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Erstkontakt

Erstkontakt

Titel: Erstkontakt
Autoren: Jack McDevitt
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Harry. »Er hat seine Außerirdischen gefunden. Ich denke, er ist endlich zufrieden. Er kommt schon zurecht.«
    »Das hoffe ich.« Leslie machte einen nachdenklichen Eindruck. Sie wirkt beinahe verloren, dachte Harry. »Glaubst du an Zauberei, Harry?«
    Er ahnte, welche Antwort sie erwartete. Dennoch schüttelte er den Kopf und versuchte, sie ein wenig aufzuheitern. »Nein. Nur Public Relations besitzen Zauberkraft.«
    Sie grinste. Ihr spitzbübisches Kleinmädchenlächeln veränderte ihre Ausstrahlung völlig, dann wich der Ausdruck aus ihrem Gesicht, und sie wirkte wieder ernst, fast schon stoisch. »Des Königs Hand war zum Greifen nahe, und wir haben die Chance vertan.«
    Harry runzelte die Stirn. »Des Königs Hand?« Was fiel ihm bei dieser Metapher ein? Daß man Monarchen in früheren Zeiten nachsagte, sie könnten Krankheiten durch bloßes Handauflegen heilen? »Ich denke, das haben wir wohl«, sagte er.
    Sie sank in seine Arme. »Mir tut es leid, daß ich nicht gleich am ersten Tag Kopien von meinen Daten gemacht und sie per E-Mail in der ganzen Welt verbreitet habe.« Leslie war entweder angetrunken oder wütend. Jedenfalls sprach sie sehr laut, und aller Augen richteten sich auf ihren Tisch. »Wenn wir das nächstemal jemanden sehen, der an Multipler Sklerose oder an Kinderlähmung erkrankt ist«, sagte sie zu den anderen, »wenn wir einen Blinden oder Tauben sehen, müssen wir uns daran erinnern, daß wir die Heilung wahrscheinlich in Händen hielten. Und daß wir tatenlos zugesehen haben, als man sie begrub.«
    Harry drehte sich der Magen um. »Hey«, sagte er, um die Situation aufzulockern, »wir haben alles getan, was wir konnten.«
    »Das war nicht genug, Süßer.« Leslie wischte sich über die Augen. »Mich würde es gar nicht wundern, wenn unsere Politiker auf einmal außergewöhnlich alt würden.«
    »Das glaubst du nicht wirklich?« fragte er.
    »Warum nicht? Ich jedenfalls könnte der Versuchung nicht widerstehen, böte sich mir die Möglichkeit, mein Leben zu verlängern. Könntest du das?«
    Harry fühlte sich mit einemmal schuldig. Leslie sah ihn eingehend an; sie wußte von der Injektion, die Hakluyt ihm verabreicht hatte. Dann lenkte sie von der Situation ab. »Harry, kannst du mich bitte nach Hause bringen? Ich habe zuviel getrunken und kann nicht mehr selbst fahren.«
     
    Gambini träumte tief und fest. Er kämpfte sich einen Berg hinauf, dessen Gipfel ständig zurückwich, so daß er seinem Ziel nicht näherkam. Auf dem Bergrücken stand eine Bank, die ihn zum Ausruhen einlud und von der aus er die Aussicht auf das darunterliegende Tal würde genießen können – wie auch immer dieses Tal aussehen mochte. Doch gab der Boden unter seinen Füßen immer wieder nach, so daß Gambini das Gleichgewicht verlor und talabwärts schlitterte. Sein Herz klopfte heftig, als der Bergkamm plötzlich verschwand und er sich in zerwühlten Bettlaken wiederfand; Gambini blickte in die Dunkelheit wie ein gehetztes Tier. Das düstere Tosen der Meeresbrandung erfüllte das Schlafzimmer.
    Sein Herz raste noch immer, hämmerte gegen seine Rippen und drohte zu explodieren. Ruhig lag er da und versuchte, seinen Herzschlag durch bloße Willenskraft zu verlangsamen. Er konnte förmlich hören, wie das Pochen mit dem Rhythmus der Brandung verschmolz.
    Gambini hatte bereits früher einmal Herzprobleme gehabt, leichte Rhythmusstörungen, nichts Ernsthaftes, wenn man Herzbeschwerden überhaupt als ›nicht ernsthaft‹ einstufen konnte. Aber nun spürte er, wie sich sein Herz aufblähte, wie es anschwoll, und er begriff, daß er soeben einen Herzanfall erlitt. Er tastete mühsam nach dem Telefon, ergriff den Hörer und wählte 9-1-1.
    »Herzanfall«, sagte er dem Mann am anderen Ende der Leitung. »Glaube ich.« Er gab seinen Namen und seine Adresse an, und der Mann versicherte ihm, daß bereits Hilfe unterwegs sei.
    »Legen Sie noch nicht auf«, sagte der Mann.
    »Okay.«
    »Liegen Sie im Bett?«
    »Ja.«
    »Haben sie ein Aspirin griffbereit?«
    »Medizinschrank. Im Bad.«
    »Okay. Versuchen wir’s. Können Sie sich aufsetzen?«
    »Weiß nicht.«
    »Versuchen Sie’s.«
    Die äußeren Ränder seines Sichtfelds verdunkelten sich. »Nicht gut«, sagte er ins Telefon.
    Auf die Antwort des Mannes hörte er nicht mehr. Er glaubte, sterben zu müssen, und fürchtete sich gar nicht so sehr davor, wie er bislang immer gedacht hatte. Wenn irgendwo auf der anderen Seite jemand über sein Leben Buch geführt hatte, brauchte
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