlig aus dem Häuschen und sogar richtiggehend schockiert, das arme Ding. Tapfer schob er sich zwischen mich und den Türbogen des Speiseraums.
    »Was -?« setzte ich an.
    »Damen ohne Herrenbegleitung erhalten von mir keinen Tisch.«
    »Wie kommt denn das? Ist das hier ein Schwulenladen?«
    Dann hörte ich hinter mir die lachende Ruby: »O Hock - benimm dich.«
    Ich drehte mich um und sah sie auf mich zukommen. Von
    draußen genoß auch ihr Taxifahrer noch einen letzten Blick aus dem Wagen. An solche Dinge mußte ich mich noch gewöhnen; Ruby ist wirklich ein Anblick, und ich bin nicht der einzige Mann in der Stadt, der Augen dafür hat. An diesem Abend trug sie einen dieser kleinen, mit Perlen besetzten schwarzen Fummel, die genau an den richtigen Stellen glitzern. Um ihre nackten braunen Schultern schmiegte sich ein Hauch von durchscheinendem, wollenem Flaum und um ihr Dekolleté Straßsteine, kastanienbraun war ihr Lippenstift, und in den Ohren trug sie winzige Diamantstecker.
    Die Schauspielerin Miss Ruby Flagg weiß, wie sie sich für eine gute Kritik verpacken muß. Und an diesem Abend meines Geburtstages war sie in der Tat hübsch verpackt. Pierre andererseits bekam nichts mit von der Festtagsstimmung.
    Entsetzt über mich appellierte er an Ruby: »Mademoiselle — s’il vous plaît!«
    Sie sagte einfach: »Der Tisch für Detective Neil Hockaday.«
    Pierre musterte mich wieder, verzichtete diesmal auf die gekräuselte Lippe, vielleicht aus Respekt vor dem Höflichkeitstitel, wahrscheinlich aber nicht. Jedenfalls konsultierte er seine Reservierungsliste, wobei er sich reichlich Zeit ließ, bevor er schließlich verkündete: »Ah, oui. Monsieur Hockaday - zwei Personen. Très bien.«
    Wir folgten ihm zu einem Tisch in der Ecke. Dieser ausgesprochen gute Platz überraschte mich schon ein wenig, bis mir klar wurde, daß Ruby während ihrer Zeit in der Werbebranche vermutlich recht häufig geschäftlich hier gewesen sein und zweifellos haufenweise Geld hier gelassen haben mußte.
    Es war noch gar nicht so lange her, daß Ruby Geschäftskostüme getragen und eine Vielzahl von Zauberwässerchen verscherbelt hatte, die eine beeindruckende Bandbreite von Körpergerüchen beseitigten. Dafür erhielt sie ein beträchtliches Gehalt plus Bonuszulagen und flottem Spesenkonto. Als kluges Mädchen bunkerte sie einen Großteil dieses »albernen Geldes«, wie sie es nennt, und investierte in eine Manhattaner Immobilie - genauer gesagt in ein windschiefes, fahrstuhlloses Backsteingebäude unten an der South Street, in dem sie sich eine Wohnung und ein Ziemlich-Off-Broadway-Theater einrichtete, das sich weniger durch Kartenverkäufe als vielmehr die Mieteinnahmen eines Friseursalons im ersten Stock und des Restaurants im Erdgeschoß finanziert.
    Das war nun schon einige Jahre her. Aber jeder aus ihrer Vergangenheit erinnerte sich mit Sicherheit noch an Ruby Flagg. Angefangen mit unserem Freund, dem Oberkellner.
    »Danke, Pierre«, sagte sie zu ihm, während er ihr den Stuhl zurechtrückte. Ich mußte allein sehen, wie ich klarkam. Als er auf seinen Lackschuhen davonsteppte, fragte ich Ruby: »Heißt der Kerl wirklich Pierre?«
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Aber er scheint glücklich zu sein, wenn ich ihn so nenne.«
    Ein Weinkellner kam und begrüßte Ruby mit einem Handkuß. Was ich mit einem dummen, mißmutigen Blick quittierte. Ruby erkundigte sich nach seiner Frau und den Kindern, und er erwiderte, der Familie gehe es blendend. Dann durfte er abzwitschern und uns eine dieser geblümten Flaschen Perrier-Jouët holen. Schließlich wandte sie sich an mich und sagte: »Weißt du - gerade du solltest dich doch von Typen wie ihm nicht aus der Fassung bringen lassen.«
    Inzwischen hatte ich mit meinen finsteren Blicken aufgehört. Statt dessen lächelte ich jetzt dümmlich das kleine Grübchen in Rubys Kinn an und auch die reizende Spalte im Ausschnitt ihres Abendkleides. Ich sagte: »Sprichst du von Pierre?«
    »Du
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