Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde
Autoren: Thomas Adcock
Vom Netzwerk:
weißt genau, wovon ich spreche. Wieso läßt du dem Mann nicht einfach seine kleinen Anmaßungen? Wo wärst du selbst ohne Täuschungen bei der Arbeit?«
    Das war eine grobe Untertreibung. Wenn ich im Dienst bin, trage ich nur selten einen Anzug, nicht mal einen von der formlosen Sorte aus dem Sonderangebotskeller von A&S, die von den meisten mir bekannten Detectives bevorzugt werden, wie ich leider sagen muß. Und zu behaupten, meine Arbeitskleidung sei schlicht, könnte für eine verbrecherische Untertreibung gehalten werden. Meistens trage ich abgelegte Kleider von der
    Heilsarmee, die ich über die Jahre gesammelt habe - bis auf meine eigene gute, alte Yankees-Baseballkappe, zirka 1963, und ein Paar schwarzer, knöchelhoher P-F Flyer Turnschuhe. Diese besitze ich bereits seit der Zeit, als ich mit der einst schönen Judy McKelvey verheiratet war, wir in Queens in einem niedlichen Haus mit Zaun drumherum lebten und unglücklich waren und ich einen Haufen Kids von der P. A. L.-Basketball-Liga des Viertels trainierte. Unordentlich rasiert und in meinen üblichen Klamotten würden Sie mich wahrscheinlich nicht aus einer Gruppe von Männern herausgreifen können, die nichts mehr zu verlieren und kein Ziel mehr haben, und genau so soll’s auch sein bei der SCUM Patrol - der Kurzform für Street Crimes Unit Manhattan.
    An diesem Abend jedoch hatte ich ein Ziel. Tatsächlich lag sogar noch ein sehr weiter Weg vor uns, bevor wir schlafen würden. Schnell wechselte ich das Thema. »Reden wir über unsere Reise.«
    »Gute Idee«, stimmte Ruby zu.
    Der Weinkellner kehrte mit dem Champagner an unseren Tisch zurück, schenkte zwei Gläser ein, stellte die Flasche in einen Eiskübel und ging. Ruby hob ihr Glas und sagte: »Auf uns und auf Irland, und auf deinen armen Onkel Liam - und außerdem auch noch herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, mein lieber Hock.«
    Also tranken wir auf all das. Woraufhin ich einen zweiten Toast aussprach. »Und jetzt auf Ruby Flagg, mit Sicherheit die exotischste Frau in den Straßen von Dún Laoghaire.«
    Ruby lachte. »Du meinst wohl: die einzige exotische Frau.«
    »Du solltest nicht zu überrascht sein, das eine oder andere Gesicht zu sehen, das genauso dunkel ist wie deines«, sagte ich. »Vor ein paar hundert Jahren gab’s die spanische Armada, die ihre Spuren hinterlassen hat.«
    »Stehst du auf schwarze Iren?«
    »Ich mag beide.«
    »Das würden die meisten irischen Männer anders sehen.« Sie lachte wieder. So wie sie es machte, gefiel es mir. Ich starrte ihre perfekten weißen Zähne, ihre kastanienbraunen Lippen und die Spitze ihrer rosafarbenen Zunge an. Schon möglich, daß ich gesabbert habe.
    »Woran denkst du, Ire?« fragte Ruby.
    »Ich denke daran, wie wir beide auf einem Sandstrand so weiß wie Zucker liegen und du mir was auf Französisch erzählst. Ich sehe dich nur an, und schon kommen mir solche Gedanken.«
    Sie verdrehte ihre leuchtenden, hellbraunen Augen. »Ich darf nicht vergessen, daß du anders bist als die meisten Iren, stimmt’s?«
    »Genau wie Onkel Liam«, sagte ich. »Falls du dir Sorgen machst, daß er dich nicht mögen wird, vergiß es.«
    »Und wie gefiel ihm deine Frau?«
    Mußte sie davon anfangen? »Das ist schon lange her«, sagte ich.
    »Ach ja?«
    In diesem Augenblick mußte ich einfach denken, wie gut es für das Ego eines Mannes wie mir in der Mitte seines Lebens ist, im Zentrum der abstrakten Eifersucht einer Frau zu stehen. Besonders einer Frau, die aussah wie Ruby.
    »Lange genug«, sagte ich.
    »Tut mir leid.«
    »Vergiß es.«
    »Okay.« Ruby fuhrwerkte mit einer gestärkten Serviette herum. »Weißt du, das mit deinem Onkel tut mir wirklich leid. Es ist zu blöd, daß du mit mir auf die andere Seite reist, um ihn zu besuchen, wo er doch... na ja, wo’s ihm eben geht, wie’s ihm geht.«
    »Du meinst, wo er doch stirbt. Das wolltest du doch sagen.«
    Ruby beugte sich zu mir und tätschelte meinen Arm, wie sich Leute bei Beerdigungen berühren. Hier saß ich und dachte bereits an solche Dinge wie eine Beerdigung. Ich bekam kaum mit, wie Ruby sagte: »Ich wünschte einfach nur, ich könnte deinen Onkel unter glücklicheren Umständen kennenlernen.«
    Die Nachricht über Liams Gesundheitszustand hatte mich letzte Woche in einem Brief aus Irland erreicht, den ein gewisser
    Patrick Snoody geschrieben hatte, der selbsternannte »treue Freund« meines Onkels. Ich hatte noch nie von ihm gehört. Snoody hatte geschrieben, um mich davon in Kenntnis zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher