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0025 - Das Geheimnis des Spiegels

0025 - Das Geheimnis des Spiegels

Titel: 0025 - Das Geheimnis des Spiegels
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Die Auktion lief seit einer Stunde. Stühle, Tische und antike Schirmständer waren bereits unter den Hammer gekommen. Nun bot der Ausrufer einen alten Spiegel an.
    Es gab nur wenige Interessenten, und der Preis des Spiegels war günstig. Deshalb versuchte der Antiquitätenhändler Allan Barbazon, das alte Stück zu ersteigern. Doch er wollte es nicht um jeden Preis haben.
    Sollte einer mehr bieten, konnte er ihn in Gottes Namen haben.
    Der Antiquitätenhändler Barbazon war ein Mann mittleren Alters, mit grauen Schläfen und einem nicht zu übersehenden Bauch.
    Die Augen standen dicht zusammen. Auf den ersten Blick wirkte der Mann mißgelaunt, doch seine Freunde und Kunden kannten ihn als einen netten und fröhlichen Menschen.
    Barbazon hob erneut die Hand. Die ersten Interessenten schieden aus. Außer Barbazon bemühten sich jetzt nur noch zwei weitere Händler um den Spiegel. Einer saß in der ersten Reihe, der andere stand hinter Barbazon.
    Beim nächsten Angebot stieg der Mann in der ersten Reihe aus. Und gleich darauf bot auch der Mann hinter Barbazon nicht mehr mit.
    Der Auktionator blickte abwartend in die Runde. Er redete wie ein Maschinengewehr. »Noch jemand? Bietet jemand mehr? Höre ich mehr?…«
    Gleichgültige Gesichter. Achselzucken. Niemand war mehr an dem Spiegel interessiert, und so bekam ihn Allan Barbazon, der sich über den günstigen Einkauf freute.
    Eine halbe Stunde später saß Barbazon in seinem Wagen. Der Spiegel lag gut verpackt auf den Rücksitzen. Barbazon lenkte sein Fahrzeug durch den dichten Londoner Verkehr.
    Bedenken kamen ihm. Ob es richtig gewesen war, den Spiegel zu ersteigern? Plötzlich war Allan Barbazon nicht mehr so sicher, einen guten Griff getan zu haben.
    Er hatte mit einemmal eine unerklärliche Abneigung gegen den Spiegel. Er brauchte bloß an ihn zu denken, und schon lief es ihm kalt den Rücken runter. Das war nicht normal.
    Irgend etwas schien mit dem Spiegel nicht zu stimmen. Aber was? Barbazon schluckte trocken. Es war auf einmal heiß im Wagen. Die Luft wurde stickig. Er öffnete das Fenster, aber es nützte nichts.
    Dicke Schweißperlen traten auf seine Stirn. Er fuhr sich nervös mit dem Finger in den Hemdkragen. Was war denn nur los mit ihm? Was hatte er? War er plötzlich krank?
    Unterschwellig hatte er den Verdacht, daß sein Unwohlsein mit diesem Spiegel zusammenhing. Vor der Auktion war er völlig gesund, jetzt hingegen fühlte er sich sterbenskrank. Er verlor die Übersicht, achtete kaum noch auf den Verkehr.
    Hupen tönten. Reifen quietschten. Allan Barbazon riß verstört die Augen auf und erkannte, daß er bei Rot über eine Kreuzung gefahren war. Das war ihm in seinem ganzen Leben noch nicht passiert.
    Er konnte von sich behaupten, ein vorsichtiger, rücksichtsvoller Autofahrer zu sein. Das Überfahren von Stoppschildern und roten Ampeln kam für ihn gleich hinter der Todsünde.
    Und doch war es ihm gerade passiert. Mit zitternder Hand wischte er sich den Schweiß von der Stirn. Er bemühte sich, konzentrierter zu fahren, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab und befaßten sich mit jenem verfluchten Spiegel.
    Endlich erreichte er seinen Antiquitätenladen. Norma, seine Frau – eine Walküre mit dickem, schwammigem Busen und fetten Armen – kam ihm entgegen. Sie hatte wieder zuviel Rouge aufgelegt und sah aus wie ein bemaltes Schaukelpferd.
    »Na, Allan. Was hast du mitgebracht?« fragte Norma neugierig.
    »Einen Spiegel«, antwortete Barbazon. Er nannte seiner Frau den Preis, für den er das Stück bekommen hatte, öffnete die Fondtür und hob das Paket aus dem Auto.
    Ihm fiel auf, daß sich der Spiegel kalt anfühlte. Unnatürlich kalt. Rasch kroch Barbazon die Kälte in die Glieder. Er hatte den Spiegel beinahe fallenlassen.
    »Sag, ist dir nicht gut?« fragte Norma ihren Mann.
    »Mir, wieso?«
    »Du siehst so… so komisch aus.«
    »Ich bin in Ordnung«, behauptete Barbazon. Hätte er seiner Frau von seinen Mutmaßungen erzählen sollen? Er war unglücklich über den Kauf.
    Und er nahm sich vor, den Spiegel so schnell wie möglich wieder abzustoßen. Er war sogar bereit, ihn unter Wert zu verkaufen. Bloß weg mit diesem unheimlichen Ding, das in ihm schreckliche Angstzustände hervorrief.
    Er trug den Spiegel in den Laden und legte ihn auf eine Kommode. Norma wollte ihn auspacken.
    »Laß das!« Es klang wie ein entsetzlicher Schrei.
    Norma wandte sich erstaunt um. »Bist du sicher, daß dir nichts fehlt, Allan?«
    »Laß den Spiegel
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