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Ersehnt

Ersehnt

Titel: Ersehnt
Autoren: Cate Tiernan
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so viel falsch gemacht.
    Ich brach ein Stück Brot ab und tauchte es in die orangefarbene Suppe. Nachdem ich all die Schrecken dieserNacht im Lagerhaus so hautnah miterlebt hatte, war ich überzeugt gewesen, nie wieder etwas essen zu können. Aber jetzt spürte ich, dass ich tatsächlich halb verhungert war. »Du bist viel stärker als er«, sagte River bestimmt. »Und dann?«
    »Er hat gesagt, ich wäre nicht stark genug, um ihn draußen zu halten. Er hat gesagt, dass bei mir deswegen hier alles schiefgegangen ist. Er hat all die schlimmen Sachen bewirkt ... dass meine Zauber nach hinten losgingen, ich mich mit allen gestritten habe und gefeuert wurde. Er hat gesagt, dass das alles sein Werk war - er hat mich verflucht und das hat alles um mich herum vergiftet.«
    River und Anne tauschten einen Blick.
    »Ich sage Solis und Daisuke, dass sie eine Reinigung vornehmen sollen«, erklärte Anne und verließ das Zimmer.
    »Wenn das stimmt, gibt es hier etwas, das er benutzt hat, um an dich heranzukommen«, erklärte River. »Wenn das der Fall ist, werden die beiden es finden und zerstören. Aber ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Incy stark genug für diese Art von Magie ist.«
    »Nicht er allein«, sagte ich, denn es fiel mir gerade wieder ein. Ich erzählte River alles, was Incy über die mysteriöse Miss Edna gesagt hatte - was nicht viel gewesen war. Bei dem Bericht über Miss Ednas Bar schauderte ich und vergrub mein Gesicht in den Händen. »Ich habe das alles hierher gebracht«, murmelte ich mit hochrotem Kopf.
    »Stimmt«, sagte River. Sie nahm sich ein Stück von meinem Brot und aß es. »Aber bilde dir deswegen bloß nicht ein, dass du die schlimmste Person von allen bist oder dass das die schlimmste Sache aller Zeiten ist oder dass du einen neuen Rekord im Versagen aufgestellt hast.«
    »Du willst ja nur, dass ich mich besser fühle«, sagte ich und aß ein wenig Suppe. Es war Kürbissuppe mit Curry und sie war fantastisch. Das erste richtige Essen seit Tagen. River lächelte kurz. »Zugegeben. Ich will nicht herunterspielen, was passiert ist. Das war wirklich schlimm. Sehr dunkel, sehr böse. Incy ist ein gefährlicher dunkler Magier und wird vermutlich noch lange so bleiben. Ich bedaure die beiden Todesfälle, die er verursacht hat, zutiefst. Und ich bedaure die Rolle, die du in diesem Fiasko gespielt hast.« Jetzt fühlte ich mich wieder schrecklich. Ich legte den Löffel weg.
    »Aber du hast Incy nicht auf die dunkle Seite getrieben und du hast diese Menschen nicht getötet«, fuhr River fort. »Und obwohl das Ganze eine Tragödie ist, ist es längst nicht so schlimm wie das, was andere Leute im Laufe der Jahre hier angeschleppt haben.«
    Ich brannte darauf zu wissen, wer und was, aber wahrscheinlich war es zu unverschämt nachzufragen, dennochkonnte ich mich nicht bremsen. »Was denn zum Beispiel und wer?« Ich nahm den Löffel wieder in die Hand.
    River schmunzelte. »Ich verrate niemanden. Aber ich wette, dass die anderen in den nächsten Tagen darauf brennen werden, dir ihre Geschichten zu erzählen. Bei manchen davon werden dir die Haare zu Berge stehen. Und manche von ihnen hatten unangenehme, manchmal sogar katastrophale Konsequenzen für uns hier.«
    Oh, Gott sei Dank. Schon klar, wie das gemeint war, oder? Aber ich schämte mich trotzdem, wie schlecht ich meine Zeit hier genutzt hatte. Und alle anderen wussten sicher längst, was passiert war. Nein, es würde überhaupt nicht peinlich sein, ihnen gegenüberzutreten. Es wird ganz sicher ein Heidenspaß. Urrgh.
    Ich aß langsam meine Suppe. River nahm meine Hände und bestrich die Blutergüsse und Splitterwunden mit einer Salbe. Sie roch nach Borretsch, Teebaumöl und Paraffin und wirkte wunderbar lindernd. Es gab immer noch so vieles, das mir auf der Zunge brannte: Woher hatten sie gewusst, dass ich Hilfe brauchte? Woher hatten sie gewusst, wo ich war? Was war mit den Leichen von Boz und Katy geschehen? Wo war Reyn? Wieso war er noch nicht gekommen?
    Plötzlich fühlte ich mich vollkommen erledigt, erschlagen von der Last der Geschehnisse. Trotz allem, was River gesagt hatte, war dies eine schreckliche, verfahrene Situation und ich kam mir so verdorben vor.
    Obwohl ...
    »Am Schluss, als ich Incy überwältigt hatte«, sagte ich langsam. »Da habe ich das Schwert aufgehoben, das er benutzt hat, um ... Jedenfalls hatte ich einen solchen Hass auf ihn. Er hatte versucht, mich
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