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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt
Autoren: Jack McDevitt
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Harry.« Sie klang nun nicht mehr ganz so distanziert wie zuvor. »Es tut mir leid. Er ist ein guter Mann.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Er wir es schon schaffen. Ein Herzanfall ist heutzutage lange nicht mehr so schlimm wie früher, wenn man rechtzeitig behandelt wird.«
     
    Die Ärzte verloren Ed Gambini eine Stunde später. Wheeler rief Harry im Büro an und teilte ihm mit, daß Gambini den ärztlichen Angaben zufolge nie das Bewußtsein wiedererlangt habe. »Es tut mir leid«, sagte Pete.
    »Weiß seine Familie Bescheid?«
    »Darum wird man sich jetzt kümmern. Soll ich Leslie anrufen?«
    »Nein«, widersprach Harry, »das mache ich schon.«
    Er entschied, sie nicht mit der Neuigkeit zu konfrontieren, solange sie mit dem Auto unterwegs war. Statt dessen rief er in ihrem Büro an und hinterließ auf dem Anrufbeantworter die Nachricht, sie möge ihn bitte zurückrufen, sobald es ihr möglich sei. Etwa eine Stunde später rief sie an. Sie ahnte bereits, was geschehen war.
    »Er ist nicht wieder aufgewacht«, erklärte ihr Harry. Warum erschien dieses Detail nur so wichtig?
    Ihre Stimme zitterte. »Wann ist die Beerdigung?«
    »Donnerstag. Übermorgen.« Er nannte ihr Ort und Zeit, und Leslie erklärte, sie werde dort sein.
    »Bist du in Ordnung?« fragte Harry.
    »Ja. Mir geht’s gut.«
    »Glaubst du, das Projekt hat ihn umgebracht?«
    »Du meinst, weil man es ihm weggenommen hat?«
    »Ja.«
    »Das bezweifle ich. Menschen sterben für gewöhnlich nicht aus Enttäuschung, auch wenn viele das behaupten. Ed hatte das Problem die ganze Zeit über. Hätte sein Herz nicht letzte Nacht versagt, dann nächste Woche oder nächsten Monat. Oft ist nur die Frage, wann jemand stirbt.«
    Sie redeten noch einige Minuten über Belanglosigkeiten, dann erklärte sie Harry, sie habe einen Patienten, mit dem sie sich nun beschäftigen müsse, und falls sie noch etwas für ihn tun könne, solle er es sie wissen lassen. »Wir sehen uns am Donnerstag«, sagte sie noch, dann legte sie auf.
    Im Labor nahm alles wieder den gewohnten Lauf. Sobald die konfiszierten Computer durch neue ersetzt waren, wäre alles wieder ganz beim alten. Die NSA würde die alten Rechner und Einzelkomponenten gewiß einbehalten, aber die Ersatzlieferung war bereits innerhalb der nächsten Tage fällig. Die neuen Geräte seien wesentlich leistungsfähiger, hatte man Harry versichert, und auf dem neuesten Stand der Technik.
    Diese Mitteilung hatte ihn gefreut. Nun aber war es an der Zeit, die letzte Kopie des Herkules-Texts loszuwerden.
    Harry holte sein Schlüsselbund aus der Aktentasche und öffnete die untere, linke Schreibtischschublade. Er nahm das Päckchen heraus und vergewisserte sich, daß sich noch alle sechs CDs darin befanden. Dann steckte er das Päckchen in die Aktentasche und ging zum Schrank, dem er einen Plastikaufbewahrungsbeutel für Kleidung entnahm.
    Harry sah sich im Büro um, erblickte einen alten Briefbeschwerer (eine kleine Büste des Südstaatengenerals Robert E. Lee, die ihm einer seiner Mitarbeiter einmal zu Weihnachten geschenkt hatte) und verstaute ihn zusammen mit dem Beutel im Aktenkoffer. Sodann ging er ins Vorzimmer und teilte Edna mit, er fühle sich nicht allzu wohl. »Ich werde mir den Rest des Tages freinehmen«, sagte er.
    Bemüht ungezwungen fuhr er durch das Haupttor und bog auf den Umgehungsring ab. Nach wenigen Minuten nahm er die Ausfahrt auf die I-50 und folgte ihr nach Osten Richtung Annapolis. Harrys Puls beschleunigte sich. Als gutem Bürokraten widerstrebte ihm alles Unwiderrufliche. Seine Instinkte und seine Erfahrung geboten ihm, von dem Vorhaben abzusehen. Doch was auch immer sich in ihm gegen die Tat sträubte, er wußte dennoch, daß es ihm besser ginge, wenn er sich des verdammten Datensatzes endlich entledigt hätte.
    Der verdammte Datensatz.
    Eine merkwürdige Bezeichnung für das Päckchen, das sich in seinem Besitz befand und so viel alltägliches und geheimnisvolles Wissen barg.
    An diesem Morgen herrschte auf den Straßen nicht viel Verkehr, so daß er zügig Bowie passieren und den Patuxent River überqueren konnte. Julie rief ihn an, als er auf den Aris-Allan-Boulevard abbog.
    »Ich brauche deinen Rat«, sagte sie. »Ellen glaubt, wir sollten Tommy nicht so einfach aufgeben. Sie meint, wir sollten eine zweite Meinung einholen.«
    Harry haßte das Hin und Her bezüglich Tommys Krankheit. Julie las alle wissenschaftlichen Zeitschriften, blieb den immer wiederkehrenden Voraussagen verhaftet, daß eine Heilung
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