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Erlösung

Erlösung

Titel: Erlösung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sein, war dafür aber etwas groß. Vielleicht eher eine Eau-de-Cologne-Flasche, und wahrscheinlich ziemlich alt. Sie klopfte daran. Solides Glas.
    Miranda lächelte. »Was für ein Geheimnis birgst du Schätzchen wohl?« Sie nippte am Rotwein, und dann fing sie an, den Klumpen, der den Flaschenhals verschloss, mit dem Korkenzieher herauszupulen. Das Zeug roch nach Teer, aber durch die Zeit im Wasser war der Ursprung des Materials schwer zu bestimmen.
    Sie versuchte, das Papier herauszufischen, ohne Erfolg. Sie drehte und wendete die Flasche, klopfte auf den Flaschenboden, aber das Papier bewegte sich keinen Millimeter. Da nahm sie die Flasche mit in die Küche und schlug ein paarmal mit dem Fleischklopfer darauf.
    Das half. Die Flasche zersplitterte in bläuliche Kristalle, die wie geborstenes Eis durch die Küche flogen.
    Sie starrte auf das Papier, das nun auf dem Hackbrett lag, und spürte, wie sich ihre Augenbrauen zusammenzogen. Sie ließ den Blick über die Glasscherben wandern und atmete tief durch.
    Vielleicht war das, was sie eben getan hatte, nicht sehr schlau gewesen.
     
    »Ja«, bestätigte ihr Kollege Douglas aus der technischen Abteilung. »Das ist zweifellos Blut. Das hast du ganz richtig erkannt. Die Art und Weise, wie das Blut vom Papier aufgesogen wurde, ist charakteristisch. Besonders hier unten, wo die Unterschrift total verwischt ist. Und die Farbe ist auch ziemlich typisch.« Vorsichtig faltete er das Papier mit seiner Pinzette auseinander. Dann leuchtete er es noch einmal mit diesem blauen Licht ab. Blutspuren auf dem gesamten Papier. Jeder Buchstabe leuchtete diffus.
    »Das ist mit Blut geschrieben?«
    »Zweifelsfrei.«
    »Und du glaubst wie ich, dass die Überschrift ein Hilferuf ist. Jedenfalls klingt es so.«
    »Ja, das glaube ich«, antwortete er. »Aber ich bezweifle, dass wir außer der Überschrift etwas retten können. Der Brief ist ziemlich mitgenommen. Außerdem ist er wohl schon einige Jahre alt. Wir müssen ihn zuerst mal präparieren und konservieren. Anschließend kommen wir einer Datierung vielleicht näher. Und natürlich muss uns jemand sagen, was für eine Sprache das ist.«
    Miranda nickte. Sie hatte schon einen Vorschlag.
    Isländisch.

4
    »Die Gewerbeaufsicht ist da, Carl.« Rose stand in der Tür und machte keine Anstalten, sich von dort wegzubewegen.
    Der Mann von der Gewerbeaufsicht war klein und trug einen tadellos gebügelten Anzug. Er stellte sich als John Studsgaard vor. Inklusive einer kleinen braunen Aktenmappe, die unter seinem Arm klemmte, wirkte er durch und durch zuverlässig. Freundliches Lächeln, ausgestreckte Hand. Der Eindruck verpuffte in dem Moment, als er den Mund aufmachte.
    »Bei der letzten Inspektion hat man hier auf dem Gang und im Kriechkeller Asbeststaub entdeckt. Aus dem Grund müssen die Rohre isoliert werden, damit man sich in den Kellerräumen sicher aufhalten kann.«
    Carl sah zur Decke. Scheißrohr. Das einzige im gesamten Keller und dann so ein Aufstand.
    »Ich sehe, dass Sie hier unten ein Büro eingerichtet haben«, fuhr der Papiertiger fort. »Entspricht das den Nutzungsbestimmungen des Präsidiums und der Brandschutzordnung?« Aus seiner Aktenmappe zog er einen Stoß Papiere, die ganz offensichtlich bereits die Antworten auf seine Fragen enthielten.
    »Welche Büros?«, fragte Carl. »Meinen Sie den Archivrechenschaftsablageraum hier?«
    »Archivrechenschaftsablageraum?« Eine Sekunde wirkte der Mann etwas irritiert, dann übernahm wieder der Bürokrat in ihm. »Der Terminus ist uns nicht bekannt. Aber es ist ja offensichtlich, dass Mitarbeiter des Präsidiums hier unten einen Großteil ihres Arbeitstages verbringen beziehungsweise Tätigkeiten verrichten, die mit ihrer polizeilichen Arbeit in Verbindung stehen.«
    »Denken Sie dabei an die Kaffeemaschine? Die können wir ohne weiteres entfernen.«
    »Keineswegs. Ich denke an alles hier. Die Schreibtische, die Pinnwände, die Regale, Haken, Schubladen mit Papier und Büroartikeln, den Fotokopierer.«
    »So, so. Und wissen Sie auch, wie viele Stufen es bis in den zweiten Stock sind?«
    Der Mann von der Gewerbeaufsicht schwieg.
    »Nun. Dann wissen Sie vielleicht auch nicht, dass wir hier im Präsidium chronisch unterbesetzt sind und dass es halbe Tage in Anspruch nehmen würde, wenn wir jedes Mal zwei Stockwerke hochsausen müssten, nur um etwas aus dem Archiv zu kopieren. Lassen Sie etwa lieber Horden von Mördern frei herumlaufen als uns unsere Arbeit erledigen?«
    John Studsgaard
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