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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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aus.
    Müller suchte den Raum ab, niemand störte ihn dabei oder sprach ihn an. Nach wenigen Augenblicken hatte er Knoll entdeckt und ging auf ihn zu. Ich zog das Objektiv nach und konnte alles live miterleben.
    Knoll war sichtlich überrascht, als der Professor auf ihn zukam.
    »Herr Professor. Welche Überraschung!«
    »Reden Sie keinen Stuss, Herr Knoll. Sie wissen genau, warum ich hier bin. Haben Sie schon mit Herrn Siegfried reden können? Sie hatten ja lange genug Zeit. Ich bezahle immerhin verdammt gut.«
    »Ja, das heißt, nein. Ich habe schon alles mit Herrn Petersen, dem kaufmännischen Leiter besprochen. Doch der er ist heute leider nicht hier. Wir dürfen nichts über stürzen, Herr Professor, diese Sache muss man Siegfried langsam verkaufen, Stück für Stück.«
    »Bullshit! Ich kann nicht mehr lange warten. Ich will das Grundstück haben. Und wenn Frau Weiß es mir nicht geben will, dann muss es eben über Siegfried geschehen. Apropos, ist Frau Weiß auch da?«
    »Ja, ja, sicher ist sie da. Ich weiß nicht, wo sie im Mo ment steckt. Sie sollte uns vielleicht nicht unbedingt zu sammen sehen.«
    »Oh, hören Sie doch mit diesem Gesülze auf. Ich will eine Entscheidung. Noch diese Woche, haben Sie mich verstanden?«
    »Ja sicher, Herr Professor, Sie können sich hundertpro zentig auf mich verlassen.«
    Knoll machte eine Verbeugung, die absolut lächerlich wirkte.
    Der Professor drehte sich grußlos um und verließ den Raum. Noch keine zwei Minuten später betrat Dietmar Becker den Raum. Gespannt verfolgte ich ihn mit mei nem Tele.
    Der Student stellte sich möglichst unauffällig zwischen die anderen Gäste und vermied jeden Augenkontakt mit einer der anderen Personen. Das war wirklich dreist, dach te ich. Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Niemand sprach ihn an, da jeder vermutete, dass er zur Gesellschaft gehörte.
    Im ganzen Stimmengemurmel hörte ich einen Gong. Die Gespräche verebbten. Ich drehte die Brennweite etwas zurück und konnte erkennen, dass sich die Anwesenden auf die Stühle setzten, die alle auf eine Seite ausgerichtet waren. Es dauerte einen Moment, dann sah ich Samu el Siegfried, wie er sich gerade in Positur stellte. Leicht breitbeinig hatte er seine Hände in die Taille gestützt. Dabei machte er ein Hohlkreuz und wippte mit seinem Oberkörper leicht vor und zurück. Das war die Ich-bin- wichtig-Haltung, die man in nicht ganz so seriösen Rhe torikkursen vermittelt bekam. In diesen Kursen wurde gelehrt, dass Arroganz und Lautstärke wichtiger sind als treffende Argumente. Der grundlegende Nachteil dieser Deppenrhetorik: Man wird dadurch mit der Zeit ziem lich einsam.
    Ich fokussierte nun voll auf meinen unsympathischen Freund Siegfried. Seine gefühlte geistige Überlegenheit gegenüber dem vor ihm sitzenden Fußvolk war ihm anzu sehen. Fast ein Wunder, dass er sich herabließ, mit seinen Untertanen zu sprechen.
    »Guten Abend«, begann er, »einige von euch habe ich ja bereits persönlich begrüßt. Die anderen sollen es bit te nicht persönlich nehmen. Ich kann nicht den ganzen Abend nur Hände schütteln.«
    Er lachte über seinen vermeintlich gelungenen Witz. Doch niemand lachte mit.
    »Wie ihr wisst, gab es bei uns gestern eine Hausdurch suchung. Ursache war der Tod dieses Arbeiters, ich hab den Namen schon wieder vergessen. Ist ja auch egal. Bei der Durchsuchung wurden fast alle Unterlagen beschlag nahmt. Ich habe von dem Plan der Bullen zwar schon einen Tag vorher erfahren, doch schließlich konnte ich nicht das ganze Büro ausräumen lassen. Doch der eigent liche Punkt, warum wir heute hier zusammengekommen sind: Wir sitzen alle im selben Boot. Wir müssen uns jetzt gemeinsam überlegen, wie wir aus dieser Scheiße wieder herauskommen!«
    »Was heißt da wir?«, rief ein Mann im besten Alter dazwischen.
    »Das ist doch alles nur dein Problem. Wir haben unse re Ware ordentlich abgeliefert. Wenn du krumme Dinger drehst, dann ist das alleine deine Sache!«
    »Ja genau!«, rief ein anderer dazwischen. »Du machst die Kohle mit deinen Hinterziehungen und wir sollen es ausbaden! Nein, nicht mit mir!«
    »Beruhigt euch doch. Hört, was ich zu sagen habe. Seid froh, dass der Haftbefehl gegen mich außer Vollzug gesetzt wurde. Sonst hättet ihr gleich heute Insolvenz anmelden können. So sieht es nämlich aus!«
    »Red keinen Stuss, Samuel! Dann hätte man eben ei nen Insolvenzverwalter eingesetzt und schon wäre Ruhe gewesen.«
    »Sagt mal, wie naiv seid ihr denn?«, rief
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