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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt
Autoren: Cate Tiernan
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an einem losen Faden an den durchgewetzten Knien seiner Jeans. Was dieser Mann aus seinen Jeans machte, sollte man auf Flaschen ziehen und verkaufen. Ich blinzelte und konzentrierte mich auf seine Worte. »Wir haben deinen Schal am Straßenrand gefunden, vom Regen durchweicht. Ich wusste, dass du ihn nie abgenommen hättest, nicht solange du noch atmest. Also haben wir mit dem Schlimmsten gerechnet. Aber River sagte: >Lasst uns wenigstens ihre Leiche holen.< Und so folgten wir den wenigen Spuren, die wir noch aufnehmen konnten.«
    »Ihr habt das alles nur für meine Leiche getan«, stellte ich verblüfft und dankbar fest.
    Reyn schaute auf und war plötzlich ein bisschen gereizt. »Klar. Wir wollten dich ausstopfen lassen - als abschreckendes Beispiel für zukünftige Schüler.«
    Ich grinste. »Ihr hättet mir Räder anmontieren und mich von einem Zimmer zum anderen rollen können.«
    Reyn nickte humorlos. »Wir landeten schließlich vor diesem Lagerhaus - wir waren vorher schon ein paarmal daran vorbeigefahren. River hat vermutet, dass es durch einen Zauber getarnt war. Schließlich haben wir dann im ersten Stock flackernde Lichter bemerkt und versucht, die Tür an der Laderampe aufzubekommen. Und dann traf uns diese massive Welle von Magie, richtig starker Magie.« Er schüttelte bei der Erinnerung daran den Kopf. »Wir wussten, dass du das warst. Es fühlte sich nach dir an. Es war unglaublich.« Aus seiner Stimme klang so viel Erstaunen und Bewunderung heraus, dass meine Wangen zu glühen begannen. Icherinnerte mich noch gut an die Mischung aus Ekstase und Schmerz, als ich meine weiße Taube fliegen ließ. Ich wollte das noch einmal erleben. Aber diesmal mit mehr Training und weniger Nasenbluten.
    Er zuckte mit den Schultern. »Und dann sind wir reingegangen, um dich zu holen.«
    Ich schluckte. Die nächsten Worte zu sagen, war ungefähr so angenehm, wie Nägel zu kauen. »Ich ... ich bin euch wirklich dankbar, dass ihr gekommen seid, um mich zu suchen. Mich zu retten, falls es nötig war. Oder zurückzuholen, was übrig war.«
    Reyn sah mich gleichmütig an. »Natürlich. Wir hatten keine andere Wahl. Du bist eine von Rivers Schülerinnen. « »Äh«, machte ich verletzt. »Jetzt geht es mir besser. Vielen Dank.«
    Reyn fuhr sich durchs Haar. »So habe ich das nicht gemeint.« »Nein? Wie hast du es denn gemeint?« Ich beschloss, diesmal die Würmer aus ihm herauszukitzeln. »Okay, River musste eine ihrer Schülerinnen retten. Schön. Und was warmit dir? Wieso warst du da? Nur, weil du groß und stark bist und jeden verhauen kannst?« So. Jetzt hatte ich ihn aufgespießt wie einen Käfer.
    »Nein«, sagte er stirnrunzelnd. »Sei doch nicht immer so boshaft. Ich war da, weil das, was zwischen uns beiden läuft, noch lange nicht vorbei ist.« Die Ehrlichkeit, die ich von ihm verlangt hatte, entwaffnete mich. Ich sah ihm in die Augen, so tiefgolden und leicht schräg stehend und so klug, so wissend, so erfahren.
    Ich nickte. Ich hatte nicht die Zeit, so zu tun, als wüsste ich nicht, was er meinte. Ich hielt den Atem an; dies war der Moment, in dem er mich in die Arme nehmen würde und wir anfingen, herumzuknutschen wie ein paar verliebte Highschoolkids. Ich verspürte bereits das bekannte Gefühl: Reyn + Heu = absolutes Glück.
    »Warte hier«, sagte er und plötzlich stand er auf und verließ die Box. Ich starrte ihm hinterher. Machte er jetzt einen
    Rückzieher? Aber nach weniger als einer Minute kam er zurück und hatte etwas in den Händen. Etwas Weißes, Wurmähnliches. Er kniete sich ins Heu und zeigte es mir: Es war der mickrige Welpe aus Mollys Wurf.
    »Hm«, murmelte ich wenig begeistert.
    Der Welpe bewegte sich in seinen Händen, drehte sich um und gähnte und streckte seine langen Beine. Ich hatte ihn seit der Nacht, in der er geboren wurde, nicht mehr gesehen und er sah immer noch genauso unknuddelig aus wie vorher.
    »Sie gehört mir«, sagte Reyn so stolz und voller Liebe, dass ich große Augen machte. So hatte ich ihn noch nie gesehen und es war wirklich erstaunlich, denn er wirkte plötzlich viel jünger und glücklicher. Es war, als würde man den perfekten Mann nehmen und ihn auf unerklärliche Weise noch perfekter machen. Mir klappte beinahe der Unterkiefer herunter und ich sah ihn fasziniert an.
    Er fuhr zart mit einem Finger über den dünnen Körper des Welpen. Der gähnte wieder und ich konnte die kleinen
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