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Ernteopfer

Ernteopfer

Titel: Ernteopfer
Autoren: Harald Schneider
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haben, stimmts?«
    »Was blieb mir anderes übrig? Die sind doch selbst schuld, wären sie doch nur in Polen geblieben. Angefangen hat es mit dem ersten der Schablinski-Brüder vor einem Jahr. Dummerweise hat er hier mitten in der Nacht herum geschnüffelt, anstatt in seiner Zelle zu schlafen. Und dieses Jahr kommt noch sein Bruder hierher und schnüffelt wei ter. Der ist mir sogar bis zu unserem Personalleasingtreffen in Schifferstadt gefolgt. Das war ziemlich gefährlich für mich, aber ich musste sofort handeln. Deswegen konnte ich ihn leider nicht mehr verschwinden lassen.«
    »Ich gehe mal davon aus, dass Schablinski seinem Freund Dzierwa etwas von seinem Verdacht erzählt hat te. War es so, Petersen?«
    »Ja, genau so. Dummerweise hatte das Ganze schon größere Kreise gezogen, als ich bisher vermutet hatte. Auch dieser Kowalski wusste bereits etwas davon. Warum der von Dzierwa eins auf die Mütze bekommen hat, weiß ich allerdings noch nicht. Ich habe schließlich keine Zeit gehabt, Dzierwa danach zu fragen.«
    »Aber genug Zeit, ihn im Wildpark an die Wildschwei ne zu verfüttern.«
    »Das war gut, oder? Dzierwa wollte mich erpressen. Er schien alles zu wissen oder zumindest zu ahnen. Deshalb habe ich dieses Schwein den Schweinen zum Fraß vorge worfen. Ich hasse Erpresser!«
    »Und ich hasse Drogendealer, Herr Petersen!«
    »Was Sie nicht sagen, Herr Kommissar. Leider werden Sie keine Zeit mehr haben, Ihren Hass gegen mich aus zuleben, hahaha.«
    Seine Männer hatten uns bereits fachmännisch umzin gelt. Becker und ich hatten nach wie vor nicht die geringste Chance. Da wir inzwischen nicht mehr von den Lampen geblendet wurden, konnte ich inklusive Petersen acht Per sonen zählen. Ich musste irgendwie Zeit gewinnen. Auch wenn ich selbst nicht wusste, wie.
    »Irgendwie passt das alles nicht zusammen, Petersen. Wir sind in der Vorderpfalz und nicht in einer drogenge fährdeten Großstadt. Was wollen Sie denn mit dem gan zen Zeug hier?«
    »Ich sehe, Sie haben von den Lieferwegen absolut keine Ahnung. Na gut, Sie sollen das noch erfahren. Soviel Zeit muss sein. Wie Sie bestimmt von Ihrer Ausbildung her wis sen, müssen die meisten harten Drogen nach Deutschland importiert werden. Das bisschen Cannabis, das hier angebaut wird, kann man getrost vernachlässigen. Die größte Schwie rigkeit bei der ganzen Sache besteht in den letzten Jahren aber nicht darin, das Zeug über die Grenzen zu schaffen, denn die sind innerhalb der EU sowieso offen wie ein Scheunentor.
    Auch die östlichen Außengrenzen der Europäischen Union sind nicht sicherer. Deshalb kommt unser Zeug über die Bulgarien-Rumänien-Ungarn-Route hierher. Dort im Osten sind die meisten Grenzbeamten noch für einen Apfel und ein Ei zu kaufen. Das eigentliche Problem liegt darin, die Ware in die Ballungsgebiete Berlin, Ham burg, München und ins Ruhrgebiet zu schaffen. Dort sit zen sowohl die meisten Kunden als auch die dazugehören den Verteilungszentren. Und dort sind Ihre Kollegen vom Drogendezernat unermüdlich im Einsatz. Deshalb fliegen dort alle Drogenkuriere auf. Na ja, sagen wir fast alle.«
    Mit seinem strahlenden, überheblichen Lächeln war er im Moment Siegfried charakterlich gar nicht so un ähnlich.
    »Bisher ist noch niemand, aber wirklich noch niemand auf die Idee gekommen, in harmlos wirkenden Gemüselie ferungen Drogen zu vermuten. Hier schauen Sie mal –.«
    Dabei deutete er mit seiner linken Hand auf die Tische neben ihm.
    Auf der einen Seite lagen noch die unversehrten Ret tiche, auf der anderen die bereits aufgeschnittenen. Und ein Stückchen daneben die sorgfältig portionierten und abgepackten Drogentütchen.
    »Das, was Sie hier sehen, ist einzig und alleine auf mei nen Mist gewachsen. Sie brauchen sich keinen Zwang an zutun und dürfen mir gerne zu dieser großartigen Idee gra tulieren. Wie Sie sehen, verstecken wir das Zeug in diesem überaus streng riechenden Gemüse. Dadurch hat selbst ein ausgebildeter Drogenhund keine Chance, etwas zu erschnüffeln. Bisher hat niemand nur den kleinsten Ver dacht geschöpft. Herr Kommissar, seit drei Jahren boomt das Geschäft ohne Ende.«
    »Das haben Sie ja wirklich schlau eingefädelt, Herr Pe tersen«, antwortete ich notgedrungen.
    »Und welche Rolle spielt Siegfried in diesem Spiel?«
    »Samuel?«
    Er lachte und seine Kumpane brachen ebenfalls in Ge lächter aus.
    »Samuel hat nicht die leiseste Ahnung davon. Sonst hätte er sich das Geschäft längst unter den Nagel geris sen. Nein,
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