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Error

Error

Titel: Error
Autoren: N Stephenson
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war – durchaus vernünftig – größtenteils nach vorn in den Wald hinein gerichtet. Aber er blickte immer wieder in die Richtung zurück, aus der Richard vor kurzem in das Camp gelangt war. Einen solchen Moment nutzte Richard, um aus der Deckung zu stürzen und vielleicht die Hälfte der Strecke von der Baumgrenze bis zur Hütte zu »sprinten«, wobei er Jones im Auge behielt. Irgendwann bemerkte Jones ihn und schwenkte die Kalaschnikow herum. Daraufhin warf sich Richard wieder zu Boden und robbte den Rest des Weges bis zur Hütte, während Schüsse aus Jones’ Gewehr durch die Luft pfiffen. Falls Jones unbegrenzt Munition dabeihätte, hätte er Richard sehr viel dichter beschießen können und ihn fast sicher getroffen. Aber er schien seine Patronen zu sparen – was nur gut war. Allerdings fragte sich Richard, was in den letzten Stunden für Jones schiefgegangen war. Wieso ging er wieder zurück, allein, mit dezimiertem Munitionsbestand? Was war heute Morgen am Prohibition Crick passiert?
    Sobald Richard die sichere Seite der Hütte erreicht hatte, rappelte er sich hoch, wankte erschöpft zur Tür hinein und stolperte in der plötzlichen Dunkelheit über etwas Weiches, das sich als die Leiche von Erasto entpuppte. Fliegen machten sich bereits darüber her. Wo kamen in solchen Situationen eigentlich Fliegen her?
    Er musste gegen einen starken Brechreiz ankämpfen, während er auf der Suche nach Waffen die Leiche abtastete. Aber das hatte bereits jemand getan und seinem verstorbenen Kameraden alles bis auf ein Magazin für eine Pistole abgenommen, die nicht mehr da war.
    Über die verrottenden Überreste des eingestürzten Dachs schob sich Richard auf den Knien bis zu einem leeren Fenster, streckte kurz den Kopf hoch und zog ihn gleich wieder zurück. Jones hatte den Kurs gewechselt und hielt jetzt direkt auf die Hütte zu, das Gewehr schussbereit im Anschlag.
    »Noch ein Forthrast, der sich in der Ruine einer Blockhütte verkriecht und auf den Tod wartet«, sagte Jones. »Konsequent seid ihr, das muss ich euch lassen. Leider habe ich keine Panzerfaust, wie wir sie bei der Hütte Ihres Bruders eingesetzt haben, aber die Ergebnisse werden die gleichen sein: ein Haufen totes Fleisch in einer kaputten Hütte.«
    Als jüngerer Mann hätte sich Richard von solchem Gerede vielleicht stark beeindrucken lassen. So aber ignorierte er weitgehend die Bedeutung der Worte selbst und benutzte sie im Wesentlichen als Möglichkeit, Jones’ Position zu verfolgen. Er hatte den Revolver gezogen, die Trommel überprüft, sich vergewissert, dass sie noch mit allen fünf Patronen geladen war. Er legte den Daumen auf den wuchtigen Hahn und zog ihn zurück, bis er einrastete.
    »Sehen Sie«, sagte Jones, »wenn Sie den Fehler machen, mich so nah heranzulassen, braucht die Granate keine Treibladung.«
    Richard saß auf dem Boden unter dem Fenster, schaute zu dem Lichtstrahl auf, der einfiel, und sah einen Gegenstand hereinfliegen, an der gegenüberliegenden Wand abprallen und auf den Boden fallen – der eigentlich das ehemalige Dach war. Der Gegenstand kullerte noch ein Stück weit und blieb etwas mehr als eine Armlänge von ihm entfernt liegen. Richard drehte sich darauf zu. Seine Hand schloss sich im selben Moment darum, in dem sein Bewusstsein registrierte, was es war: eine Granate. Es wäre klug gewesen, vermutete er später, sie durch dasselbe Fenster auf Jones zurückzuwerfen, aber von hier aus einfach und naheliegend – und schnell – war der Wurf zur leeren Tür hinaus. Dorthin also warf er sie und sah sie zu seiner Erleichterung hinter der aus Beton gegossenen Eingangsstufe aus dem unmittelbaren Wirkungsbereich verschwinden. Sie explodierte, und noch ein paar Sekunden danach drehte sich Richards Leben um nichts anderes.
    Aber nur ein paar Sekunden lang. Er hatte zu lange gewartet, war zu konservativ gewesen; war der Wirkung dieser Granate nur mit viel Glück entgangen. Er rappelte sich hoch – etwas wackelig nicht nur wegen des Knöchels, sondern auch von der benommen machenden Wirkung der Explosion – und drückte sich neben dem Fenster mit dem Rücken an die Wand. Durch die Öffnung konnte er einen schmalen Ausschnitt der Welt draußen sehen, doch Jones befand sich nicht in diesem Ausschnitt. Er hielt den Revolver vor sich, drehte sich auf seinem gesunden Fuß und zeigte sich lange genug in der Fensteröffnung, um das sich draußen bietende Bild vollständig zu erfassen.
    Jones war bei ungefähr zehn Uhr und weiter
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