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Nepp für Narren

Nepp für Narren

Titel: Nepp für Narren
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Sie sah wie eine Touristin aus,
aber während der Hochsaison wirkt in Santo Bahia so ziemlich jeder wie ein
Tourist. Ihre glatten tiefschwarzen Haare hatten einen Ponyschnitt, der ihr
fast bis auf die Augenbrauen herabreichte. Die Augen waren dunkel und glänzend
und hatten einen leicht abwesenden Ausdruck. Sie trug eine knallblaue Bluse,
appetitlich ausgefüllt von ihren üppigen Brüsten, und äußerst knapp
geschnittene, modisch ausgefranste Shorts aus Jeansmaterial. Die
Segeltuchtasche hatte sie lässig über die Schulter gehängt, von der rechten
Hand baumelte eine überdimensionale Sonnenbrille herab.
    »Sie sind Boyd«, sagte sie in
entschiedenem Ton.
    »Danny Boyd«, bestätigte ich.
    Ich wandte ein wenig den Kopf,
so daß ihr der volle Eindruck meines rechten Profils zuteil wurde, doch sie
schrie nicht, schlug nicht um sich, nichts dergleichen. Sie mußte also
kurzsichtig sein, vermutete ich.
    »Sie sind Privatdetektiv ?«
    »Richtig.«
    »Ab sofort verfügbar?«
    »Ab sofort.«
    Sie ging an mir vorbei in den
Wohnraum meines Zwei-Zimmer-Apartments und ließ sich in einem Sessel nieder.
Die perfekten Konturen ihrer braungebrannten Beine waren der Traum eines
Bildhauers.
    »Ich bin Kelly Jackson«,
stellte sie sich vor. »Was kosten Sie genau ?«
    »Zweihundertfünfzig pro Tag
plus Spesen.«
    »Nicht gerade billig.«
    »Wer will schon einen billigen
Privatdetektiv engagieren ?«
    Sie lächelte zögernd. Ihre
schimmernden weißen Zähne waren gleichmäßig und anscheinend echt.
    »Das ist allerdings ein
Argument«, räumte sie ein. »Ich habe herumgefragt. Sie stehen in dem Ruf,
erfolgreich zu arbeiten, ohne sich mit überflüssigen Skrupeln aufzuhalten .«
    »Dies mag ja eine recht anregende
Unterhaltung sein«, meinte ich, »aber die meisten Klienten kommen erst einmal
zur Sache. Sie sagen mir, was von mir verlangt wird, und dann zahlen sie mir
einen Vorschuß .«
    Sie musterte mich ausdruckslos.
»Verschonen Sie mich mit Ihrem chauvinistischen, männlichen Gewäsch, Boyd«,
versetzte sie dann. »Ich mache das auf meine Art .«
    »Ich hatte einmal eine
Freundin, die immer genau dasselbe sagte«, erinnerte ich mich laut. »Deshalb
dauerte unsere Freundschaft nicht sehr lange. Aber wie Sie meinen. Also das
Wetter ist schön und sonnig und Santo Bahia ein besonders hübscher Ferienort«,
fuhr ich im Plauderton fort. »Kennen Sie schon die netten, kleinen
Antiquitätenläden und die Diskotheken und die Strände mit den ...«
    »Schon gut«, fiel sie mir ins Wort .« Würden Sie einen Mann
umbringen ?«
    »Selbstverständlich«, erklärte
ich. »Aber nicht, wenn ich dazu engagiert werde. Dagegen gibt es ein Gesetz .«
    »Was ich vorhabe, könnte
gefährlich sein«, sagte sie. »Ich will nur sichergehen, daß Sie den Nerv dazu
haben .«
    »Dann verraten Sie mir, worum
es sich handelt. Vielleicht kann ich mir mein eigenes Urteil bilden«, schlug
ich vor.
    »Ich möchte etwas zu trinken«,
bat sie. »Die Sonne muß sich jetzt schon auf dem Abstieg befinden. Was immer
man darunter verstehen mag. Jedenfalls war das einer der Lieblingssprüche von
Danny LaBlanche. Genauso wie >Du mußt ein bißchen mehr Gehirnschmalz
benützen, Baby< oder >Du könntest sogar King Kong fertigmachen,
Schätzchen !< Danny war immer ganz groß in
Komplimenten.«
    »Nun, da sich die Sonne also
auf dem Abstieg befindet«, sagte ich, »kann ich Ihnen Wodka oder Whisky
anbieten .«
    »Whisky mit Eis, wenn ich
bitten darf«, erwiderte sie. »Besonders viel habe ich mir ja nie daraus
gemacht, aber nach der ersten Woche mit Danny hatte ich endgültig die Nase voll
davon .«
    »Wovon bitte ?«
    »Vom Bumsen«, erklärte sie
schlicht. »Sex. All diesem widerlichen Begrabschen und Grunzen und so weiter.«
    Ich machte die Drinks zurecht
und reichte ihr ein Glas. Sie nickte heftig, als sie es entgegennahm, und
schloß dann die Augen. Ich warf einen schnellen Blick zum Fenster hinaus,
konnte jedoch keine Männer in weißen Kitteln entdecken, die womöglich mit einer
Zwangsjacke auf der Lauer lagen.
    »Er sei aus New Orleans, hat er
behauptet«, fuhr Kelly Jackson fort. »Aber ich wette, das war gelogen. Er war
ein sehr geübter Lügner, müssen Sie wissen. Der Name kann genauso erfunden sein
wie alles übrige .«
    »Ich soll irgend etwas wegen
dieses Danny LaBlanche unternehmen ?«
    »Am liebsten wäre mir, Sie
würden ihn umbringen, aber Sie haben ja gerade gesagt, daß Sie das nicht tun
würden«, antwortete sie. »Zuerst müssen Sie ihn
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