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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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länger.«
    »Das ist vielleicht verkehrstechnisch gesehen gar keine schlechte Variante. So müssen Sie nicht an der Ampel im Ortszentrum von Mutterstadt vorbei. Selbst mitten in der Nacht steckt man da minutenlang fest.«
    Es war bereits kurz nach elf, als wir die vier Kreisel, die am nordöstlichen Ortsende von Limburgerhof innerhalb eines knappen Kilometers jeden ortsfremden Autofahrer um den Orientierungssinn und um den Verstand brach ten, durchfuhren.
    In Fahrtrichtung konnte ich bereits die vielen Lichter Mutterstadts sehen, als Becker neben mir plötzlich un ruhig wurde.
    »Schauen Sie mal, da drüben!«, rief er erstaunt. Er zeigte mit seiner Hand nach rechts zum Großmarkt Siegfried.
    »Da tut sich doch was. Um diese Uhrzeit habe ich hier noch nie Autos parken sehen. Ich bin mir zwar nicht ganz sicher, aber ich denke, ich habe eben einen schwachen Lichtschimmer gesehen.«
    Ich legte eine ordentliche Vollbremsung hin.
    »Und, was wissen Sie noch?«, fragte ich ihn in beson ders hartem Ton.
    Er schaute mich erstaunt an.
    »Wie meinen Sie das, Herr Palzki? Ich habe keine Ahnung, weshalb da heute die Autos stehen. Normalerweise ist das Gelände, wenn ich nachts heimkomme, menschenleer.«
    »Okay, dann werden wir mal nachschauen. Da Sie schon mal hier sind, können Sie auch mitkommen. Aber Sie ver halten sich absolut ruhig und machen bitte keine Extra touren, okay?«
    »Ja, ist schon in Ordnung. Wahrscheinlich gibt das so wieso noch eine Pleite.«
    Ich parkte 50 Meter hinter der Einfahrt im Straßen graben. Als ahnte ich, dass ich sie gebrauchen konnte, schnappte ich mir die Tasche mit dem Teleobjektiv.

22
    Der Neumondhimmel war bis auf wenige Zirruswolken unbedeckt. Es herrschte eine relative Dunkelheit, die nur durch die Straßenbeleuchtung der nahen Ortsbebauungen etwas aufgehoben wurde. Unsere Augen hatten sich in kürzester Zeit an diese kargen Lichtverhältnisse gewöhnt, sodass wir problemlos am Rand des Zufahrtswegs zu den Hallen schleichen konnten. Becker hatte recht gehabt, ne ben dem Bürogebäude parkten außer Petersens Luxus- schlitten und dem uns bereits bekannten Transporter zwei weitere Pkws.
    Wir ließen uns Zeit, viel Zeit. Durch Handzeichen und gelegentlichem Flüstern gab ich Becker zu verstehen, dass wir zunächst den Firmenkomplex umkreisen würden. Die ses Vorhaben dauerte bestimmt eine Viertelstunde. An schließend verdrückten wir uns zwecks weiterer Abstim mung einige Meter ins Feld hinein.
    »Was meinen Sie?«, fragte ich Becker leise.
    »Keine Ahnung, was da los sein könnte. Mir ist auf gefallen, dass nur in der Halle links hinten Licht brennt. Alles andere ist stockdunkel.«
    »Genau, das Gleiche habe ich auch bemerkt. Und genau vor dieser Halle stehen im Moment zwei Lkws. Vielleicht sind die mit dem Beladen nur etwas spät dran?«
    »Das könnte natürlich sein. Aber trotzdem scheint mir das Ganze doch ziemlich mysteriös zu sein, so als wollte man etwas verbergen.«
    »100 Punkte, Herr Becker. Wir beide haben anschei nend das gleiche ungute Gefühl im Magen. Hier ist ei niges oberfaul. Und ich weiß, wie wir weiter vorgehen werden.«
    Ein Tatort-Kommissar würde jetzt natürlich zur Auf rechterhaltung des Spannungsbogens der Sache im Al leingang auf den Grund gehen. Doch als ausgebildeter Beamter wusste ich, wo die Grenzen einer Eigenermittlung lagen. Und diese Grenzen hatte ich bereits deutlich über schritten. Ich zückte mein Handy, das ich ausnahmswei se diesmal bewusst eingesteckt hatte und schaltete es ein. Wie sollte es anders sein: Der Akku war leer. Ich fluchte wegen dieser Fahrlässigkeit innerlich vor mich hin, ohne dass Becker davon etwas mitbekam. Klar, ich konnte zum Wagen zurückgehen und meine Kollegen per Polizeifunk informieren. Hin- und hergerissen stand ich da und über legte. Da mein Adrenalinspiegel sowieso schon die gefühlte Maximaldosis erreicht hatte, hatte ich leichtes Spiel, um mit aufkommenden Bedenken über eventuelle Risiken fertig zu werden. Bei den Tatort-Kommissaren ging es ja schließlich auch immer gut aus.
    Ich schnappte den Studenten am Arm und zog ihn mit mir in Richtung Halle. Hier waren die beiden erwähnten Lkws rückwärts an die Laderampen angedockt. Die Lade rampen waren etwas in die Hallen hinein versetzt, sodass der letzte Meter der Lkw-Hänger jeweils in die Halle ragte. Die Öffnungen der Rampen waren mit langen beweglichen Gummipolstern verhängt, sodass ein Blick in die Halle aus dieser Entfernung nicht möglich war.
    Der rechte
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