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Herzgespinst - Thriller

Herzgespinst - Thriller

Titel: Herzgespinst - Thriller
Autoren: C. Bertelsmann
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1
    D er Himmel war so blau.
    Julia liebte diesen heißen Sommer und das mattgelbe Korn.
    Die Äcker wurden bereits künstlich bewässert, denn es hatte seit Wochen nicht mehr geregnet. Im Radio warnten besorgte Experten vor den sich ausbreitenden Bränden. Lagerfeuer waren unter Androhung von hohen Geldstrafen untersagt.
    In den Krankenhäusern stieg die Anzahl von Zeckenbissen und Sonnenstichen in astronomische Höhen. Besorgte Mütter schickten ihre Kinder erst am frühen Abend zum Spielen auf die Straße. Und sogar einige Freibäder wurden wegen Überfüllung vorübergehend geschlossen.
    Zum ersten Mal waren die Mineralwasservorräte knapp, dafür boomte die Speiseeis-Branche. Einzig bei den Bestattern lief das Geschäft Sommer wie Winter gleich. Gründe zu sterben gab es immer.
    Julia raste auf ihrem Mountainbike die schmalen Feldwege entlang und genoss die sengende Hitze. Sie brannte sich wie hundert kleine Flammen in ihre Haut. Nur der Fahrtwind kühlte.
    Nach dem nächsten Abzweig ging der holprige Weg eine Weile geradeaus. Sie kannte diese Strecke wie im Schlaf. Julia war sie früher oft zusammen mit ihrem Vater gefahren.
    Jetzt kam es darauf an. Sie trat so heftig in die Pedale, dass ihr jäh der Atem wegblieb. Ihr Mund fühlte sich staubig an und sie hatte Durst. Aber nun war nicht der Moment um anzuhalten.
    Sie hatte wie immer keine Sonnenbrille auf.
    Über alles liebte Julia den Kick bei höchster Geschwindigkeit in den glühenden Sonnenball zu schauen und erblindet die Lider zu schließen.
    Sekunden später explodierte das beißende Licht in ihren Augäpfeln und zerschmolz darin wie hunderttausend Farbsplitter.
    Julia fühlte den Schmerz. Sie musste plötzlich laut schreien.
    In Todesangst riss sie die Augen wieder auf.
    Direkt vor ihr erkannte sie die Umrisse eines Elektrozauns.
    Im letzten Moment bockte sie das Vorderrad auf und segelte in hohem Bogen über die Absperrung. Dabei ließ sie die Lenkstange los.
    Noch während des Sturzes dachte sie daran, auf keinen Fall auf Kopf oder Brust zu landen. Sie rollte sich wie eine Kugel ein und federte den Aufprall mit ihrer linken Seite ab.
    Aus dem Augenwinkel beobachtete sie, wie das Mountainbike kerzengerade weiterschoss und seine Fahrt schließlich erst von einem Pfosten gebremst wurde.
    Julia richtete sich vorsichtig auf.
    Das verdorrte Gras hatte ihre Haut blutig geratscht und ihre weißen Shorts schmutzig gemacht. Sonst war nichts passiert.
    Sie stützte sich auf die Hand und stöhnte. Die Dornen einer Mariendistel bohrten sich in ihre Haut. Gewissenhaft entfernte sie die Widerhaken mit ihren langen Fingernägeln.
    Als sie aufstand, spürte sie den Schmerz in ihrer Hüfte. Auftreten machte ihr Mühe. Aber nach ein paar weiteren Schritten lief sie bereits wieder normal.
    Wie durch ein Wunder hatte das Mountainbike keinen Kratzer abgekriegt.
    Sie hievte es über den Elektrozaun zurück auf den Feldweg. Zum ersten Mal hatte sie die Spur nicht gehalten.
    Der Zaun an dieser Stelle war neu. Das gefiel ihr nicht. Sie war einfach viel zu lange nicht mehr hier gewesen.
    Die letzten zwei Kilometer fuhr sie trotz des Sturzes schnell.
    Erst als sie die Scheune im Blick hatte, atmete sie auf.
    Sie stieg vom Sattel und schob das Bike die letzten hundert Meter zu Fuß.
    Nachdem sie die Scheune einmal ganz umrundet hatte, war sie beruhigt.
    Wenigstens hier war alles so wie immer.

2
    I hre älteste Erinnerung an diesen Ort war, als sie drei war. Sie hatte mit ihrem Vater ein frisch geborenes Kälbchen besucht, und er hatte ihr einen Birkenstock geschnitten und diesen mit Mustern verziert. Sie hatte sich ihn versehentlich ins Auge gestoßen. Das hatte schrecklich wehgetan. Ihr Vater hatte das schmerzende Auge an der Kuhtränke gekühlt, ihre Tränen getrocknet und ihr warme Milch von der Mutter des kleinen Kälbchens gebracht.
    Er hatte immer eine Idee gehabt, wie er sie trösten konnte.
    Den Stock, mit dem sie sich verletzt hatte, zerhackte er vor ihren Augen in kleine Stücke und verbrannte ihn mit Zeitungspapier. Obwohl das eigentlich streng verboten war. Auch damals war es ein sehr heißer Sommer gewesen.
    Später war sie oft alleine in die Scheune geschlichen, um ihren Vater aus ihrem Versteck vom Heuboden aus bei der Arbeit auf dem Feld zu beobachten.
    Ihm gehörte das Acker- und Weideland, so weit Julia schauen konnte. Erst nach seinem Unfall hatte ihre Mutter alles verkauft.
    Jetzt wurde die Scheune nicht mehr genutzt. Aber es gab sie immer noch.
    Der neue
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