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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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Gleisdreiecks die Strecke Mannheim nach Paris geworden. Dafür hatte auf schätzungsweise fünf Kilometern Länge eine beachtliche Fläche Ackerland dran glauben müssen. Das alles für vielleicht vier Minuten. Mir blieben noch etwas über sieben Stunden. Und der Kühl schrank war zu allem Überfluss auch noch leer.
    Ich stellte meinen Wagen in die Parkbucht, die direkt nach der ICE-Brücke auf der rechten Seite angelegt war. Für Ortsunkundige war hier ein Stadtplan von Schiffer stadt aufgestellt worden. Das Gelände war mit wilden Müllablagerungen übersät. Man könnte fast annehmen, es gäbe hier keine funktionierende Müllabfuhr. Oder warum kam sonst ein normaler Mensch auf die Idee, seinen Haus müll hier zu entsorgen? Kopfschüttelnd bemerkte ich un ter alldem sogar zwei Bettroste und einen Kühlschrank.
    Direkt neben der Parkbucht standen zwei einzelne Häuser, die früher wahrscheinlich als Aussiedlerhöfe für Landwirtschaftszwecke genutzt wurden. Direkt hinter diesen Aussiedlerhöfen kam auch schon die alte Bahnstre cke, dahinter begann die eigentliche Ortsbesiedlung.
    Der Landwirtschaftsweg, der von der Mutterstadter Straße zwischen den beiden Höfen in Richtung Westen führte, war mir bekannt. Eine Menschenansammlung fiel mir dort auf.
    Zum Glück hatte es in den letzten Tagen nicht gereg net, was die Gemüsebauern allerdings nicht als Vorteil ansahen. Dafür staubte der sandige Landwirtschaftsweg nun umso mehr. Das Gelände war weiträumig mit rot weißem Absperrband eingezäunt. Während ich darun ter durchschlüpfte, fielen mir die exotischen Pflanzen auf dem Feld neben dem Weg auf. Wie ich wusste, handelte es sich dabei um Sudangras, eine afrikanische Hirseart. Dieses mais-ähnliche Gewächs wurde alle paar Jahre zur düngenden Bodenpflege gepflanzt, um so den Boden für die nächste Aussaat aufzubessern.
    Den stämmigen und groß gewachsenen Dr. Matthias Metzger mit seinen langen feuerroten Haaren und dem un vorteilhaften Mittelscheitel erkannte ich sofort. Der Dok tor der Humanmedizin gehörte zu einem ganz besonderen Menschenschlag. Wenig feinfühlig, ging er unbeirrt durchs Leben. Im 19. Jahrhundert hätte man ihn sich gut als Re volverhelden im Wilden Westen vorstellen können.
    Er unterhielt sich gerade mit einem Beamten, der ein weißes Laken in der Hand hielt, um damit den Toten provi sorisch abzudecken. Dieser lag noch rücklings verkrümmt in der ungemähten Grasnarbe neben dem Landwirtschafts- weg, nur zwei Schritte neben dem Acker mit dem Sudan- gras. Die Leiche war vollständig bekleidet.
    »Tach, Herr Doktor«, sprach ich Metzger schon aus ei nigen Metern Entfernung an. Er drehte sich um und wand te sich mir mit einem flüchtigen Blick auf seine Armband uhr zu.
    »Tach, Herr Kriminalhauptkommissar, auch schon da?«
    Dabei verzog er mehrmals seinen linken Mundwinkel nach hinten. Für Fremde hatte sein nervöser Tick etwas Absonderliches. Ein Arzt mit nervösen Zuckungen, da konnte etwas nicht stimmen. Tatsächlich hatte Metzger seine Zulassung als praktizierender Arzt schon vor Jah ren abgegeben und sich ins Privatleben zurückgezogen. Nur aus Langeweile fuhr er vereinzelt noch Touren als Notarzt.
    »Wie kommen Sie denn zu der großen Ehre, den Toten als Erster untersuchen zu dürfen? Ich dachte, Sie über sommern in Norwegen, wie jedes Jahr, wenn es Ihnen
    hier zu heiß wird.«
    Metzger lächelte.
    »Ich fliege erst in einigen Wochen nach Oslo in mein Sommerquartier. Zufällig war ich mit meinem Wagen ge rade in der Nähe. Sie wissen ja, Tote haben mich schon immer fasziniert.«
    Er lachte heiser und glucksend vor sich hin. Zusammen mit den nicht enden wollenden Zuckungen erinnerte er mich immer ein wenig an Dr. Frankenstein. Ich schauder te. Wie musste es wohl früher seinen Patienten ergangen sein? Ob er überhaupt Stammpatienten hatte oder ob es sich nur um einmalige Überweisungsfälle von Kollegen handelte? Ich wusste es nicht.
    »Okay Meister, und was hat Ihnen der Tote so alles zugeflüstert?«
    »Bisher nicht allzu viel. Schauen Sie ihn sich mal an, stumpfe Gewalteinwirkung auf den vorderen Schädelbe reich, wahrscheinlich mit einem Hammer oder so was in der Art. Das muss nach ersten Schätzungen so vor unge fähr einer Stunde passiert sein. Genaueres wird wie immer die Obduktion ergeben. Natürlich erledige ich das gerne für Sie, ich habe bis zu meinem Urlaub noch genügend Zeit. Ihr Kollege hier hat übrigens einen Ausweis gefun den. Irgendetwas mit -linski hinten,
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