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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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dann noch der Todesfall im Wild park heute Morgen.«
    »Aha, das haben Sie schon wieder mitbekommen?«
    »Aber Herr Kommissar, das wurde doch schon alles in der Presse breitgetreten.«
    »Wer ist im Moment eigentlich Ihr Hauptverdächti ger?«
    »Da bin ich noch ziemlich hin- und hergerissen. Mein Favorit ist im Moment Siegfried, auch wenn ich das vor Kurzem noch anders gesehen habe. Ich könnte mir einen Showdown hier im Forum durchaus gut vorstellen. Auf der anderen Seite könnte der ermittelnde Hauptkommis sar hinter den Mordfällen stecken.«
    »Bitte?«, schrie ich ihn an.
    »Na ja, zugegebenermaßen müsste ich da noch etwas an Ihrem Profil ändern. Außerdem hätte das den Nachteil, dass es keine Fortsetzung meiner geplanten Krimireihe geben könnte.«
    »Nein, Herr Becker, lassen Sie bloß mein Profil in Ruhe. Ich bin damit ganz zufrieden.«
    »He, so war das nicht gemeint, nehmen Sie das doch nicht so persönlich.«
    »Nein, ich nehme das nicht persönlich. Aber ich bringe ganz bestimmt keine Erntehelfer um. Vielleicht mal hier und da einen Studenten, aber keine Erntehelfer.«
    Becker stutzte einen Moment, bis er die Nichternsthaf tigkeit meines letzten Satzes verstanden hatte.
    »Irgendetwas tut sich da drüben«, stellte ich plötz lich mit einem fernglaslosen Blick über die Straße fest. Er schnappte sich sein Fernglas.
    »Sie haben recht, Herr Palzki. Die ersten Gäste kom men.«

21
    Ich ging zum Kofferraum und holte mir Jacques’ Tasche her aus. Beckers Augen wurden immer größer, als er sah, wie ich das Teleskop auf dem Stativ befestigte und neben dem Beifah rersitz auf dem Parkdeck aufbaute. Damit ich es nicht vergaß, steckte ich sogleich die Speicherkarte dran. Bevor ich es mir dann auf dem Sitz gemütlich machte, zog ich noch schnell den Kopfhörer über. Noch waren es diffuse Verkehrs-und Stadtgeräusche, die ich vernahm. Zur eigenen Sicherheit hatte ich den Lautstärkepegel zunächst ganz niedrig eingestellt.
    Da ich mit der Bedienung des Tele schon vertraut war, gelang es mir in Kürze, mit einer etwa 800er-Brennweite den Spiegelsaal zu finden. Kein Vergleich zu dem Billig schrott von Becker. Ich könnte die einzelnen Cevapcici auf dem Büfett zählen, wenn ich wollte. Da anscheinend laufend neue Gäste begrüßt wurden, konnte ich über mei nen Kopfhörer nur Stimmengewirr vernehmen. Herrlich, es gab keine störenden Nebengeräusche von der Straße oder sonst wo her.
    Becker saß immer noch mit offenem Mund im Fond und schaute mir zutiefst beeindruckt zu.
    Ich veränderte nun leicht die Brennweite, um den Raum näher untersuchen zu können. Ich schätzte, dass ich unge fähr 80 Prozent des Saals durch die Fenster im Blickfeld hatte. Nach einer Weile sah ich die schöne Hannah Weiß den Saal betreten. Sie wurde von einer mir unbekannten Person begrüßt. Auch Knoll kam wenige Minuten später herein. Dieses Mal war er in weiblicher Begleitung und würdigte seine Chefin nicht eines Blickes.
    »Das wird so nichts«, hörte ich den Studenten neben mir fluchen.
    »Ich muss gestehen, Sie haben eindeutig das professio nellere Gerät. Ich werde da jetzt einfach mal rübergehen und schauen, was ich vor Ort erfahren kann. Mich kennt ja dort niemand.«
    Bevor ich ihn zurückhalten konnte, war er schon ver schwunden. Hoffentlich ging das gut. Bei seiner Tollpat schigkeit konnte das leicht in die Hose gehen.
    Ich setzte wieder das Tele an und konnte gerade in die sem Moment den Auftritt Siegfrieds erleben. In üblicher Zuhältermanier schritt er seine Gäste ab. Die Gespräche verstummten. Nur noch Siegfried sprach.
    »Wie, du alter Sack! Alles klar im Rohr?«
    Er schüttelte einem älteren Mann die Hand, ohne ihn näher anzusehen. Schon war er bei der nächsten Person, einer Frau.
    »Na, du? Wann kommst du mal wieder vorbei? Für dich mach ich eine Stunde Pause, hähähä.«
    Bevor die Frau nur ansatzweise reagieren konnte, war er schon beim Nächsten.
    Da die Gespräche automatisch aufgenommen wurden, konnte ich mir den Rest seiner herzlichen Begrüßung er sparen.
    In der Zwischenzeit gönnte ich mir noch den einen oder anderen Schokoriegel. Becker musste ja nicht unbedingt mitbekommen, wie ich meine Hauptmahlzeiten einnahm.
    Nach einer Weile sah ich erneut durch das Tele. Die Be grüßung war vorbei, die Gesellschaft begann gerade, das Büfett zu stürmen. Was ich dann sah, verschlug mir die Sprache. Professor Müller stand in der Tür. Scheiße, wenn da jetzt noch Becker auftauchte, war alles
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